Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die Pechsträhne geht weiter
Ski-Rennfahrer Stefan Luitz kugelt sich die Schulter aus, Felix Neureuther fährt hinterher
ADELBODEN (SID) - Felix Neureuther stand ratlos im Schneeregen von Adelboden und war der Verzweiflung nahe. „Das ist für uns gerade der absolute Worst Case“, sagte der Teamleader über die Pechsträhne der deutschen Alpinen. 24 Stunden nachdem mit Stefan Luitz sein nächster Kollege mit ausgekugelter Schulter ins Krankenhaus geflogen werden musste, stellte Neureuther sein ganzes Tun in Frage. „So“, sagte er nach Platz 15 im Slalom am legendären Chuenisbärgli konsterniert, „so gewinnst du keinen Blumentopf “.
Während Österreichs „Kannibale“Marcel Hirscher seine Weltcup-Siege Nr. 66 und 67 bejubelte, fügte sich Neureuthers Frust nahtlos in das jämmerliche Gesamtbild ein, das der DSV drei Wochen vor WM-Beginn abgibt. Die Abfahrer sind nach den Kreuzbandrissen von Thomas Dreßen und Andreas Sander arg dezimiert, in Adelboden stürzte auch noch Luitz im Riesenslalom – Ausfallzeit offen. „Das Glück ist momentan nicht auf unserer Seite“, klagte Luitz. Der zerknirschte Alpindirektor Wolfgang Maier beklagte: „Ich dachte immer, es geht nicht mehr schlechter. Aber es gibt jedes Mal doch noch eine Steigerung.“
Neureuther ist zwar gesund, aber weit weg von einer Form, die ihn bei den Titelkämpfen im schwedischen Åre (5. bis 17. Februar) zum Medaillenanwärter macht. „Da kommt gerade alles zusammen: Kopf, Körper, Material“, sagte der 34-jährige Partenkirchner, „ich warte auf den Klickmoment“.
Zuletzt gelang ihm stets nur ein ordentlicher Lauf. „Das ärgert mich“, sagte Neureuther, „ich habe andere Ansprüche“. Nach Rang 27 im ersten Lauf habe er zwar „ein bisschen Schadensbegrenzung betrieben, aber momentan ist es mehr Kampf statt Genuss. Mir fehlt ein bisschen der Punch bei jedem Schwung. Da müssen wir uns Gedanken machen.“
Einziger deutscher Lichtblick im Berner Oberland war Dominik Stehle. Der 32-Jährige aus Obermaiselstein erfüllte als Elfter die halbe WMNorm. „Ich bin sehr erleichtert“, sagte er, „die letzte Zeit war nicht so einfach“.
Luitz zittert um die WM
Luitz wertete es schon als Erfolg, dass er nach seinem Krankenhausaufenthalt in Frutigen keine Schmerzen mehr hatte: „Die Schulter ist wieder drin, da bin ich sehr froh.“Doch dass der ohnehin von der leidigen Sauerstoff-Affäre gebeutelte Allgäuer nach seinem Missgeschick nicht noch „ein bisschen Zicki-Zacki“fahren konnte, tat ihm doppelt weh. „Momentan kommt alles auf einmal, aber ich kämpfe immer weiter und werde immer wieder aufstehen. Wegen so etwas lasse ich mich nicht unterkriegen“, sagte er tapfer.
Ob er sich bei seinem Malheur mehr getan hat, als „nur“die Schulter ausgekugelt, sollen weitere Untersuchungen am Montag in München zeigen. Ist sogar die WM in Gefahr? „Das kann ich jetzt so nicht beantworten“, sagte Luitz, der nach seinem Kreuzbandriss bereits Olympia 2018 verpasst hatte, „es fühlt sich nicht so schlecht an, aber ich kann nicht in meine Schulter reinschauen“. Ein WM-Aus von Medaillenkandidat Luitz würde den DSV ins Mark treffen.
Zumindest dem Hauptsacheverfahren in der leidigen Sauerstoff-Affäre beim Sportgerichtshof CAS, wo Luitz um seinen aberkannten Weltcup-Sieg von Beaver Creek kämpfen will, sieht der Verband positiv entgegen. Maier glaubt, „dass das Urteil der FIS nicht unbedingt standhalten muss“.