Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Pilgern vor der Haustür
Der Jakobsweg hat Alternativen – Auch im Süden können sich Gläubige aufmachen
Eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg ist längst kein Geheimtipp mehr. Rund 300 000 Menschen sind nach Angaben des Pilgerbüros in Santiago de Compostela im vergangenen Jahr an ihrem Ziel angekommen. Noch mehr haben sich auf den Weg gemacht. Dabei kennt gerade der süddeutsche Raum zahlreiche Pilgerwege, die weit weniger voll sind und trotzdem die Möglichkeit zur spirituellen Einkehr bieten. Eine Auswahl:
Jakobswegle
Auf dem Miniatur-Jakobsweg im Giengener Ortsteil Hürben können Pilger die Strecke von Giengen nach Santiago de Compostela im Maßstab 1:1000 erleben. Er verläuft auf einer Strecke von 2,5 Kilometern um den Kagberg, der gesamte Rundweg ist 4,2 Kilometer lang. Teilweise führt das Jakobswegle auch über den großen Bruder, den Original-Jakobsweg. Auf diesem Abschnitt informieren Tafeln über die Person des Heiligen Jakobus und die Geschichte des Jakobswegs. Der gesamte Rundweg ist in etwa einer Stunde zu schaffen. Er ist teilweise asphaltiert, barrierefrei und nach Angaben der Agendagruppe Jakobswegle für jeden begehbar. Weitere Informationen unter www.jakobswegle.de
Martinusweg
Den Geburtsort des heiligen Martin im ungarischen Szombathely und seine Grabstätte in Tours verbindet die Via Sancti Martini – der Martinusweg. Seit 2016 besteht diese europäische Mittelroute, die auch durch Bayern und BadenWürttemberg führt. Nach Informationen der Diözese RottenburgStuttgart werden sowohl Kirchen und Einrichtungen angesteuert, die unter dem Patronat des Heiligen Martin stehen, als auch ab Worms Orte, an denen der Heilige zu Lebzeiten gewirkt hat. Entlang der Mittelroute begegnen Pilger außerdem zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Neben Klosteranlagen, Kapellen und Kirchen, wie etwa der Stephansdom in Passau, liegen auch Museen und Schlösser auf dem Weg. Beispielsweise die Wasserschlossruine von Menzingen bei Kraichtal. Insgesamt umfasst der Martinusweg eine Strecke von rund 2500 Kilometern und verläuft durch Ungarn, Österreich, Deutschland, Luxemburg, Belgien und Frankreich. Der Abschnitt in Deutschland beginnt in Passau, und führt dann über Landshut, Kaufbeuren und Memmingen von Bayern nach Baden-Württemberg, wo die Pilger unter anderem in die Städte Biberach, Hechingen, Stuttgart, Heilbronn und Speyer kommen. Gekennzeichnet ist der Martinusweg durch ein gut sichtbares, gelb-oranges Kreuz auf dunkelrotem Grund. Weitere Informationen unter
www.martinuswege.de oder www.martinuswege.eu
Crescentiaweg
Auf den Spuren der Heiligen Crescentia führt der Pilger-Rundweg durch einige Wirkungsstätten der einstigen Oberin des Klosters Kaufbeuren. Ausgangspunkt für die Wanderung im Namen der 2001 heilig Gesprochenen könnte beispielsweise das Franziskanerinnenkloster in Kaufbeuren, das heute Crescentiakloster heißt, sein. Weiter führt der Weg zum Kloster in Irsee, wo Crescentia gute Beziehungen zu Abt Bernhard Beck und dem Maler Magnus Remy pflegte. Die Äbte der nächsten Station, der Reichsabtei Ottobeuren, waren vor allem an den Heilig-Geist-Visionen der Oberin interessiert. Und zum Kreuzkloster in Mindelheim unterhielten die Schwestern des Franziskanerinnenklosters ein enges Verhältnis. Der rund 90 Kilometer lange Crescentiaweg führt seine Pilger durch hügeliges Gelände im Ost- und Unterallgäu. Weitere Informationen unter www.kaufbeuren-tourismus.de/ pilgern
Oberschwäbischer Pilgerweg
Um auf der Pilgerreise vielfältige Landschaften zu durchqueren, müssen Pilger Oberschwaben nicht verlassen. Auf insgesamt sieben Wanderrouten, die als Rundwege angelegt sind, will der Oberschwäbische Pilgerweg nach Angaben des Gründerehepaars Egon und Rita Oehler nicht nur die Orte der Marienverehrung miteinander verbinden, sondern die Pilger auch an Wallfahrtsorte führen. Etwa zu den oberschwäbischen „Bauernheiligen“, „Heimatheiligen“oder zu den zahlreichen Klöstern in der Region. Pilger können so flexibel und ohne festes Ziel in die Wanderung einsteigen. Unter anderem führen die jeweiligen Wege an den Bussen, die Wallfahrtskirche in Steinhausen oder zu den Klöstern in Weingarten, Reute, Untermarchtal und Beuron. Pro Jahr bieten die Oehlers auch drei bis vier geführte, spirituelle Wanderungen an. Die letzte des Jahres an Mariä Himmelfahrt hat rund 120 Pilger angelockt, sagt Egon Oehler. Die einzelnen Rundtouren verlaufen beispielsweise in der Nähe von Bad Saulgau, Meßkirch, Aulendorf, Weingarten, Biberach, Laupheim oder Munderkingen. Die genauen Streckenverläufe sind unter www.oberschwaebischer-pilgerweg.de zu finden.
Schwabenweg
Der Schwabenweg bezeichnet einen Abschnitt des Jakobswegs zwischen Konstanz und dem schweizerischen Einsiedeln. Der Name Schwabenweg rührt nach Informationen der Jakobus-Freunde Bodensee daher, dass sich im Mittelalter viele Pilger aus Schwaben in Konstanz versammelten, um sich auf den Weg nach Santiago de Compostela zu machen. Auf vier Etappen zu je rund 20 Kilometern führt die anspruchsvollere Wanderung mit teilweise starker Steigung, von Konstanz in die Schweiz nach Tobel, Steg, Rapperswil und schließlich nach Einsiedeln am Zürichsee. Neben einer Vielzahl kleiner Kapellen und imposanten Klosteranlagen bietet der Schwabenweg auch spektakuläre Aussichten auf die Alpen, den Bodensee und den Zürichsee. Weitere Informationen unter www.jakobsweg.de/europa/schweiz
Jakobswege im Süden
Wer trotz vieler Alternativen auf dem Original pilgern will, der findet im Süden zahlreiche Streckenabschnitte des eigentlichen Jakobswegs. Beispielsweise die rund 18 Kilometer lange Etappe von Beuron nach Meßkirch. Unterwegs bietet diese Strecke nicht nur Möglichkeit zur spirituellen Einkehr, etwa in der Lourdes-Grotte im Liebfrauental, sondern auch eine beeindruckende Naturkulisse. Der Weg führt nämlich durch spektakuläre Felshänge im Donautal. Weitere Informationen zu diesem Streckenabschnitt unter www.via-beuronensis.de
Ebenfalls landschaftlich reizvoll ist der rund 77 Kilometer lange Hohenzollerische Jakobsweg. Er führt von Hechingen über die Schwäbische Alb nach Meßkirch. Dabei passieren Pilger unter anderem die Täler der Starzel und der Lauchert. Ein Besuch lohnt sich unterwegs in Killer, einem Dorf bei Burladingen. Die Kirche Mater Dolorosa beherbergt eine Jakobusstatue aus dem 15. Jahrhundert, außerdem prangt an der Decke ein Gemälde mit einer Abbildung eines Jakobspilgers. Weitere Informationen zu diesem Streckenabschnitt unter www. jakobuswegeschwarzwald-alb.de
Der Münchner Jakobsweg führt seine Pilger durch das Allgäu, vorbei an Kirchen und Klöstern. Auch der Starnberger See und der Ammersee liegen auf der Strecke. Mit einem Pilgerausweis ist auch eine Übernachtung im Kloster Andechs möglich. Weitere Informationen unter
www.jakobswege-europa.de (kpri)