Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Von Maultaschen, Papierfliegern und Flugbegleiterinnen
Unverkrampft und frisch: Ein Kessel Buntes bei „Zammabraut’s“in der Aulendorfer Spielerei
AULENDORF - Das erste „Zammabraut’s“heuer in der Spielerei der Schlossbrauerei Aulendorf hat am Freitagabend eher den Charakter eines Wohnzimmerkonzertes gehabt. So sieht es auch der Veranstalter Flo Angele. Aber mit Freunden auf der Bühne zu stehen – auch wenn nur knapp 30 Zuschauer den Weg zur Kleinkunstbühne gefunden haben – das ist es ja, was der heitere Angele feiert. Und für die Zuschauer ist das unverkrampfte Miteinander auch ein Spaß gewesen.
Den Anfang bei diesem Bühnenkessel Buntes macht das Bad Waldseer „Trio Soita“. Drei Jungs in Lederbuxen. Mit einem lustigen BandShirt, auf dem drei Saitenwürste quer über einem Notenschlüssel liegen. Und mit einer ungeheuren Spielfreude. Schnell und rhythmisch spielen sie sich durch „Hend’r koine Mauldascha do?“und „Mir roicht’s, wenn I woiß, dass I kennt, wenn I wed“.
So zackig und mit rasanter Zunge, dass aus der übersichtlichen Zuschauerriege prompt die Bitte kommt, der Mann mit der Ukulele möge langsamer spielen. Oder in Original Aulendorfer Sprech: „Der hod’s Mikro faschd im Maul dinne und mer verschdoht trotzdem nix.“
Und weil in kleiner Runde unwillkürlich eine vertraute Atmosphäre aufkommt, zügelt Stefan Heiß wenigstens vorübergehend seine schwäbische Zunge. Und liest die Liedzeilen langsam und zum Mitschreiben vor.
Irrwitzige Texte
Als zweiten Akt hat Angele den Aulendorfer Liedermacher Daniel Unger eingeladen. Der ist im ersten Berufsleben Verwaltungsfachangestellter gewesen und hat aus dieser Akkuratesse heraus zu jedem seiner selbstgeschriebenen Songs gewissenhaft Entstehungs-Datum und -Uhrzeit notiert. So wissen die Zuschauer nun, dass er in „Tut mir leid“zwar keine komplett selbst erlebte Situation vertont, aber die Zeilen im Toscana Urlaub nachts zwischen 1.10 und 2.14 Uhr aufgeschrieben hat. Das Nonsens-Lied stammt vom 9. November. Und „Die Dumme“ist exakt zwischen 23 Uhr und Mitternacht entstanden, ehedem, am 9. August 2011. Zu den manchmal tiefsinnigen, manchmal irrwitzigen Texten spielt Unger Gitarre, tritt ein Mini-Drum und spielt nebenbei noch die Mundharmonika. Je nachdem. Wenn er die Botschaft im Papierflieger-Song an den Fan bringen will (nämlich wie man dem Chef am Geschicktesten vor die Büro-Türe kackt), dann hat er natürlich den Mund nicht frei, sondern nimmt ihn ziemlich voll.
Apropos Mund: Unger wirkt eigentlich am Besten aus der Nähe. Denn erst dann wird seine herrliche Mimik und sein pointiertes Augenverdrehen zur Gänze sichtbar.
Damit auch die Zuschauer in den hinteren Rängen etwas von der dritten Band –„Svebib“, sozusagen eine Auskopplung aus „Soita“– haben, trägt Weiß ein witziges Blinkehütlein. Dabei gelingt es Sven Hillebrecht und Stefan Weiß zunächst gar nicht, die Bühne für sich zu beanspruchen – so in Fahrt gekommen ist Flo Angele.
Angele im Glitzer-Twin-Set
Der überbrückt nämlich die gar nicht nötigen Umbaupausen mit allerhand Unfug. Zuerst führt er vor, was ihm in einem Karton vor die Tür gestellt worden ist. Frauenkleider. Ein Bademantel. Ein presswurstartiges Glitzer-Twin-Set. Ein dunkelblaues Kleid, in dem Angele auf Wunsch des Publikums die Flugbegleiterin gibt. Und das ist alles in allem ein Heidenspaß. Auch, weil Angele in den Witze-Trank gefallen zu sein scheint. „Ein blindes Huhn findet nämlich auch mal ein’n Korn.“„So sicher wie das Besamen in der Kirche.“
Gut gemischt ist der Abend und so sind die Zuschauer auch zufrieden. Haben sie doch auch ein Kirchen-Halleluljah-tauglisches-Medley von „Svebib“genießen können, für die 18 Euro Eintritt, wie Angele scherzt. Haben den „Earl“mit seinem schwäbischen Geänsehaut-Pendant zum amerikanischen Yieppieeijeh gehört. Haben erfahren, dass einer von zwei Lebenkäs auf der Mauer der Grobe gewesen sein muss. Und schließlich auch, dass ein Zammebraut’s ebenso spontan wie frisch ist.