Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schwarzbau erhitzt die Gemüter
BUS kritisiert Anbau bei der Therme, Bauherr verteidigt sein Vorgehen.
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AULENDORF - Auf der Baustelle für die neue Ferienwohnanlage an der Schwabentherme ist ein Anbau ohne Baugenehmigung errichtet worden. Jüngst hat der Ausschuss für Umwelt und Technik den Schwarzbau nachträglich durchgewunken. Dass der vom Bauherr beantragte Anbau bereits stand, war zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht bekannt. Es ist nicht das erste Mal, dass Kurt Harsch sich über das Baurecht hinwegsetzt. Er selbst verteidigt sein Vorgehen, er habe nicht warten können, bis die Genehmigung vorgelegen hätte.
Einen Multifunktionsraum, 6 auf 15 Meter groß, gute drei Meter hoch, mit Flachdach, das als Terrasse genutzt werden soll; das sollte laut Bauantrag an die neue Ferienwohnanlage angebaut werden. So stand es in den Unterlagen zur Ausschusssitzung in der vergangenen Woche. Die Stadtverwaltung hatte den Anbauwunsch geprüft, baurechtlich stand ihm nichts entgegen. Entsprechend schlug sie vor, dem Bauvorhaben das Einvernehmen zu erteilen und einer Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze zuzustimmen. Dem folgte der Ausschuss bei einer Gegenstimme von Karin Halder (BUS), die sie damit begründete, dass man sich seinerzeit schon mit der Änderung des Bebauungsplans für die Ferienwohnanlage schwer getan habe (SZ berichtete). Direkt nach der Sitzung stellte sich heraus: Der Multifunktionsanbau steht bereits.
„Absolut inakzeptabel“
Die BUS-Gemeinderäte Karin Halder, Christine Vogt, Franz Thurn und Pierre Groll zeigen sich empört über den Vorgang und äußern sich nun in einer Stellungnahme. Es sei „absolut inakzeptabel, dass ein Ratsmitglied und Unternehmer seinen politischen Einfluss nutzt, um sich unbeschadet über geltendes Recht hinwegzusetzen“, schreibt die Fraktion darin. Jeder andere Aulendorfer würde dafür bestraft werden. „Er sitzt im Gemeinderat und hat da eine Stimme (nicht in besagter Ausschusssitzung, dort war Harsch wegen Befangenheit von diesem Tagesordnungspunkt ausgeschlossen, Anm. d. Red.) und kann seine CDUMitstreiter beeinflussen. Er zieht Vorteile aus seinem Gemeinderatsamt für seine private Sache“, führt Vogt auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“dazu aus.
In ihrer Stellungnahme fürchtete die BUS-Fraktion, dass der Gemeinderat als Gremium diskreditiert werden könnte, sollte „eine solche Vorgehensweise ohne Konsequenzen für den Gemeinderat Harsch und seinen Schwarzbau bleiben“. Jeder Gemeinderat werde auf eine gewissenhafte Erfüllung seiner Amtspflicht vereidigt, dazu gehöre „insbesondere das gesetzmäßige Handeln“. Halder und Vogt sind sich über die Konsequenz einig: „Er muss es wieder abreißen.“Dass dies passiert, glauben sie indes nicht. „Er wird eine Strafe zahlen müssen, und dann bleibt das Ding stehen“, so Halder.
Dass Bauherren erst eine Genehmigung beantragen, nachdem sie bereits gebaut haben, komme „leider öfter vor“, erklärt Bürgermeister Matthias Burth auf Nachfrage der
„Er muss den Anbau wieder abreißen“, finden die BUS-Räte Karin Halder und Christine Vogt.
„Schwäbischen Zeitung“. Auch er spricht im Fall des Multifunktionsraums von einem Schwarzbau. Er habe in der Sitzung aber auch noch nicht gewusst, dass der Funktionsraum bereits gebaut sei und deshalb auch nicht darüber informieren können. „Dass Herr Harsch ohne Baugenehmigung baut, ist eine Frage des Bußgelds und nicht des Baurechts“, gibt das Stadtoberhaupt eine Einschätzung ab. Es sei berechtigt, die moralische Frage zu stellen, Harsch habe als Gemeinderat eine „gewisse Vorbildfunktion wahrzunehmen“. Gleichwohl weist Burth darauf hin, dass er mit seinem Baugesuch behandelt werden müsse, wie alle anderen Bürger auch. Das Baugesuch habe nach dem Baurecht beraten werden müssen und diesbezüglich halte die Verwaltung „eine Befreiung für vertretbar“. Dass mit dem Schwarzbau gegen das Landesbaurecht verstoßen wurde, müsse die Baurechtsbehörde, also das Landratsamt als genehmigende Behörde, ahnden. Die Stadtverwaltung will das Landratsamt über den Schwarzbau informieren.
„Den Anbau habe ich einfach vergessen, weil man nicht an alles im Voraus denken kann“, verteidigt sich Kurt Harsch.
Darüber, inwieweit sein Vorgehen seinen Verbleib im Gemeinderat beeinflussen könnte, gibt es indes verschiedene Aussagen. Wenn jemand seinen abgelegten Eid nicht einhalte, müsse er vielleicht aus dem Gemeinderat
gehen, findet Vogt. Halder ist da zurückhaltender: „Wir können nicht sagen, er darf da nicht mehr sein. Das muss seine Fraktion mit ihm ausmachen.“Und Bürgermeister Burth sieht die Entscheidung in der Wahlkabine. Über Konsequenzen entscheide „beim nächsten Mal der Bürger“.
Genehmigung „war sonnenklar“
Kurt Harsch selbst versteht die Aufregung um seinen Anbau an die Ferienwohnanlage indes nicht. Es gebe keine Bedenken, dass sich der Anbau nicht einfüge und es sei „sonnenklar“gewesen, dass die Genehmigung komme. Er wirft der BUS-Fraktion vor, einen Kleinkrieg gegen ihn zu führen. Weshalb er den Multifunktionsraum gebaut habe, bevor er eine Genehmigung dafür vorliegen hatte, begründet er mit Zeitnot: „Weil ich nicht warten konnte. Ich muss den Bau fertig machen und den Anbau habe ich einfach vergessen, weil man nicht an alles im Voraus denken kann“, verteidigt er sich, er habe nicht warten wollen, bis im November der Schnee komme. Die Bearbeitung von Bauanträgen dauere in Deutschland grundsätzlich zu lange. Das Dach des Gebäudes benötigt Harsch, wie er sagt, als Terrasse für die Gäste. „Die Therme braucht das, sonst ist irgendwann zu“, argumentiert er. „Wenn ich einen Fehler gemacht habe, bekomme ich eine Strafe“, räumt er ein. Bereits 2014 hatte Harsch Ärger wegen zwei ohne Genehmigung gebauten Wohnungen auf dem Gelände des Tiergartens. Grundsätzlich sagt er: „Wer nichts macht, macht auch keine Fehler.“