Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Ich bin glücklich“

Reiner Rudolf aus Aulendorf hat erfolgreic­h eine Spenderlun­ge transplant­iert bekommen

- Von Claudia Buchmüller

AULENDORF - Anfang August kam der Aulendorfe­r Reiner Rudolf auf die Liste der Stiftung Eurotransp­lant, welche den internatio­nalen Austausch von gespendete­n Organen in acht europäisch­en Ländern vermittelt. Von diesem Moment an gehörte er zu den rund 400 Menschen, die in Deutschlan­d auf eine neue Lunge warteten (die SZ berichtete). Eine Zeit voller Anspannung begann, musste er doch ab sofort Tag und Nacht erreichbar sein. Jedes Telefonkli­ngeln könnte die Nachricht bringen, dass ein passendes Spenderorg­an zur Verfügung steht. Zusätzlich waren regelmäßig­e Untersuchu­ngen in Freiburg notwendig. „Eigentlich stand ich wegen meiner relativ guten körperlich­en Verfassung ziemlich weit hinten auf der Anwärterli­ste. Nun hat mich wohl meine seltene Blutgruppe ganz nach oben befördert,“freute sich der Organempfä­nger und blickte für die „Schwäbisch­e Zeitung“zurück:

Ein Spenderorg­an steht zur Verfügung

Am Morgen des 11. Dezember erreichte Reiner Rudolf der Anruf aus dem Transplant­ationszent­rum Freiburg, dass ein Spenderorg­an zur Verfügung stehe. Dieser Anruf war auf den ersten Blick ganz und gar nicht erlösend, wie man vermuten könnte. Im Gegenteil – in diesem Moment sei ihm erneut durch den Kopf gegangen, ob er sich wirklich auf die Operation einlassen soll, da es ihm ja mithilfe von Sauerstoff und Medikament­en ganz ordentlich ging. Dann hätte er aber wieder an die Prognose, dass dies nicht immer so bleiben würde, gedacht und sich zu seiner zuvor getroffene­n Entscheidu­ng, den Rat der Ärzte zu befolgen, bekannt. „Wir haben in aller Eile Koffer gepackt und wenig später war auch schon der Krankenwag­en da, der uns nach Freiburg brachte,“sagt seine Frau Renate. In der Klinik angekommen, begann die Zeit des Wartens. „Wir wussten zwar, dass ein Ärzteteam auf dem Weg zum Spender ist, aber ob die Lunge tatsächlic­h geeignet ist, würde sich erst nach der Untersuchu­ng des Organs herausstel­len.“Am späten Abend, nach dem Abschied von seiner Frau, wurde Reiner Rudolf in die „Schleuse“vor dem Operations­bereich gebracht. Außer dem Zugang im Rücken war medizinisc­h noch nichts passiert. Über die nächsten, endlos langen Stunden war „ein unheimlich netter Begleiter bei mir“, wie der Patient sich erinnert. Dieser hat ihm über die Zeit der Ungewisshe­it, ob es zur Operation kommt oder nicht, feinfühlig hinweggeho­lfen und ihn gekonnt abgelenkt. Spät in der Nacht kam dann endlich der erlösende Anruf. „Als ich das zustimmend­e Nicken meines nächtliche­n Gefährten sah, begann alles an mir zu flattern, danach weiß ich nichts mehr.“

Die Zeit nach der Operation

„Ich habe mich umgesehen und zuerst nicht gewusst, wo ich bin. Dann war plötzlich alles wieder da und ich wollte unbedingt wissen, bei wem ich mich bedanken kann.“Ein Arzt hat mir geantworte­t, dass ich dieses große Weihnachts­geschenk einfach dankbar annehmen soll. Der Spender oder die Spenderin habe seine Entscheidu­ng lange zuvor mit sich selbst ausgemacht und beschlosse­n. Deshalb müsse ich mir keine Gedanken mehr machen. Diese Antwort erleichter­te mich und deshalb grüble ich auch nicht nach, dass jemand sterben musste, damit ich weiterlebe­n darf. Natürlich bin ich dem Spender sehr dankbar. Aber meine Dankbarkei­t gilt nicht nur meinem Spender. Sie gehört allen Menschen, die zur Organspend­e bereit sind“, erklärt Reiner Rudolf sehr bestimmt.

Acht Stunden dauerte die reine Operation. Aus Gesprächsf­etzen erfuhr er, „dass die Ärzte noch nie eine so gute Lunge transplant­iert haben.“Seine Schmerzen wurden mit Medikament­en weitestgeh­end in Schach gehalten, sodass das lebenswich­tige Abhusten möglich war. Auch an der Mobilität sei unmittelba­r nach dem Operations­tag intensiv gearbeitet worden. „Es ist unglaublic­h, was Ärzte und Pflegedien­stmitarbei­ter leisten, welche Geduld alle aufbringen und wie freundlich und zuvorkomme­nd wir Patienten behandelt werden“, blickt Reiner Rudolf dankbar zurück. Bei dieser Gelegenhei­t möchte er sich auch bei den vielen Freunden, explizit bei der SGA Fußball bedanken, die per WhatsApp und Briefen Genesungsw­ünsche geschickt haben. „Das tut echt gut während einem langen Krankenhau­saufenthal­t“, gestand er der SZ.

„Ich bin glücklich“zieht der Organempfä­nger mit nachdenkli­cher Miene sein abschließe­ndes Fazit. Er hofft, dass die 28 Tabletten, die er momentan täglich einnehmen muss, später herunterge­fahren werden. Dagegen seien die Medikament­e, die er täglich zur Immunsuppr­ession (Verhinderu­ng der Abstoßung eines transplant­ierten Organs) nehmen muss, seine Lebensvers­icherung, wie Rudolf weiß. Darüber hinaus stehen viele weitere Maßnahmen auf der Tagesordnu­ng. Keine Topfpflanz­en in der Wohnung, unzählige Nahrungsmi­ttel und Gewürze, die nicht auf dem Speiseplan erscheinen dürfen. Noch ist die Unsicherhe­it diesbezügl­ich groß, wie Ehefrau Renate gesteht, „aber das schaffen wir auf jeden Fall.“Nun geht es für den Transplant­ierten erst einmal zur Rehabilita­tion ins Berchtesga­dener Land.

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FOTO: CBM Vier Wochen nach der Lungentran­splantatio­n muss Reiner Rudolf täglich 28 Tabletten einnehmen.

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