Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Endlich dürfen sie sich lieben“
Erste gleichgeschlechtliche transsexuelle Hochzeit im Land – Sängerin Omnitah aus Fronreute war Trauzeugin
FRONREUTE - Es ist eine Premiere: Zum ersten Mal hat ein gleichgeschlechtliches transsexuelles Paar in Baden-Württemberg geheiratet. Bei der Trauung in Stockach im Landkreis Konstanz am vergangenen Wochenende war auch eine Bürgerin aus Fronreute dabei: Omnitah Schwark war als Trauzeugin der beiden Frauen vor Ort und begleitete außerdem als Sängerin die Hochzeit musikalisch.
Sie sei überrascht gewesen, wie normal die Feier von Christin Löhner und Michelle Bilgeri ablief, erzählt Omnitah auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Man habe mit Anfeindungen oder Störungen gerechnet, doch alles verlief friedlich. Es war der große Tag eines besonderen Paares: Beide Ehepartner wurden in einem männlichen Körper geboren und leben erst seit ein paar Jahren offen als Frauen. Seit etwa einem Jahr gibt es in Deutschland die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, und so konnten auch sie sich trauen.
„Es war einfach schön, zu sehen, wie sich dieses Paar endlich lieben durfte“, so Omnitah weiter. Besonders berührt habe sie der Einzug der Eheleute in das Trauzimmer, bei dem die Sängerin auch Musik spielte. „Christin blieb in der Tür stehen und weinte, als sie realisierte: Jetzt wird es ernst.“
Bis zu diesem Moment war es ein langer Weg: 43 Jahre lang lebte Christin Löhner als Alexander Michael. Konfrontiert mit dem Problem, im falschen Körper gefangen zu sein, sah sie oft keinen Ausweg. Mehrfach versuchte sie, sich deshalb das Leben zu nehmen. Während dieser schwierigen Phase, vor der Geschlechtsumwandlung zur Frau, lernte auch Omnitah sie kennen. Löhner organisierte Konzerte in Wilhelmsdorf, und so freundeten die beiden sich durch die Musik miteinander an.
Die fortwährenden Probleme führten Christin Löhner schließlich in eine Selbsthilfegruppe, wo sie 2016 Michelle Bilgeri kennenlernte. Ihre Hochzeit schätzt Löhner nicht nur für sich persönlich als großen Schritt ein: „Dass ein transsexuelles und ein gleichgeschlechtliches Paar heiraten kann und darf, ist gigantisch“, sagt sie. „Es zeigt, dass wir im 21. Jahrhundert angekommen sind und auch wir langsam etwas Toleranz und Akzeptanz in der Gesellschaft erfahren.“