Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Palmer bedauert Aussage zu dunkelhäutigem Mann
Tübinger OB sagt, es tue ihm leid, dass die Menschen sich angegriffen fühlten, die er schützen wolle
TÜBINGEN (lsw) - Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hat seine Äußerungen über einen dunkelhäutigen Radfahrer als Fehler bezeichnet. Er räumte ein „Kommunikationsdesaster“ein und fürchtet um seine Wiederwahl. „Jetzt bin ich zum ersten Mal der Meinung, wenn am nächsten Sonntag Wahl wäre, würde ich sie verlieren“, sagte er am Dienstag im Interview mit dem Onlineportal „FAZ.NET“. Die Grünen im Landkreis und in der Stadt Tübingen hatten Palmers Aussagen als rassistisch kritisiert. Er trage zur Spaltung der Gesellschaft bei, hatte die SPD-Gemeinderatsfraktion in Tübingen kritisiert und mitgeteilt, sie würde Palmer heute nicht mehr unterstützen. Palmers Amtszeit endet im Januar 2023.
Auch Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) kritisierte Palmer für seine Äußerungen. „Wir dürfen als Politiker in den exekutiven Ämtern nicht spekulieren“, sagte Kretschmann in Stuttgart. Er begrüßte es, dass Palmer nun von einem Fehler sprach, der ihm leid tue.
Der Oberbürgermeister hatte sich bei einer Veranstaltung der „Südwest Presse“in Ulm Ende April über einen wohl rüpelhaften Radfahrer mit dunkler Hautfarbe aufgeregt, der ihm auf dem Weg zum Veranstaltungsort begegnet war. In einer Facebook-Diskussion zur Frage, warum er die Hautfarbe des Mannes genannt habe, schrieb Palmer der „Süd- west Presse“zufolge: „Weil der Typ mit nacktem Oberkörper, Kopfhörer und einer unglaublichen Dreistigkeit um die Leute rum gekurvt ist. Das gehört sich für niemand und für einen Asylbewerber schon dreimal nicht.“Kritiker warfen ihm vor, er habe von der Hautfarbe eines Radfahrers auf einen Asylbewerber geschlossen.
Dem Portal „FAZ.NET“sagte er: „Ich habe nur ganz offen beschrieben, was ich – und nach meiner Erfahrung nicht ich allein – in solchen Situationen denke, wenn einige Sachen zusammenkommen: Jung, männlich, Verhaltensweise, Dresscode und im konkreten Fall schwarzafrikanische Herkunft. Ich knüpfe daran eine Vermutung. Aber ich habe da einen schweren Fehler gemacht, ich würde das heute so nicht mehr sagen.“Es tue ihm leid, „dass ausgerechnet die Menschen, die ich damit schützen will – nämlich Migranten mit schwarzer Hautfarbe – sich angegriffen und pauschal stigmatisiert fühlen“.