Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ronaldo und Bale als königliche Stimmungskiller
Weltfußballer und Matchwinner drohen nach drittem Champions-League-Sieg mit Abschied – Kroos bester Deutscher
KIEW (dpa) - Mit müden Augen kletterte Cristiano Ronaldo bei der Heimkehr nach Madrid zu früher Stunde aus dem Flieger. Die Partylaune war dem Weltfußballer trotz historischer Erfolge schon in der Nacht von Kiew vergangen. Vielmehr hatte der portugiesische Fußballstar großen Redebedarf – und seine Gedanken an einen Abschied schreckte die königliche Welt mächtig auf. „Vielleicht hätte ich schweigen sollen, aber wenn du ehrlich bist, kommen einige Dinge hoch. Ich werde sprechen und wenn ich spreche, habe ich wichtige Dinge zu sagen. Ich kann nichts garantieren“, verlieh Ronaldo seinen Wechselgedanken nach dem 3:1 (0:0) gegen den FC Liverpool Nachdruck. Dass der unzufriedene Matchwinner Gareth Bale ebenfalls offen von Abschied sprach, ließ den dritten Königsklassen-Titel in Serie und den 13. der Club-Geschichte beinahe zu einer Nebensache verkommen. Zumal die Siegerparty auf dem Rasen ohnehin schon reichlich nüchtern, routiniert wirkte.
„Die 13 ist eine Bombe“, schrieb das spanische Blatt „Marca“treffend und bei „Sport“war zu lesen: „CR7 war Spielverderber. Die 13. Champions League von Madrid ist zu einem Fegefeuer der Eitelkeiten ausgeartet.“Zuvor hatte Ronaldo einen kleinen Orkan ausgelöst. „Es war sehr schön, bei Real Madrid zu spielen“, hatte Ronaldo unmittelbar nach Spielschluss gesagt und damit Trainer Zinédine Zidane und Präsident Florentino Perez verärgert. „Er muss bleiben, er wird bleiben“, sagte ein genervter Zidane und Perez ergänzte: „Cristiano hat einen Vertrag, ich möchte nicht über irgendeinen Spieler spekulieren.“War es nur gekränkte Eitelkeit oder steckt mehr hinter Ronaldos kryptischen Worten? Immer wieder beklagt der Europameister, der noch bis 2021 an Real gebunden ist, fehlende Wertschätzung, wie er auch nach dem Finale betonte: „Ich habe fünf Champions-LeagueSiege und fünf Goldene Bälle (Anm.: Weltfußballer-Ehrungen). Ich weiß, was ich dem Club gegeben habe.“
Starke Worte und das nach einem Abend, an dem er seinen Platz in den Geschichtsbüchern weiter zementiert hatte. Als erster Spieler gewann Ronaldo zum fünften Mal die Champions League, dazu wurde er – diesmal mit 15 Treffern – zum siebten Mal Torschützenkönig der Königsklasse.
Die Hauptrolle auf dem Rasen hatte aber diesmal ein anderer: Gareth Bale. Den Waliser vereinte nach seinen zwei Toren mit Ronaldo aber die große Unzufriedenheit. „Ich muss jede Woche spielen. Ich werde mit meinem Berater sprechen und über meine Zukunft nachdenken“, sagte der 100-Millionen-Mann, der vier Minuten nach seiner Einwechslung einen traumhaften Fallrückzieher (64.) ins Netz gesetzt hatte und in der Schlussphase den schwarzen Abend von Liverpool-Torhüter Loris Karius mit einem 35-Meter-Tor (83.) perfekt gemacht hatte.
Zidane zeigte ein wenig Verständnis für die Unzufriedenheit, blieb in der Sache aber hart: „Jeder schaut auf sich selbst, das verstehe ich. Aber am Ende geht es um das Team.“Mit weltmeisterlicher Gelassenheit reagierte indes Toni Kroos auf die Wechselabsichten seiner Teamkollegen: „Mir geht es zu gut gerade, als dass ich mich damit auseinandersetze. Natürlich hat jeder seine eigenen Pläne, die muss man dann mit dem Club besprechen. Ich habe keine – also alles gut.“Warum sollte er auch? Kroos gewann zum dritten Mal mit Real und als erster deutscher Spieler überhaupt zum vierten Mal den Henkelpokal. Das sei schon speziell.
Madrid: Navas - Carvajal (37. Nacho), Ramos, Varane, Marcelo Casemiro - Modric, Kroos - Benzema (89. Asensio), Ronaldo, Isco (61. Bale). – Liverpool: Karius - Alexander-Arnold, van Dijk, Lovren, Robertson - Milner (83. Can), Henderson, Wijnaldum - Salah (31. Lallana), Firmino, Mane. – Tore: 1:0 Benzema (51.), 1:1 Mane (55.), 2:1 Bale (64.), 3:1 Bale (83.).– Zuschauer: 61 561.