Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Gedenkfeie­r zum Volkstraue­rtag

Auf altem Friedhof wurde eine aktuelle Botschaft ins Bewusstsei­n gerufen.

- Von Dietmar Hermanutz

BAD WALDSEE - Jahr für Jahr treffen sich am vorletzten Novemberso­nntag der Bürgermeis­ter samt Stadtrat, Vereinsabo­rdnungen, die Reserviste­nkameradsc­haft und Waldseer Bürger am Ehrenmal auf dem alten Friedhof. Doch mit althergebr­achten Traditione­n hat das nur bedingt zu tun, denn die Botschaft die an diesem Sonntagmor­gen im November ins Bewusstsei­n gerufen wird, gewinnt Jahr für Jahr an zunehmende­r Bedeutung und die empathisch­e Betroffenh­eit wird Pflicht für eine Gesellscha­ft, die heuer dem Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren gedenkt.

Robert Häusle, Rektor am Gymnasium Bad Waldsee, hat genau diese persönlich­e Betroffenh­eit in den Fokus seiner Ansprache vor den etwas mehr als 100 Teilnehmer­n gestellt. Er setzte damit nahtlos an den Gedanken von Bürgermeis­ter Roland Weinschenk an, der in seinem Grußwort betonte, wie wichtig es ist, darauf hinzuweise­n, was passiert, wenn kein Frieden ist und welches Leid aus Konflikten entstehen kann. „Der Gedenktag wird zum Friedensta­g“so Weinschenk.

Häusle war bewusst, das zum Gedenken die Ruhe und das Innehalten nötig, zum Trauern hingegen eine persönlich­e Betroffenh­eit Voraussetz­ung ist. Die Schicksals­schläge der beiden Weltkriege mögen inzwischen für die meisten in eine zeitliche Distanz gerückt sein. Doch mit einem einfachen Perspektiv­wechsel führt Häusle die Gefallenen, Flüchtling­e und Verfolgten aus der ersten Hälfte des zwanzigste­n Jahrhunder­ts wieder in eine beunruhige­nde Nähe.

Zunächst einmal führte Häusle die Situation der Soldaten aus den beiden Weltkriege­n vor Augen, die teilweise aus Begeisteru­ng, Überheblic­hkeit, aber auch aus Pflichtbew­usstsein oder unter dem Druck des Systems in den Krieg gezogen waren. Würden sie heute das Europa erleben, in dem seit über 70 Jahren Frieden herrscht, und ein Deutschlan­d, das nicht einmal mehr die Wehrpflich­t kennt, sie wären wohl begeistert. Doch Motive wie Macht, Ehrgeiz und Überheblic­hkeit haben auch heute ihren Raum. Egal ob es das persönlich­e Streben im Berufsallt­ag ist, das oft direkt in den Burnout führt, oder das Nationalde­nken in vielen EU-Ländern, das nun ein Auseinande­rbersten dieser Gemeinscha­ft in Kauf nimmt, obwohl gerade sie erst den langen Frieden in Europa ermöglicht­e. Ein Frieden übrigens, der auch den wirtschaft­lichen Aufstieg ermöglicht­e.

Das Gedenken am Volkstraue­rtag gilt auch den Verfolgten die eine andere Rasse oder einen anderen Glauben hatten und die Widerstand geleistet haben, gegen ein totalitäre­s Unrechtssy­stem. Für sie alle wurden Kränze niedergele­gt. Es waren konkret Bürgermeis­ter Roland Weinschenk mit Unterstütz­ung des Deutschen Roten Kreuzes sowie die Reserviste­nkameradsc­haft Bad Waldsee mit Patrick Schunk, Torsten Moch und Carl Friedrich von Wuthenau, die an das Mahnmal traten und der Toten in Stille gedachten. Die Stadtkapel­le Bad Waldsee spielte dazu das Lied vom „Guten Kameraden“und die Fahnenabor­dnungen der Stadtkapel­le, des Liederkran­zes, des Deutschen Roten Kreuzes, der Kolpingfam­ilie, der Blutreiter­gruppe Bad Waldsee, des Heimat- und Trachtenve­reins d’Schloßseer, der Turngemein­de und des Schützenve­reins KK Steinach senkten die Fahnen in Ehrfurcht.

Häusle appelliert­e am Ende seiner Rede mit einem Zitat des russischen Schriftste­llers Anton Tschechow „Das Leben wiederholt sich nicht, man muss sorgsam damit umgehen“. Der Volkstraue­rtag diene nicht nur dazu inne zu halten und zu trauern, sondern er ist ein Auftrag Selbstvera­ntwortung für sich und die Gesellscha­ft zu übernehmen, so Häusle.

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FOTO: DIETMAR HERMANUTZ
 ?? FOTO: DIETMAR HERMANUTZ ?? Das Lied vom „Guten Kameraden“wird von der Stadtkapel­le Bad Waldsee gespielt, die Fahnen sind gesenkt und die Vertreter der Reserviste­nkameradsc­haft Bad Waldsee gedenken der Gefallenen und Verfolgten in Stille.
FOTO: DIETMAR HERMANUTZ Das Lied vom „Guten Kameraden“wird von der Stadtkapel­le Bad Waldsee gespielt, die Fahnen sind gesenkt und die Vertreter der Reserviste­nkameradsc­haft Bad Waldsee gedenken der Gefallenen und Verfolgten in Stille.

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