Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Zur Wende gezwungen
Druck aus der Wirtschaft veranlasst Trump zur Kehrtwende
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WASHINGTON - Noch vor zwei Wochen hatte der amerikanische Präsident die Europäische Union als einen Feind seines Landes bezeichnet. Als wäre nichts gewesen, stellte er nun bei einer Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses bestes Einvernehmen mit dem Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, heraus.
Autozölle sind vorerst vom Tisch. Überhaupt wollen beide Seiten auf neue Zollschranken verzichten, solange sie über die Zukunft ihrer Handelsbeziehungen reden. Über ein Regime, das irgendwann alle Importabgaben und sonstigen Barrieren für Industriegüter – mit Ausnahme von Automobilen – beseitigen soll.
Im Gegenzug kassiert Trump Zugeständnisse, mit denen er dort punkten kann, wo ihm eine bislang verlässliche Anhängerschaft von der Fahne zu gehen drohte – in den Präriestaaten des Mittleren Westens. Farmer in Iowa, Kansas und Nebraska sollen ihre Sojabohnen nun auch nach Europa liefern, „sehr viele Sojabohnen“, wie der Präsident im Überschwang betonte. Bislang war China ihr wichtigster Markt, und ob die Exporte über den Atlantik ausgleichen, was sie im Zuge des Handelskrieges mit Peking an Einnahmen einbüßen, bleibt abzuwarten. Ähnlich verhält es sich mit dem Verkauf amerikanischen Flüssiggases an EU-Länder, einem Geschäft, das angekurbelt werden soll. Noch fehlt die Infrastruktur, um es in großem Stil betreiben zu können. Kein Wunder, dass Experten wie Michael Froman, der Handelsbeauftragte des Ex-Präsidenten Barack Obama, von eher symbolischen Siegen für Trump sprechen.
Furcht der Republikaner
Dass der Amerikaner überhaupt ein Wendemanöver fuhr, hat mit dem Druck zu tun, dem er sich ausgesetzt sah. Mit dem Druck der Wirtschaft, Druck aus der eigenen Partei. Autobauer aus Detroit, Ford oder General Motors, leiden schon jetzt unter gestiegenen Preisen für Stahl und Aluminium, eine Folge der Strafzölle, die vorerst in Kraft bleiben. 20-prozentige Aufschläge auf importierte Autoteile hätten ihre Gewinne noch deutlich stärker einbrechen lassen. Republikanische Abgeordnete wiederum fürchteten die Rache der Enttäuschten, eine kalte Dusche bei den Kongresswahlen im November.