Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die nächste Goldene Generation
Die jungen Holländer schlagen Weltmeister Frankreich mit 2:0 und träumen von einer glorreichen Zukunft
GELSENKIRCHEN (dpa/SID) - Auf der kurzen Busfahrt nach Gelsenkirchen war die Stimmung im OranjeLager bestens. Den Weltmeister geschlagen, den Erzrivalen in die Zweitklassigkeit der Nations League befördert und nun sogar die Chance auf das Endturnier im neuen Wettbewerb. Nach Jahren der Tristesse herrscht in den Niederlanden neue Fußball-Euphorie. „Natürlich hatte ich das nicht erwartet. Was diese Spieler gezeigt haben, ist außergewöhnlich gut. Meine Mannschaft hat ein perfektes Spiel gemacht. Das war ein enormer Schritt“, sagte Bondscoach Ronald Koeman nach dem fulminanten 2:0 gegen Frankreich am Freitagabend in Rotterdam, das Georginio Wijnaldum (44.) und Memphis Depay (90.+6., Foulelfmeter) ermöglichten.
Gegen die DFB-Elf reicht der Elftal heute (20.45 Uhr/ARD) auf Schalke bereits ein Punkt, um sich für das Endturnier in Portugal im kommenden Sommer zu qualifizieren. „Ein holländisches Fest bei einem abgestiegenen Deutschland? Das wäre toll“, sagte der neue Mittelfeldstar Frenkie de Jong keck.
Ansonsten hielten sich Spieler, Medien, und Experten aber mit Sticheleien gegen den großen Nachbarn zurück. „Natürlich ist gesunde Konkurrenz zwischen den beiden Mannschaften noch da. Gegen Holland verliert kein Deutscher gern – und umgekehrt. Aber alles bleibt im sportlichen Rahmen, das ist gut“, sagte der neue Sportdirektor Nico-Jan Hoogma.
Mit Koeman ist es dem früheren HSV-Profi Hoogma in einem Dreivierteljahr gelungen, ein neues Team zu formen, das Spaß macht und international wieder mithalten kann. Nachdem die Niederländer sowohl die EM 2016 als auch die WM 2018 verpasst hatten, sieht die Zukunft im Land des Europameisters von 1988 nun wieder vielversprechend aus. „Dass wir gegen den Weltmeister gewinnen, das hätte noch vor kurzem keiner für möglich gehalten“, sagte der 21 Jahre junge de Jong von Ajax Amsterdam.
De Jong zieht die Fäden
Mit seinem zwei Jahre jüngeren Teamkollegen Matthijs de Ligt ist de Jong der neue Star im Oranje-Land. Schon beim den Nachbarn demütigenden 3:0 gegen Deutschland im Oktober ließ der Spielmacher sein Talent immer wieder aufblitzen. Gegen Frankreich gelang ihm das nun sogar (li.) und Memphis Depay nach dem 3:0 im Hinspiel.
über 90 Minuten. „Die Generation, die nun kommt, ist mit jener zu Beginn des Jahrhunderts zu vergleichen, als van Persie, Robben, van der Vaart und Sneijder kamen“, meinte der renommierte Journalist Simon Kuper. „Seit Sneijder für Oranje debütiert hat, habe ich keinen niederländischen Spieler mehr gesehen, der so Fußball spielen kann wie Frenkie de Jong.“
Der Stimmungsumschwung in Holland ist allgegenwärtig. „Als ob sie aus einem Brunnen voller Selbstvertrauen getrunken haben, so spielt sich das Oranje von Bondscoach Koeman in den Status einer Topmannschaft der Zukunft“, schrieb „de Volkskrant“am Samstag und fragte: „Wer ist eigentlich der Weltmeister?“
Gegen Deutschland will die Elftal den Aufschwung nun fortsetzen. Allerdings
erwartet Wijnaldum („Wir sind alle dieselbe Generation und haben die gleichen Interessen“) große Gegenwehr, auch wenn es für das Team von Bundestrainer Joachim Löw nur noch ums Prestige geht. „Einfach wird es nicht. Sie werden was zeigen wollen, auch wenn sie schon abgestiegen sind“, sagte der 28jährige Mittelfeldspieler vom FC Liverpool. „Aber wir dürfen noch nicht zufrieden sein. Jetzt wollen wir die Gruppe auch gewinnen.“
Koeman allerdings warnt: „Als Trainerteam werden wir immer wieder aufzeigen, wie diese Resultate zustande kommen und warum wir uns weiter konzentrieren müssen.“Denn gerade das erste Duell mit den Deutschen im Oktober in Amsterdam war knapper, als es das Ergebnis aussagte.