Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Wirkung verpufft
Laut Deutscher Umwelthilfe bringen Software-Updates für alte Diesel wenig
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BERLIN - Die von Volkswagen durchgeführten Software-Updates bei Modellen mit einer manipulierten Abgasanlage bringen nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nicht die versprochene Wirkung. Dagegen wurden technisch nachgerüstete Fahrzeuge viel sauberer. Der Verein fordert verpflichtende Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Industrie.
„Bei sommerlichen Temperaturen wurde zwar eine durchschnittliche Verbesserung der StickoxidWerte um 30 Prozent erreicht“, sagt Axel Friedrich, der Leiter des zum Verein gehörenden Emissions-Kontroll-Instituts (EKI). Doch bei den in Deutschland häufig niedrigeren Temperaturen seien Werte gemessen worden, die sogar bis zu 20 Prozent über den Ausgangsemissionen lagen.
Die DUH hat drei VW-Modelle auf einem rund 32 Kilometer langen Rundkurs mit unterschiedlichen Straßen getestet. 180 mg Stickoxide (Nox) dürfen Euro-5-Diesel ausstoßen. Beim VW Golf VI Variant 1.6 TDI ermittelte Friedrich vor dem Update Emissionen von 964 mg, danach bei Temperaturen zwischen fünf und zehn Grad noch 602 mg. Beim VW Sharan 2.0 TDI gingen die Emissionen nach dem Update bei Temperaturen zwischen zwölf und 19 Grad von über 400 mg auf 186 mg zurück und erreichten damit den gesetzlichen Grenzwert fast.
Hardware-Nachrüstung gefordert
Weitere Messungen bei kalten ein bis zwei Grad ergaben dann aber einen massiven Anstieg der Nox-Emissionen auf fast 500 mg, also mehr als ohne Update. „Die mittlere Temperatur in Deutschland liegt unter zehn Grad“, sagt Friedrich. Er hat auch deshalb den Verdacht, dass Software-Updates die Luftqualität kaum verbessern werden. Sobald der Sommer vorbei ist und es kälter wird, will die DUH weitere Autos auf den Rundkurs schicken.
Friedrich hat auch Diesel der Klasse Euro-5 mit einer nachgerüsteten Abgasanlage nachgemessen. Hier sind die Ergebnisse deutlich besser ausgefallen. Nachträglich eingebaut wurde ein moderner SCR-Katalysator. Damit sanken die NOxEmissionen bei einem VW Passat 1.6 TDI von 1030 mg auf nur noch 69 mg. Das ist ein besserer Wert als die aktuelle Norm Euro-6 vorsieht. Beim Audi A3 Sportback 2.0 TDI maß Friedrich ein Absenken des Schadstoffausstoßes von 410 mg auf 82 mg. Auch beim BMW X3 xDrive20d wirkte die Nachrüstung. Statt vorher 900 mg stieg das Auto nur noch 171 mg Stickoxid aus.
Die Umwelthilfe pocht aufgrund der Testergebnisse auf eine technische Nachrüstung alter Diesel. „Die Kosten der Teile dafür liegen bei 600 bis 800 Euro“, sagt Friedrich. Zusammen mit den Einbaukosten gingen die Anbieter der Systeme von 1500 bis 2000 Euro pro Fahrzeug aus. Die notwendigen Einzelteile würden von den Herstellern selbst produziert und teilweise in den USA auch selbst eingebaut. Technische Schwierigkeiten erwartet der Experte daher nicht.
DUH-Chef Jürgen Resch kündigt unterdessen weitere Klagen auf Fahrverbote in den Städten an. „Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie den Bürgern entweder eine kostenlose Nachrüstung anbietet oder die Kunden ihre Fahrzeuge an den Hersteller zurückgeben können“, erläutert Resch. In der kommenden Woche wird das Verwaltungsgericht Düsseldorf über Fahrverbote entscheiden, Ende des Monats läuft in Stuttgart eine Frist zur Ausdehnung der Fahrverbote auf Fahrzeuge der Euro-5-Norm aus. Sollte die Stadt darauf nicht reagieren, will Resch sofort auf Zwangsgelder klagen.
Im September will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entscheiden, ob es Hardware-Nachrüstungen geben muss oder ihr die SoftwareUpdates genügen. Rechtlich können die Hersteller nur bei Betrug zu einer Nachrüstung auf ihre Kosten verpflichtet werden. Aber dieser Tatbestand liegt bei der Masse der Dieselautos nicht vor. Ebenso wie das CSUgeführte Verkehrsministerium hat sich Merkel bisher skeptisch gezeigt. Sie würde es lieber sehen, die Industrie investiere das Geld in die Entwicklung zukunftsfähiger Antriebe als damit für Fehler der Vergangenheit geradezustehen. Dagegen hält die SPD-Umweltministerin Svenja Schulze Hardware-Nachrüstungen für unumgänglich, wenn die Luft in den Städten sauberer werden soll und Fahrverbote umgangen werden können.