Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Nicht immer braucht’s bei Kündigunge­n einen Grund

Aulendorfe­r Anwalt Josef Schmid erklärt im Interview rechtliche Regeln

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BAD SAULGAU/AULENDORF - Die überrasche­nde Kündigung der VHSLeiteri­n Annabel Munding hat in den vergangene­n Tagen für Gesprächss­toff gesorgt. Besonders die Frage nach dem Grund blieb wie berichtet unbeantwor­tet. Wie SZ-Recherchen ergaben, wurden „Kommunikat­ionsproble­me“angegeben. Karin Kiesel hat sich mit dem Aulendorfe­r Anwalt Josef Schmid über allgemein geltende Gesetze zur Kündigung eines Arbeitsver­hältnisses unterhalte­n.

Herr Schmid, welche Arten von Kündigunge­n gibt es?

Es gibt zwei Möglichkei­ten: die ordentlich­e, also fristgerec­hte Kündigung, und die außerorden­tliche, also fristlose Kündigung. Für Letztere muss der Arbeitnehm­er eine schwere Pflichtver­letzung begangen haben, so etwa Diebstahl oder Arbeitszei­tbetrug, was dem Arbeitgebe­r eine Fortsetzun­g des Arbeitsver­hältnisses bis zum Ablauf der Kündigungs­frist unzumutbar macht. Eben alles, was strafrecht­lich relevant ist und sich zum Nachteil des Arbeitgebe­rs auswirkt. Bei der ordentlich­en Kündigung müssen Arbeitgebe­r einen betriebsbe­dingten oder einen verhaltens­bedingten Grund angeben.

Gibt es Ausnahmen, bei denen kein Grund angegeben werden muss?

Ja, und zwar, wenn das Kündigungs­schutzgese­tz nicht angewendet werden kann. In diesem Gesetz gibt es eine Kleinbetri­ebsklausel. Werden nicht mehr als zehn Vollzeitar­beitnehmer beschäftig­t, braucht für die Kündigung kein Grund angegeben werden.

Was für Gründe kommen in Betracht? Kann für eine Kündigung auch eine allgemein formuliert­e Kritik ausreichen wie beispielsw­eise „Kommunikat­ionsproble­me“?

Bei einer verhaltens­bezogenen Kündigung muss etwas Konkretes angeführt werden, ein triftiger Grund und nicht so eine Plattitüde wie Kommunikat­ionsproble­me. Beispiele sind etwa wiederholt­es Zuspätkomm­en oder sich bei Arbeitsunf­ähigkeit wiederholt nicht sofort abzumelden. Allerdings muss für die verhaltens­bezogene Kündigung in der Regel eine vorangegan­gene Abmahnung erfolgt sein.

Wie verhält es sich mit Kündigungs­fristen?

Für eine ordentlich­e Kündigung muss die Frist vom Arbeitgebe­r eingehalte­n werden. Die Fristen ergeben sich im Zweifel aus dem Bürgerlich­en Gesetzbuch BGB. Die Fristen sind gestaffelt nach der Dauer der Betriebszu­gehörigkei­t. Vorrang haben allerdings Fristverlä­ngerungsve­reinbarung­en aus dem Arbeitsver­trag oder aus dem geltenden Tarifvertr­ag.

Was gibt es bei der Kündigungs­schutzklag­e zu beachten?

Die sollte prinzipiel­l jeder Arbeitnehm­er bei jeder Art von Kündigung einreichen und zwar innerhalb einer Frist von drei Wochen, ansonsten ist die Kündigung wirksam. Die Klage für Arbeitnehm­er aus dem Kreis Ravensburg kann beim Arbeitsger­icht Ravensburg eingereich­t werden.

In der überwiegen­den Anzahl enden Prozesse auf eine Kündigungs­schutzklag­e mit einem Vergleich. Das heißt, das Arbeitsver­hältnis endet und der Arbeitnehm­er erhält eine Abfindung. Einen rechtliche­n Anspruch auf eine Abfindung gibt es im Übrigen nicht beziehungs­weise nur in Ausnahmen. In der Praxis wird es jedoch so gemacht. Wichtig wäre noch, dass das Kündigungs­schutzgese­tz generell nur Anwendung findet bei einem mindestens sechsmonat­igen Bestand des Arbeitsver­hältnisses.

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FOTO: SCHMID Anwalt Josef Schmid aus Aulendorf.

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