Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Vaude gründet Upcycling-Werkstatt
Ziel des Projekts ist ein schonender Umgang mit Ressourcen und Integration
OBEREISENBACH (sz) - Aus einem Berg an Materialresten in knalligen Farben und verschiedenen Größen wählt Noura Batrdouk einzelne Stücke aus und näht daraus eine Shopper-Tasche. Noura Batrdouk ist aus Syrien geflüchtet und arbeitet seit Januar in der neu gegründeten Upcycling-Werkstatt beim Unternehmen Vaude. Mit dem Projekt der Upcycling-Werkstatt will der Outdoor-Ausrüster laut eigenen Aussagen zeigen, wie Ressourcen geschont werden und aus ungenutztem Material neue Produkte entstehen, wie dabei Integration gelingen kann und ein Geschäftsmodell auf den Weg gebracht wird.
Wie in jedem Unternehmen, das Produkte entwickelt und herstellt, fallen auch bei Vaude Restmaterialien an. Vor allem in der Manufaktur, der eigenen Produktion, heißt es in einer Pressemitteilung. Dort werden seit 1980 Rucksäcke, Rad- und Life-styletaschen. Der Verschnitt beim Zuschneiden und auch der Produktionsausschuss sollen möglichst gering gehalten werden. „Ganz vermeiden lassen sich Abfälle leider nicht. Bislang entsorgen wir noch viel zu oft wertvolle Materialien, obwohl sie eigentlich viel zu schade dafür sind. Das ist reine Verschwendung und deshalb wollen wir das ändern“, so Lisa Fiedler von der Unternehmensentwicklung.
Unter dem Motto „vom Reststoff zum Rohstoff “hat das Unternehmen nun eine Upcycling-Werkstatt gegründet, in der mit kreativen Ideen und handwerklichem Geschick neue Produkte hergestellt werden. Statt Stanzreste und Materialüberschüsse, die in der Produktion anfallen, wie bisher üblich zu entsorgen, werden diese nun gesammelt und sortiert. Alle Reste, die groß genug sind, um daraus neue Produkte zu nähen, gelangen auf direktem Weg in die Upcycling-Werkstatt. Dort entstehen praktische Shopper-Taschen in diversen Größen und Farbkombinationen. „Durch das Projekt können wir rund 900 Kilogramm Restmüll pro Jahr vermeiden – daraus stellen wir stattdessen viele tolle Upcycling-Taschen her“, sagt Lisa Fiedler.
Angefangen hat alles im Jahr 2016, als das Unternehmen Nähworkshops für Geflüchtete anbot, um ihnen einen Einblick in den Arbeitsalltag zu geben. Dabei wurden bereits aus Materialresten der Manufaktur ShopperTaschen hergestellt. Die produzierten Taschen gingen bei einer Verkaufsaktion in kürzester Zeit über die Ladentheke. Den Erlös spendete das Unternehmen an das Asylnetzwerk Tettnang, mit dessen Unterstützung die Workshops durchgeführt wurden. Das Feedback auf diese Aktion sei durchweg positiv gewesen, heißt es in der Pressemitteilung. So kam die Idee auf, eine Upcycling-Werkstatt mit Geflüchteten zu gründen. Mit Hilfe der Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die im September 2017 Fördermittel von 70 000 Euro für das Projekt bewilligte, konnte es nun umgesetzt werden.
Vaude hat die erforderliche betriebliche Struktur aufgebaut und Noura Batrdouk fest angestellt. Für die 36-Jährige, die 2015 aus Syrien flüchtete, ist es eine Chance, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. In ihrer Heimat war sie Lehrerin für handwerklich-künstlerische Fächer – nun bringt sie ihr Können in der Upcycling-Werkstatt ein. Mittlerweile wurde bereits ein weiterer Geflüchteter, auch aus Syrien, für dieses Projekt eingestellt: Mahmoud Algasser, ein gelernter Schneider aus Syrien.
Ab März sollen die Taschen zunächst in den Vaude-Läden, im Fabrikverkauf in Tettnang-Obereisenbach und in den Outlets erhältlich sein. Im Laufe des Jahres folgen Verkaufsaktionen mit Fachhändlern. Das Upcycling-Projekt stößt laut dem Unternehmen bereits auf großes Interesse. So werden in Kürze unter anderem im Rahmen eines Pilotprojekts auch Upcycling-Taschen und -Rucksäcke für die Deutsche-ZeppelinReederei in Friedrichshafen produziert. Als Material kommt die ausgemusterte Außenhülle des Zeppelin NT zum Einsatz. Statt diese alte Hülle zu entsorgen, entstehen daraus schon bald Souvenirs, die voraussichtlich ab Sommer über den Zeppelin-Shop in Friedrichshafen und online im Fanshop erworben werden können.