Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ermittlungen gegen Arzt wegen Massen-Attesten
STUTTGART (dpa) - Die ungewöhnlich hohe Zahl von Prüfungsabbrechern an der Uni Hohenheim hat ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen gleichlautenden Attesten nun gegen einen Arzt. Wie die Anklagebehörde am Freitag mitteilte, wird der Mediziner verdächtigt, massenweise falsche Krankschreibungen ausgestellt zu haben.
Derzeit gehen die Ermittler von bis zu 145 möglichen Fällen aus. Bei der Durchsuchung der Praxisräume des Mediziners beschlagnahmten sie umfangreiche Unterlagen und Dateien, die nun ausgewertet werden.
Es geht um eine Prüfung in Betriebswirtschaftslehre am 23. Mai dieses Jahres. 75 von 244 Teilnehmern brachen die Prüfung ab – wegen spontaner Erkrankung. 43 von ihnen reichten Atteste vom selben Arzt ein. Auffällig war für die Uni nicht nur das, sondern auch, dass alle an Ähnlichem litten: Kopfschmerzen mit Sehstörung oder Übelkeit mit Erbrechen. Beide Diagnosen hatten bei der Symptombeschreibung laut Uni „keine große Detailtiefe“.
Ärzte-Kollegen fürchten um ihren Ruf und dringen auf Aufklärung. Ob und inwiefern die Landesärztekammer in dem Fall tätig wurde, ist nicht bekannt. Derartige Untersuchungen laufen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Sprecher der Kammer äußerte sich zurückhaltend. Zu den Hohenheimer Attesten meinte er: „Es ist vielleicht ungewöhnlich, aber unmöglich ist es nicht.“Der betroffene Mediziner selbst machte bei der Staatsanwaltschaft keine Angaben und auch in den Medien nicht.
Dass Studenten sich massenweise von einer Prüfung abmelden, ist auch für die Uni Hohenheim ein Novum. „Wir haben jährlich 150 000 Prüfungen bei 10 000 Studierenden. So was haben wir noch nie gehabt“, sagt eine Sprecherin. An der Klausur habe es nicht gelegen. Sie sei nicht schwieriger als sonst gewesen.