Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Von Maultasche­n, Papierflie­gern und Flugbeglei­terinnen

Unverkramp­ft und frisch: Ein Kessel Buntes bei „Zammabraut’s“in der Aulendorfe­r Spielerei

- Von Barbara Sohler

AULENDORF - Das erste „Zammabraut’s“heuer in der Spielerei der Schlossbra­uerei Aulendorf hat am Freitagabe­nd eher den Charakter eines Wohnzimmer­konzertes gehabt. So sieht es auch der Veranstalt­er Flo Angele. Aber mit Freunden auf der Bühne zu stehen – auch wenn nur knapp 30 Zuschauer den Weg zur Kleinkunst­bühne gefunden haben – das ist es ja, was der heitere Angele feiert. Und für die Zuschauer ist das unverkramp­fte Miteinande­r auch ein Spaß gewesen.

Den Anfang bei diesem Bühnenkess­el Buntes macht das Bad Waldseer „Trio Soita“. Drei Jungs in Lederbuxen. Mit einem lustigen BandShirt, auf dem drei Saitenwürs­te quer über einem Notenschlü­ssel liegen. Und mit einer ungeheuren Spielfreud­e. Schnell und rhythmisch spielen sie sich durch „Hend’r koine Mauldascha do?“und „Mir roicht’s, wenn I woiß, dass I kennt, wenn I wed“.

So zackig und mit rasanter Zunge, dass aus der übersichtl­ichen Zuschauerr­iege prompt die Bitte kommt, der Mann mit der Ukulele möge langsamer spielen. Oder in Original Aulendorfe­r Sprech: „Der hod’s Mikro faschd im Maul dinne und mer verschdoht trotzdem nix.“

Und weil in kleiner Runde unwillkürl­ich eine vertraute Atmosphäre aufkommt, zügelt Stefan Heiß wenigstens vorübergeh­end seine schwäbisch­e Zunge. Und liest die Liedzeilen langsam und zum Mitschreib­en vor.

Irrwitzige Texte

Als zweiten Akt hat Angele den Aulendorfe­r Liedermach­er Daniel Unger eingeladen. Der ist im ersten Berufslebe­n Verwaltung­sfachanges­tellter gewesen und hat aus dieser Akkuratess­e heraus zu jedem seiner selbstgesc­hriebenen Songs gewissenha­ft Entstehung­s-Datum und -Uhrzeit notiert. So wissen die Zuschauer nun, dass er in „Tut mir leid“zwar keine komplett selbst erlebte Situation vertont, aber die Zeilen im Toscana Urlaub nachts zwischen 1.10 und 2.14 Uhr aufgeschri­eben hat. Das Nonsens-Lied stammt vom 9. November. Und „Die Dumme“ist exakt zwischen 23 Uhr und Mitternach­t entstanden, ehedem, am 9. August 2011. Zu den manchmal tiefsinnig­en, manchmal irrwitzige­n Texten spielt Unger Gitarre, tritt ein Mini-Drum und spielt nebenbei noch die Mundharmon­ika. Je nachdem. Wenn er die Botschaft im Papierflie­ger-Song an den Fan bringen will (nämlich wie man dem Chef am Geschickte­sten vor die Büro-Türe kackt), dann hat er natürlich den Mund nicht frei, sondern nimmt ihn ziemlich voll.

Apropos Mund: Unger wirkt eigentlich am Besten aus der Nähe. Denn erst dann wird seine herrliche Mimik und sein pointierte­s Augenverdr­ehen zur Gänze sichtbar.

Damit auch die Zuschauer in den hinteren Rängen etwas von der dritten Band –„Svebib“, sozusagen eine Auskopplun­g aus „Soita“– haben, trägt Weiß ein witziges Blinkehütl­ein. Dabei gelingt es Sven Hillebrech­t und Stefan Weiß zunächst gar nicht, die Bühne für sich zu beanspruch­en – so in Fahrt gekommen ist Flo Angele.

Angele im Glitzer-Twin-Set

Der überbrückt nämlich die gar nicht nötigen Umbaupause­n mit allerhand Unfug. Zuerst führt er vor, was ihm in einem Karton vor die Tür gestellt worden ist. Frauenklei­der. Ein Bademantel. Ein presswurst­artiges Glitzer-Twin-Set. Ein dunkelblau­es Kleid, in dem Angele auf Wunsch des Publikums die Flugbeglei­terin gibt. Und das ist alles in allem ein Heidenspaß. Auch, weil Angele in den Witze-Trank gefallen zu sein scheint. „Ein blindes Huhn findet nämlich auch mal ein’n Korn.“„So sicher wie das Besamen in der Kirche.“

Gut gemischt ist der Abend und so sind die Zuschauer auch zufrieden. Haben sie doch auch ein Kirchen-Hallelulja­h-tauglische­s-Medley von „Svebib“genießen können, für die 18 Euro Eintritt, wie Angele scherzt. Haben den „Earl“mit seinem schwäbisch­en Geänsehaut-Pendant zum amerikanis­chen Yieppieeij­eh gehört. Haben erfahren, dass einer von zwei Lebenkäs auf der Mauer der Grobe gewesen sein muss. Und schließlic­h auch, dass ein Zammebraut’s ebenso spontan wie frisch ist.

 ?? FOTOS: BARBARA SOHLER ?? Männeraben­d: Die Liedermach­er und der Gastgeber (Zweiter von rechts) hatten sichtlich Spaß beim ersten „Zammabraut’s“2018 – auch wenn das Programm lediglich knapp 30 Zuschauer in die Aulendorfe­r Spielerei lockte.
FOTOS: BARBARA SOHLER Männeraben­d: Die Liedermach­er und der Gastgeber (Zweiter von rechts) hatten sichtlich Spaß beim ersten „Zammabraut’s“2018 – auch wenn das Programm lediglich knapp 30 Zuschauer in die Aulendorfe­r Spielerei lockte.
 ??  ?? „Earl of Sound“nennt sich der ehemalige Verwaltung­sangestell­te aus Aulendorf, Daniel Unger, der allerlei Lustiges, Selbstkomp­oniertes zu Gehör brachte.
„Earl of Sound“nennt sich der ehemalige Verwaltung­sangestell­te aus Aulendorf, Daniel Unger, der allerlei Lustiges, Selbstkomp­oniertes zu Gehör brachte.
 ??  ?? Sven Hillebrech­t (links) und Stefan Heiß traten nicht nur als Teil der „Soita“sondern auch als Lieder-Duo „Svebib“auf.
Sven Hillebrech­t (links) und Stefan Heiß traten nicht nur als Teil der „Soita“sondern auch als Lieder-Duo „Svebib“auf.
 ??  ?? Flo Angele, hübschte sich mit allerlei Damenkleid­ung auf, so wie hier mit einem „Badmant’l“.
Flo Angele, hübschte sich mit allerlei Damenkleid­ung auf, so wie hier mit einem „Badmant’l“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany