Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Angeblich wichtigste Maßnahme umgesetzt
Luftreinhalteplan in Ravensburg: Stadtbusflotte ist jetzt schon umweltfreundlich
RAVENSBURG - Die Umrüstung der Busflotte auf umweltfreundlichere Antriebe beziehungsweise schadstoffärmere Diesel wird von der Stadt Ravensburg und auch vom Regierungspräsidium Tübingen (RP) als wichtigste Maßnahme angepriesen, um die Luft auf der viel befahrenen Schussenstraße und der Gartenstraße sauberer zu bekommen. Wird doch noch ein Luftreinhalteplan vom RP erlassen, dann hat die Busflotte oberste Priorität. Aber das ist offenbar Unsinn. SZ-Recherchen haben ergeben: Die Flotte des Stadtbusses ist längst umweltfreundlich.
Von den 39 Stadtbus-Bussen haben schon 26 einen Erdgasantrieb – schadstoffärmer geht es kaum. Wie Stadtbus-Geschäftsführer Andreas Thiel-Böhm auf Anfrage ausführt, werden die restlichen 13 Dieselfahrzeuge bis Ende Januar 2019 ohnehin ersetzt oder umgerüstet. Fünf Euro-3-Fahrzeuge werden verschrottet und durch Euro-6-Diesel ersetzt, acht Euro-4- und 5-Busse werden mit entsprechender Hardware nachgerüstet, die die Stickoxide aus den Abgasen herausfiltern.
Auch Bernd Grabherr, Busunternehmer aus Waldburg, findet, dass die Busse zu Unrecht verdächtigt werden, für die dicke Luft in Ravensburg verantwortlich zu sein. „Busse sind die Lösung, nicht das Problem“, sagt er. Nicht nur in der Stadt, sondern im ganzen Kreis Ravensburg werde eine sehr umweltfreundliche Flotte eingesetzt. Ein Bus der Euro-6Kategorie sei – anders als viele Euro-6-Autos, bei denen Schadstoffwerte im Labor von den Herstellern durch Betrugssoftware geschönt wurden – tatsächlich schadstoffarm. Das liege an den hohen Temperaturen in den großen Motoren der im dauerhaften Einsatz befindlichen Fahrzeuge. Diese lägen bei 600 bis 800 Grad, wodurch praktisch kein Stickstoffdioxid mehr ausgestoßen wird – anders als bei Autos, die nur kurze Strecken fahren: Kalte Motoren verpesten die Luft nämlich eher.
Abgesehen davon passen in einen Bus 80 bis 150 Menschen hinein. Wenn die alle mit dem Auto fahren würden, wäre das eine größere Umweltbelastung als selbst der älteste Bus, der noch in Ravensburg im Betrieb ist, argumentiert Grabherr. Der Waldburger Busunternehmer, der auch Vorstandsmitglied im Landesverband der Baden-Württembergischen Omnisbusunternehmer (WBO) ist, betont, dass nur vier Prozent aller Stickstoffdioxid-Emissionen des Straßenverkehrs durch Busse erzeugt werden.
Wie berichtet, ist für Ravensburg gerade ein Luftreinhalteplan im Gespräch. Nachdem sich die Stickstoffdioxidwerte 2018 im Vergleich zu 2016 deutlich verbessert haben, will das Regierungspräsidium Tübingen aber erst einmal abwarten, wie sich die Schadstoffbelastung bis Jahresende weiterentwickelt. Sollte der Plan kommen, hat die Umrüstung der Busflotte Priorität eins, sie würde allerdings nur eine Verbesserung von 0,5 Mikrogramm/Kubikmeter Luft bringen – die aktuellen Schadstoffwerte liegen um den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft herum. Auf Rang zwei der Prioritätenliste rangiert die sogenannte Pförtnerung der Gartenstraße aus nördlicher Richtung, bei der Ampelphasen so verlängert werden, dass aus Weingarten kommende Autofahrer lieber gleich rechts abbiegen, als weiter durch die Gartenstraße und die Schussenstraße nach Ravensburg zu fahren. Diese Lösung würde auch nur 0,3 Mikrogramm/Kubikmeter Luft einsparen. Deutlich mehr, nämlich 1,6 Mikrogramm/Kubikmeter Luft, würde die Einführung einer grünen Umweltzone in der Innenstadt bringen. Heißt: ein Fahrverbot für ältere Autos ohne grüne Umweltplakette. Diese Maßnahme hält das RP angesichts der nur schwach überschrittenen Grenzwerte jedoch für „unverhältnismäßig“.