Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Lackierer arbeitete als Arzt und Psychologe
Approbation erschlichen – Patienten offenbar zufrieden – Bewährungsstrafe vor Mannheimer Gericht
MANNHEIM - Mit gefälschten Urkunden hat sich ein 38-Jähriger die Approbation als Arzt und Psychologe erschlichen. Studiert hat der Deutsch-Ungar jedoch noch nie in seinem Leben. Von Beruf ist er Maler und Lackierer. Das Mannheimer Schöffengericht verurteilte ihn jetzt zu zwei Bewährungsstrafen.
Der Angeklagte habe sich unberechtigt als „Dr. med. Dipl.-Psych.“in Mannheim niedergelassen , sagte der Vorsitzende Richter und sprach von einem „Vertrauensmissbrauch“gegenüber den Patienten. Die seien davon ausgegangen, dass der Mann über die nötige Qualifikation verfüge. Die Patienten seien aber „nicht völlig unzufrieden“mit dessen Arbeit gewesen, so der Richter. Keiner habe Strafanzeige gestellt gegen den falschen Doktor und Psychotherapeuten. Das Fachwissen habe er sich „angelesen und Fortbildungen besucht“, berichtete der Angeklagte. Und von seinen Patienten ein „gutes Feedback“erhalten.
110 000 Euro an Honoraren
Die Praxis für Psychosomatik und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychotherapie lag in der Mannheimer Innenstadt. Von 2015 bis 2016 erhielt der Angeklagte Honorare von der Kassenärztlichen Vereinigung in Höhe von 111 000 Euro.
Um seine Approbation in Deutschland zu erlangen, hatte er gefälschte Urkunden einer ungarischen Universität vorgelegt. Demnach hat er ein Psychologiestudium sowie eine Ausbildung zum Kinderund Jugendpsychotherapeuten abgeschlossen. Zudem kaufte er sich eine gefälschte Promotionsurkunde, die ihn als Doktor der Medizin auswies.
Ein Berg von Schulden
Das Gericht befand ihn jetzt der Urkundenfälschung, des Betruges sowie des Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen für schuldig. Der Richter geht von einer „positiven Sozialprognose“aus. Der Angeklagte habe sein Leben „grundlegend geändert“und arbeite jetzt als Rettungssanitäter in Berlin. Diese Ausbildung hat er tatsächlich absolviert. Jetzt sitzt er auf einem Schuldenberg. Denn die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg verlangt die zu Unrecht gezahlten Honorare zurück. Davon sei „so gut wie nichts übrig geblieben“, so der Angeklagte. Er habe damals Steuern entrichtet und Mitarbeiter bezahlt. Ein Vergleich mit der KV sei gescheitert, bedauerte sein Verteidiger.
Der Möchtegernarzt wurde 1980 in Ungarn geboren. Sein Leben nach dem Tod seines Vaters sei für ihn „eine reine Katastrophe“gewesen. Als Jugendlicher zog er mit Mutter und Stiefvater nach Deutschland. Er habe nur schwer Fuß gefasst und „einen Fehler nach dem anderen begangen“. Als ihm in Ungarn gefälschte Studienabschlüsse angeboten wurden, habe er sich finanziell in einer „ausweglosen Lage“gefunden.
Der Mannheimer Fall ist keineswegs einzigartig. Immer wieder gelingt es Möchtegernmedizinern ohne Zulassung als Arzt zu arbeiten.