Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Es läuft für die Kanzlerin
Was für eine Spannung! Was für ein demokratischer Wettbewerb! Die CDU hat sich und der politischen Kultur in der Bundesrepublik einen Gefallen getan, indem sie drei Kandidaten offen um den Parteivorsitz hat ringen lassen. Nach ihrem denkbar knappen Sieg in der Stichwahl wartet auf die neue Vorsitzende Annegret KrampKarrenbauer Überzeugungsarbeit – bei zahlreichen Delegierten aus dem Südwesten, beim Landesverband und bei vielen CDU-Mitgliedern.
In Baden-Württemberg gab es eine große Mehrheit für Friedrich Merz. Von ihm erhofften sich viele eine klarere Positionierung der Volkspartei und mehr Diskussionen als unter der 18-jährigen Ägide Angela Merkels. Die Enttäuschung dort ist groß. Doch die Kanzlerin drückte der Versammlung gleich zu Beginn ihren Stempel auf. Parteitagsregie hin oder her, der Applaus und die Zustimmung für Merkel waren echt, der Abschied hochemotional. Alleine die Rede der vom Parteiamt befreit wirkenden Regierungschefin spielte Kramp-Karrenbauer in die Karten.
Kontinuität war nun die Parole. Keine Retro-CDU der 1990er-Jahre, keine Revolution, kein Bruch mit der Merkel-Linie. Dennoch sollte sich die neue Chefin bemühen, ihre Rivalen einzubinden. In der Endphase des Wahlkampfes war mehrfach die Furcht vor einer Spaltung formuliert worden. Diese Bewertung ist zu dramatisch und mit dem engen Duell um den Chefposten begründet, aber es standen definitiv unterschiedliche Politikstile zur Wahl.
Ob Verletzungen zurückbleiben, liegt jetzt an der neuen Parteiführung. Für die Große Koalition bedeutet die Wahl eine gewisse Entspannung. Aus CDU-Sicht wird Merkel wohl mindestens zwei weitere Jahre im Kanzleramt arbeiten können, bevor sie an ihre Nachfolgerin an der Parteispitze den Kanzlerinnen-Bonus übergeben wird. Auch ohne Parteiamt läuft es für Merkel.