Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Ich bin glücklich“
Reiner Rudolf aus Aulendorf hat erfolgreich eine Spenderlunge transplantiert bekommen
AULENDORF - Anfang August kam der Aulendorfer Reiner Rudolf auf die Liste der Stiftung Eurotransplant, welche den internationalen Austausch von gespendeten Organen in acht europäischen Ländern vermittelt. Von diesem Moment an gehörte er zu den rund 400 Menschen, die in Deutschland auf eine neue Lunge warteten (die SZ berichtete). Eine Zeit voller Anspannung begann, musste er doch ab sofort Tag und Nacht erreichbar sein. Jedes Telefonklingeln könnte die Nachricht bringen, dass ein passendes Spenderorgan zur Verfügung steht. Zusätzlich waren regelmäßige Untersuchungen in Freiburg notwendig. „Eigentlich stand ich wegen meiner relativ guten körperlichen Verfassung ziemlich weit hinten auf der Anwärterliste. Nun hat mich wohl meine seltene Blutgruppe ganz nach oben befördert,“freute sich der Organempfänger und blickte für die „Schwäbische Zeitung“zurück:
Ein Spenderorgan steht zur Verfügung
Am Morgen des 11. Dezember erreichte Reiner Rudolf der Anruf aus dem Transplantationszentrum Freiburg, dass ein Spenderorgan zur Verfügung stehe. Dieser Anruf war auf den ersten Blick ganz und gar nicht erlösend, wie man vermuten könnte. Im Gegenteil – in diesem Moment sei ihm erneut durch den Kopf gegangen, ob er sich wirklich auf die Operation einlassen soll, da es ihm ja mithilfe von Sauerstoff und Medikamenten ganz ordentlich ging. Dann hätte er aber wieder an die Prognose, dass dies nicht immer so bleiben würde, gedacht und sich zu seiner zuvor getroffenen Entscheidung, den Rat der Ärzte zu befolgen, bekannt. „Wir haben in aller Eile Koffer gepackt und wenig später war auch schon der Krankenwagen da, der uns nach Freiburg brachte,“sagt seine Frau Renate. In der Klinik angekommen, begann die Zeit des Wartens. „Wir wussten zwar, dass ein Ärzteteam auf dem Weg zum Spender ist, aber ob die Lunge tatsächlich geeignet ist, würde sich erst nach der Untersuchung des Organs herausstellen.“Am späten Abend, nach dem Abschied von seiner Frau, wurde Reiner Rudolf in die „Schleuse“vor dem Operationsbereich gebracht. Außer dem Zugang im Rücken war medizinisch noch nichts passiert. Über die nächsten, endlos langen Stunden war „ein unheimlich netter Begleiter bei mir“, wie der Patient sich erinnert. Dieser hat ihm über die Zeit der Ungewissheit, ob es zur Operation kommt oder nicht, feinfühlig hinweggeholfen und ihn gekonnt abgelenkt. Spät in der Nacht kam dann endlich der erlösende Anruf. „Als ich das zustimmende Nicken meines nächtlichen Gefährten sah, begann alles an mir zu flattern, danach weiß ich nichts mehr.“
Die Zeit nach der Operation
„Ich habe mich umgesehen und zuerst nicht gewusst, wo ich bin. Dann war plötzlich alles wieder da und ich wollte unbedingt wissen, bei wem ich mich bedanken kann.“Ein Arzt hat mir geantwortet, dass ich dieses große Weihnachtsgeschenk einfach dankbar annehmen soll. Der Spender oder die Spenderin habe seine Entscheidung lange zuvor mit sich selbst ausgemacht und beschlossen. Deshalb müsse ich mir keine Gedanken mehr machen. Diese Antwort erleichterte mich und deshalb grüble ich auch nicht nach, dass jemand sterben musste, damit ich weiterleben darf. Natürlich bin ich dem Spender sehr dankbar. Aber meine Dankbarkeit gilt nicht nur meinem Spender. Sie gehört allen Menschen, die zur Organspende bereit sind“, erklärt Reiner Rudolf sehr bestimmt.
Acht Stunden dauerte die reine Operation. Aus Gesprächsfetzen erfuhr er, „dass die Ärzte noch nie eine so gute Lunge transplantiert haben.“Seine Schmerzen wurden mit Medikamenten weitestgehend in Schach gehalten, sodass das lebenswichtige Abhusten möglich war. Auch an der Mobilität sei unmittelbar nach dem Operationstag intensiv gearbeitet worden. „Es ist unglaublich, was Ärzte und Pflegedienstmitarbeiter leisten, welche Geduld alle aufbringen und wie freundlich und zuvorkommend wir Patienten behandelt werden“, blickt Reiner Rudolf dankbar zurück. Bei dieser Gelegenheit möchte er sich auch bei den vielen Freunden, explizit bei der SGA Fußball bedanken, die per WhatsApp und Briefen Genesungswünsche geschickt haben. „Das tut echt gut während einem langen Krankenhausaufenthalt“, gestand er der SZ.
„Ich bin glücklich“zieht der Organempfänger mit nachdenklicher Miene sein abschließendes Fazit. Er hofft, dass die 28 Tabletten, die er momentan täglich einnehmen muss, später heruntergefahren werden. Dagegen seien die Medikamente, die er täglich zur Immunsuppression (Verhinderung der Abstoßung eines transplantierten Organs) nehmen muss, seine Lebensversicherung, wie Rudolf weiß. Darüber hinaus stehen viele weitere Maßnahmen auf der Tagesordnung. Keine Topfpflanzen in der Wohnung, unzählige Nahrungsmittel und Gewürze, die nicht auf dem Speiseplan erscheinen dürfen. Noch ist die Unsicherheit diesbezüglich groß, wie Ehefrau Renate gesteht, „aber das schaffen wir auf jeden Fall.“Nun geht es für den Transplantierten erst einmal zur Rehabilitation ins Berchtesgadener Land.