Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Peter Urban lobt ESC-Starter Schulte
Kultmoderator Peter Urban glaubt: Der 27-Jährige beendet die deutsche ESC-Pleitenserie
RAVENSBURG (dre) - Von Buxtehude nach Lissabon: Nach seinem Sieg beim Vorentscheid gibt sich der deutsche ESC-Kandidat Michael Schulte selbstbewusst. Er will beim Eurovision Song Contest unter den besten zehn landen. Peter Urban, der den ESC seit 1997 im deutschen TV moderiert, räumt ihm gute Chancen ein. Er hält den Song für ehrlich und international hitfähig.
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RAVENSBURG - Wer? So reagierten am Freitag viele Menschen, als sie den Namen des deutschen ESC-Kandidaten hörten. Michael Schulte hatte sich im Vorentscheid deutlich gegen die Konkurrenz durchgesetzt. Nun wird der 27-Jährige beim Eurovision Song Contest am 12. Mai in Lissabon auf der Bühne stehen. Die Erwartungen sind groß.
In den vergangenen Jahren ging Deutschland beim ESC mit austauschbaren Beiträgen baden. Man würde wohl schwer jemanden finden, der die Liedbeiträge der drei Interpretinnen Levina (2017, vorletzter Platz), Jamie-Lee (2016, letzter Platz) und Ann Sophie (2015, letzter Platz) aus dem Stegreif singen könnte.
Nun also Michael Schulte. Sein Song „You Let Me Walk Alone“ist seinem Vater gewidmet, der vor 13 Jahren verstarb. Eine eingängige Ballade – aber nichts, was sich von der Masse abhebt. Gesangsleistung als auch Bühnenperformance wirkten beim Vorentscheid noch ausbaufähig. 2012 landete der junge Mann mit dem markanten Lockenkopf bei der Castingshow „The Voice of Germany“auf Platz drei. Er war bereits mit Max Giesinger auf Tour und hat mehrere Alben veröffentlicht. Die Frage ist allerdings, ob das reicht, um beim ESC konkurrieren zu können. Die andere große Frage, die sich ESC-Gucker stellen, ist: Wieso schickt Deutschland immer wieder Künstler ins Rennen, die schon hierzulande nicht den größten Bekanntheitsgrad haben? Schultes größter Charterfolg gelang 2012 mit „Carry Me Home“. Das Stück schaffte es auf Platz acht der Hitparade. Nun geht es in Portugal darum, Musikfans weltweit zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Ob das gutgehen kann – Zweifel sind durchaus angebracht.
Kritik gibt es auch immer wieder am Auswahlverfahren. Dieses Mal hatte der zuständige NDR ein Expertenpanel samt internationaler Jury vorgeschaltet – komplizierter und bürokratischer geht es kaum. Doch auch die undemokratische Kandidatenkür birgt Risiken. So scheiterte die Teilnahme von Xavier Naidoo 2016 an der Kritik gegen die unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffene Entscheidung. Doch da lag es an der Person Naidoo. Der Sänger hatte sich mit Verschwörungstheorien und einem Auftritt bei den „Reichsbürgern“unmöglich gemacht.
Beliebigkeit statt Wagemut
Wieso nicht groß denken? Warum nicht mal einen richtigen Star wie Helene Fischer hinschicken? Wieso nicht mit einer derben Band wie Rammstein den ESC aufmischen? Auch das muss keine Garantie für Erfolg sein. Die Popgruppe „No Angels“landete vor zehn Jahren auch nur auf Platz 23 von 25. Aber es wäre immerhin mal ein Signal.
Es scheint, als ob Deutschland mit dem Rückzug von Stefan Raab der ESC-Mut verlassen hätte. Die Sensation war 2010 perfekt, als die von Raab entdeckte Lena den Sieg holte. Zehn Jahre zuvor landete Raab selbst auf Platz fünf. Seit der TV-Entertainer mit dem Gespür für Hits nicht mehr die Fäden zieht, herrscht Beliebigkeit. Und es sieht nicht so aus, als ob sich das 2018 ändern würde.
Ob die Ravensburger Michael Schulte kennen und wie sie den Song finden, sehen Sie im Video unter www.schwäbische.de/ esckandidat2018