Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Alte Kapelle mit aktueller Botschaft
Die Marienkapelle in Tannweiler sollte einst aus der Ortsmitte verschwinden
TANNHAUSEN - In Tannweiler steht, am Rand einer Straßenkreuzung gelegen, die kleine Marienkapelle – gut sichtbar für jeden, der den Ort durchquert oder im Sommer den Bäderradweg entlangradelt. Dabei wäre die prominente Lage der Ortskapelle in den 1970er-Jahren beinahe zum Verhängnis geworden; ihr drohte der Abriss.
Eine „verkehrstechnisch ungünstige Lage“habe man der damals zudem stark renovierungsbedürftigen Kapelle seinerzeit attestiert, berichtet Pfarrer Anantham Antony. Die Denkmalbehörde sah es anders, intervenierte, und so wurde die 1873 erbaute Marienkapelle renoviert und blieb als eines der ältesten Gebäude im Ort erhalten.
Heute steht die Kapelle noch immer dort und wirkt nach der letzten Renovierung 2015 noch sehr neu. Jeden dritten Freitag im Monat ist Messe. „Mein Großvater war Mesner und Kirchenpfleger hier. Als jemand gebraucht wurde, dachte ich, ich mache die Aufgabe weiter“, sagt Klara Deiber, die sich mit Elisabeth Knaupp und Elfriede Dittberner im Mesnerinnen-Team um die Kapelle kümmert. Deiber erinnert sich auch noch an ihre Schulzeit in Untermöllenbronn und die montäglichen Kapellenbesuche. Sie schaue eigentlich immer kurz in die Kapelle hinein, wenn sie daran vorbeikomme, um einen Moment der Ruhe zu genießen.
Radtouristen als Besucher
Dabei gibt es auch einiges zu tun: Blumenschmuck arrangieren, im Sommer täglich öffnen und schließen, aber auch Maiandachten und Rosenkranz-Gebete leitet Deiber mit und hilft damit, die Kapelle zu beleben. „Es sind hauptsächlich wir, die Älteren – wie überall“, stellt sie zu den Kapellenbesuchern fest. Im Sommer allerdings sei viel Betrieb, weil der Radweg dort entlangführe. Einmal habe sie miterlebt, dass eine Radgruppe sogar gemeinsam in der Kapelle gesungen habe.
Im Inneren der Kapelle fallen mehrere Dinge ins Auge. Da ist zum einen der kleine Altar, der einst ein Seitenaltar in der Kirche St. Johann in Blönried war und 2015 den vorigen Wandaltar ersetzte. Auf den zweiten Blick zeichnet sich auf dem Boden hinter dem Altar noch der dunkle Bereich ab, wo dieser Altar einst stand. Blickfang ist aber das Altarbild mit der Muttergottes von La Salette. In dem französischen
Ort erschien, so ist es überliefert, 1846 Maria zwei Hirtenkindern, um zur Umkehr zu rufen. Das Bild stammt aus Leutkirch und gibt der Kapelle ihren Rufnamen, Maria-La-SaletteKapelle. Die Erscheinung datiere in eine Zeit, in der die Sonntagsgebote aufweichten, sagt Pfarrer Antony. Die Einladung, Gott im Alltag Platz zu geben, sei ein „hochaktuelles Thema“, wie er findet, „der siebte Tag ist nicht nur zum Ausruhen da, er ist Gott gewidmet.“Links des Altars steht zudem auf einem Sockel an der Wand eine weitere Marien-Statue. Der Nachbildung der Schmerzensmutter-Figur der Wallfahrtskirche Maria Steinbach (Foto links) dringt das typische Schwert ins Herz, Symbol der Schmerzen Mariens in Sorge um ihren Sohn Jesus Christus. Im Altarraum finden sich zudem eine HerzJesu-Statue sowie eine Figur der Guten Beth.
Der epitaphartige Gedenkstein für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs wurde von seinem Standort außerhalb im Zuge der 2015er-Renovierung an die innere Rückwand, rechts hinter der Eingangtüre, aufgehängt. Im hinteren Teil der Kapelle hängt zudem links an der Seitenwand ein 1814 gemaltes Votivbild. Es ist eine Kopie, das Original wird in Stuttgart vermutet. Es zeigt einen Unfall unterhalb der Aulendorfer Martinskirche. Xaver Hofman war 1813 unter die Räder eines Fuhrwagens geraten und tödlich verunglückt. Mit 100 Gulden, so gibt die Stifterinschrift unter dem Gemälde Auskunft, hatte Hofman die damalige Kapelle bedacht. Denn die heutige, 1873 erbaute Kapelle hatte bereits einen Vorläufer ähnlicher Bauform.
Alle Berichte zu den Aulendorfer Kapellen samt Videos – auch zur Kapelle in Tannweiler – gibt es unter www.schwäbische.de/ kapellen-aulendorf