Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
CDU-Fraktion stellt sich gegen Tempo 30
Der Ravensburger Gemeinderat tagt am Montag zu überaus strittigen Themen
●
RAVENSBURG - Themen, die in den vergangenen Tagen bereits für reichlich Gesprächsstoff gesorgt haben, behandelt der Ravensburger Gemeinderat am kommenden Montag in seiner öffentlichen Sitzung (Beginn 16 Uhr). Vor allem zum Lärmaktionsplan und Tempo 30 dürfte es noch reichlich Diskussionsbedarf geben. Die CDU-Fraktion will die Geschwindigkeitsbegrenzung verhindern.
Wie die „Schwäbische Zeitung“berichtet hatte, will die Stadt ihren Lärmaktionsplan von 2011 fortschreiben. Kern des Konzeptes ist dabei die Einführung von Tempo 30 ganztags auf den Hauptverkehrsstraßen, für die dieses Limit bislang schon nachts galt. Anwohner, an deren Haustüre täglich bis zu 25 000 Fahrzeuge vorbeifahren, sollen so entlastet werden. So einmütig pro wie in den Vorberatungen in den Ortschaftsräten und im Ausschuss für Umwelt und Technik ist die Zustimmung im Gemeinderat aber längst nicht mehr.
In der Öffentlichkeit wird das Thema sehr kontrovers diskutiert. Eine Petition gegen das Tempolimit hatten bis Freitag bereits über 400 Ravensburger unterzeichnet. Auch das Wirtschaftsforum pro Ravensburg (Wifo) lehnt 30 Kilometer pro Stunde tagsüber ANZEIGE auf Bundesstraßen „entschieden ab“. „Die Erreichbarkeit der Stadt insgesamt und vor allem auch der Innenstadt darf nicht noch weiter eingeschränkt werden“, lautet die Begründung. Durch „solche neuen Hemmnisse würden die Bedingungen für den Handel nochmals erheblich verschlechtert“.
Die CDU-Fraktion im Gemeinderat hat sich schon vor der Sitzung am Montag entschieden, gegen die Einführung des Tempolimits einzutreten. Die Christdemokraten halten die „Fokussierung auf Tempo 30“im Entwurf zum Lärmaktionsplan für zu kurz gesprungen, sagten die Stadträte Frieder Wurm und Rolf Engler im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Es gebe alternative Möglichkeiten, die Ziele zu erreichen, diese seien aber noch nicht ausreichend geprüft worden.
Tempo 30 führt in Ravensburg nach Ansicht der CDU zu mehr Staus und höherer Schadstoffbelastung. Weiterhin sei eine Verlagerung des Verkehrs auf Nebenstraßen zu befürchten. Der von der Stadt beauftragte Gutachter war zu gegenteiligen Ergebnissen gekommen. „Vielleicht brauchen wir noch einen zweiten Fachmann“, so Engler. Die Fraktion fordert zudem eine Simulation, die Aufschlüsse über die Auswirkungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen geben soll. Insbesondere sollen auch die Folgen für den ÖPNV geprüft werden. Der Bund müsse außerdem beim Einbau von Flüsterasphalt in die Pflicht genommen werden.
Die Stadt verwies am Freitag angesichts der Proteste darauf, dass sie „kaum Entscheidungsspielräume habe“. Eine europaweite Rechtsvorschrift „zwinge die Kommunen landauf, landab zu Tempo-30-Anordnungen oder zu aufwendigen Umbauten“, heißt es in einer Presse- erklärung. Die eigentlich richtigen Adressaten für Unterschriften und Petitionen säßen deshalb in Brüssel und Berlin, wird Baubürgermeister Dirk Bastin zitiert. Der Ärger vieler Autofahrer sei dabei „durchaus nachvollziehbar“. Verwaltung und Gemeinderat hätten beide Interessen im Blick: „Die der Anwohner auf wenigstens einigermaßen ruhiges Wohnen und die der Verkehrsteilnehmer auf angemessenes Vorankommen.“Die Ideallösung wäre laut Stadt eine rein technische Maßnahme zur Verringerung des Lärms, beispielsweise durch Flüsterasphalt. Das sei jedoch mit einem enormen Aufwand verbunden.
Thema Sozialwohnungen
Eine Kommunikationsaufgabe ist für die Stadt auch das geplante Bauprojekt in der Weststadt: In der Angerstraße sollen 22 Sozialwohnungen entstehen, um der inzwischen zugespitzten Lage auf dem Wohnungsmarkt etwas entgegenzusetzen. Dieses Vorhaben sorgt in Teilen der Nachbarschaft für Bedenken (siehe Bericht unten auf dieser Seite).
Am Montag wird es im Ravensburger Gemeinderat außerdem um die Situation von Geflüchteten gehen. Auch für diese Menschen fehlen Wohnungen in der Stadt – 2018 und 2019 sind es rund 380.