Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Womit sich Richter beschäftigen: Von Wursträdchen bis zur Spielplatz-Prügelei
Zum Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart gehören alle acht Landund 56 Amtsgerichte in Württemberg. Ein Rechtsstreit landet dort, wenn Prozessbeteiligte mit einem Urteil dieser Vorinstanzen nicht einverstanden sind. Hier eine Übersicht skurriler Fälle.
Ein Fall aus Oberschwaben zeigt, dass Ortskenntnis entscheidend sein kann für einen weisen Richterspruch. Zwei Landwirte aus einer kleinen Gemeinde mit benachbarten Höfen stritten sich. Das Gericht verhängte ein Annäherungsverbot: Die Bauern durften dem Nachbarn und dessen Grundstück nicht näher als 100 Meter kommen. Doch das führte zu Problemen: Die Streithähne hätten ihre Äcker nicht mehr komplett bewirtschaften können oder sonntags zur Kirchen gehen können. Deswegen wurde der einzuhaltende Abstand verringert.
Besonders heftig und emotional streiten getrennt lebende Eltern über ihre Kinder. Wie schwer es Müttern und Vätern fällt, sich schon bei Kleinigkeiten zu einigen, illustriert der Fall eines Paares. Jedes zweite Wochenende sollte das gemeinsame Kind von Freitag, 18 Uhr, bis sonntags, 18 Uhr, beim Vater verbringen, urteilte das Familiengericht. Doch der Streit ging weiter. Der Vater wollte das Kind erst um 19 Uhr zurückbringen. Außerhalb des Gerichtssaals fanden die beiden keine Einigkeit.
Emotional geht es nicht nur zwischen Ex-Partnern zu. So beschäftigten sich die Richter mit einer Prügelei auf dem Kinderspielplatz. Während die Kleinen im Sand bud- delten, gerieten ihre Mütter in Streit. Eine von beiden ließ angeblich immer ihren Müll auf dem Kinderspielplatz liegen. Das brachte die andere Frau in Rage. Am Ende eskalierte der Streit in eine Schlägerei. Die Richter mussten Annäherungsverbote erlassen.
Gefangene, die mit ihren Haftbedingungen unzufrieden sind, wenden sich in zweiter Instanz an die Strafsenate des OLG. Die Richter mussten entscheiden, ob die Wursträdchen in einer Gefängniskantine beim Abendessen zu dick oder zu dünn geschnitten waren.
Ein ähnlicher Fall: Ein Häftling wollte den Aludeckel einer MargarinePackung in der Zelle entsorgen, doch die Wachtmeister hielten das für gefährlich. Zu Recht, urteilte das OLG. (tja)