Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Historisches Haus zu neuem Leben erweckt
Nach langem Leerstand hat die Stadt Biberach das Denkmal für Vereine und Wohnen saniert
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BIBERACH - Von Außen ist die Veränderung kaum zu erkennen, im Inneren dafür umso mehr: Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes Karpfengasse 9 in der Biberacher Altstadt ist fast abgeschlossen. „In dem großzügigen Bürgerhaus sind tolle Wohnräume entstanden“, freut sich Baubürgermeister Christian Kuhlmann. Während es im ersten Obergeschoss eine Zwei- sowie Drei-Zimmer-Wohnung gibt, befinden sich im Erdgeschoss drei Büroräume für Vereine. Der Denkmalschutz stellte die Stadt vor große Herausforderungen.
Im Spätherbst vergangenen Jahres rückten die Handwerker an. Bis dahin stand das nach dem Stadtbrand von 1516 erbaute und 1729 mit barocken Elementen umgebaute Patrizierhaus leer. Von 1983 an hatte das Gebäude der Kinderschutzbund genutzt, musste aber dann im Jahr 2010 wegen Brandschutzbestimmungen und technischer Mängeln ausziehen. „Es gibt nichts Schlimmeres für ein Denkmal, als wenn es leersteht“, erläutert Kuhlmann. In erster Linie sei es bei dem Projekt darum gegangen, dem Gebäude neues Leben einzuhauchen: „Positiver Nebeneffekt ist, dass wir weiteren, preiswerten Wohnraum schaffen konnten.“Wie berichtet entstehen auch an der Kreuzung Waldseer Straße/ Kolpingstraße preisgünstige Wohnungen.
Knapp ein Jahr lang dauerte die Sanierung des Gebäudes in der Altstadt, die im Juli dieses Jahres schließlich ihr Ende fand. In dieser Zeit ist einiges in dem Gebäude passiert. Neue Technik, neue Böden und eine etwas andere Zutrittsregelung sind unter anderem das Ergebnis der aufwendigen Arbeiten. So erfolgt der Zugang zum Obergeschoss zwar weiterhin über die bestehende Treppenanlage, der Eingang dafür befindet sich aber nun ausschließlich auf der Seite der Volkshochschule. Die Räume im Erdgeschoss sind über den Haupteingang an der Karpfengasse zu erreichen. Die Wohn- und Gewerbenutzung sind durch eine eingezogene, rückbaubare Wand im Erdgeschoss voneinander getrennt. Diese Lösung schafft im Erdgeschoss Platz für einen größeren Sanitärbereich.
Wer durch das Gebäude geht, dem fällt nicht nur die knarzende Holztreppe, die halbhohen Holztäfelungen sowie die Türen mit Verzierungen auf, sondern auch die Helligkeit der Räume. „Wegen der exponierten Lage und großen Fenster sind die Räume sehr hell“, erläutert Kuhlmann. Gleichzeitig haben die Handwerker helle Linoleumböden verlegt und die Wände mit hellen Farben versehen. Herzstück des Gebäudes ist der Erker im ersten Stock zum Platz bei der Volkshochschule hin, was dem Haus einen ganz besonderen Wiedererkennungswert verleiht. Die Außenfassade, inklusive Fenstern und Sockel sollen im kommenden Jahr neu gestrichen werden.
Leitungen befinden sich auf Putz
Auffällig bei dem Rundgang ist darüber hinaus, dass sich Steckdosen, elektrische Leitungen und Heizungsrohre auf dem Putz befinden. „Bei einem denkmalgeschützten Gebäude darf es keinen Eingriff in historische Strukturen geben“, erläutert Kuhlmann. Einzelne Arbeitsschritte mussten immer wieder mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt werden, was den Beteiligten manchmal auch die Schweißperlen auf die Stirn trieb. „Im gemeinsamen Gespräch haben wir aber immer gute Lösungen hinbekommen“, sagt Kuhlmann. Anders als bei einem Neubau müsse man sich bei einem denkmalgeschützten Gebäude eben auf vorhandene Strukturen einlassen.
Die geschichtsträchtige Historie des Hauses ist auch der Grund, warum die Kosten stiegen. Ursprünglich hatte die Stadt rund 370 000 Euro für die Sanierung veranschlagt, jetzt liegt der Betrag bei knapp 460 000 Euro. So musste zum Beispiel entgegen ursprünglicher Planungen die bestehende Strohfüllung zwischen den Balken über dem ersten Obergeschoss aus Brandschutzgründen entfernt werden. Auch zog Feuchtigkeit Holzschwellen, Pfosten und historische Türzarge so sehr in Mitleidenschaft, dass diese denkmalgerecht erneuert werden mussten.
„Bei historischen Gebäuden kann Unvorhergesehenes passieren“, sagt der Baubürgermeister. Doch jetzt seien die Arbeiten im Inneren abgeschlossen und der erste Mieter zieht auch bald ein. Wer die Büroräume nutzt, soll nach der Sommerpause entschieden werden.