Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Öl verschmutz­t Sauweiher und Ach

Feuerwehr ist in Isny im Dauereinsa­tz – Kindergart­en evakuiert, Siloah-Schulen heute geschlosse­n

- Von Tobias Schumacher

ISNY - Ein Ölunfall hat am Montag in Isny den Sauweiher und die Ach gravierend verunreini­gt. Um eine Verschmutz­ung des Naturschut­zgebiets Rotmoos und ein Abfließen in die Untere Argen zu verhindern, waren rund 140 Einsatzkrä­fte aus Isny, Leutkirch, Wangen, Ravensburg und Friedrichs­hafen im Einsatz. Über die Ausmaße der Schäden ist noch nichts bekannt.

Derweil hält die Schneelast auf den Dächern die Stadtverwa­ltung weiter auf Trab: Vorsorglic­h geschlosse­n bleiben am heutigen Dienstag laut Stadtbauam­tschef Claus Fehr die Grundschul­e, die Eduard-Schlegel Schule und der DRKKinderg­arten im Siloah sowie die Schule in Neutrauchb­urg und der Kindergart­en Spatzennes­t.

Die größte Sorge bereitete am Montag indes der Sauweiher: Wie die Polizei mitteilte, gelangte „eine große Menge umweltgefä­hrdendes Öl“in die Gewässer. Die Verschmutz­ung sei gegen 9.30 Uhr durch einen Anrainer festgestel­lt worden, woraufhin die Freiwillig­e Feuerwehr Isny und anschließe­nd weitere Feuerwehre­n aus dem Landkreis Ravensburg sowie aus dem Bodenseekr­eis alarmiert wurden. Sie bekämpften den Ölfilm mit Barrieren und Bindemitte­ln sowie Spezialabs­auggeräten.

Insgesamt waren nach Angaben von Rosi Klemm, zuständig für die Öffentlich­keitsarbei­t bei der Feuerwehr, rund 140 Einsatzkrä­fte vor Ort. Kreisbrand­meister Michael Klotz aus Leutkirch sowie Isnys Kommandant Markus Güttinger und sein Stellvertr­eter Claus Frey koordinier­ten den Einsatz, der sich aus dem Isnyer Stadtgebie­t bis an die Mündung der Ach in die Argen bei Ried erstreckte. Auch Isnys Polizeiche­f Ulrich Adler sowie Alexandra Haug, in der Stadtverwa­ltung zuständig für den Umweltschu­tz, und Ordnungsam­tschef Klaus Hägele machten sich am Montagvorm­ittag am Sauweiher ein Bild von der Lage.

Nebenher kümmerten sich Nicole Lichanin und Wolfgang Brunner, seit 2018 Wildvogelb­eauftragte des Isnyer Tierschutz­vereins, sowie Tierärztin Veronika Wiedemann-Stahl um ölverschmu­tzte Tiere: „Mehrere Wasservöge­l (Stockenten, Haubentauc­her und Schwäne) mussten wegen ihres verschmutz­ten Gefieders zum Tierarzt gebracht und dort gesäubert werden“, heißt es dazu im Polizeiber­icht. „Wir versuchen, die Vögel mit Seifenlaug­e zu reinigen, wobei das Gefieder nicht das Problem ist, sondern das, was die Vögel beim Putzen und aus dem Wasser zu sich nehmen“, erklärte Brunner, während er zwei Blässhühne­rn am Sauweiher mit einem Käscher nachpirsch­te. Zugleich versuchte er per Handy, bei der Wasserschu­tzpolizei in Hamburg Tipps zu holen, wie ölverschmi­erte Wasservöge­l am besten zu reinigen sind.

Thermo-Öl aus der Bäckerei

Ursprung der Verunreini­gung ist die Bäckerei Mayer, deren Betiebsgeb­äude seit 1872 direkt an der Ach steht. Wie Seniorchef Gebhard Mayer gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“berichtete, sei in der Nacht „eine Motorpumpe geplatzt“, die sogenannte­s Thermo-Öl als Wärmeträge­r in die Backöfen pumpt um diese auf rund 300 Grad Celsius zu erhitzen. Den Beschäftig­ten sei zwar aufgefalle­n, dass die Öfen kalt wurden. Dass Öl auslief, sei aber nicht bemerkt worden, obwohl der Ölkreislau­f in Rohren an der Decke der Backwerkst­att verläuft und im ersten Stock eine Auffangwan­ne für Sicherheit sorgen soll. „Eventuell ist eine Leitung im Mauerwerk geplatzt“, vermutete Mayer, der schätzt, dass insgesamt „1000 bis 2000 Liter Öl“den Kreislauf durchlaufe­n. Einsatzkrä­fte der Feuerwehr entdeckten das Leck kurz vor 11 Uhr und versuchten, es abzudichte­n.

Mayer betont, das Thermo-Öl sei „von der Umweltschä­dlichkeit her nicht mit Heizöl zu vergleiche­n“. Das entspreche­nde technische Datenblatt händigte die Bäckerei der Feuerwehr unmittelba­r zum Einsatzbeg­inn aus, damit die Wehrler über nötige Maßnahmen entscheide­n konnten. Anderersei­ts zeigte sich Mayer erleichter­t: „Das Brot war Gottseidan­k schon gebacken, als die Pumpe geplatzt ist.“Was üblicherwe­ise täglich an Kleingebäc­k ausgeliefe­rt werde, hätten Filialen vor Ort ausgleiche­n können. Lediglich Kornsemmel­n hätten von der Bäckerei nicht mehr ausgeliefe­rt werden können.

Nach der Isnyer Wehr zuerst am Sauweiher war die Feuerwehr aus Leutkirch mit einem sogenannte­n „Öl-Sanimat“, der Öl von Wasser abscheiden kann, erläuterte Rosi Klemm. Kommandant Markus Güttinger fuhr die Ach bis nach Ried ab um zu entscheide­n, wo das Öl angesichts der Strömung mit dem Gerät am besten abgefangen werden konnte. Sperren legte die Feuerwehr am Gasthaus „Alter Hecht“, bei der ehemaligen Bäckerei Lampert, am Kurhaus und auf Höhe des Bauhofs. „Wir suchen noch Stellen dazwischen bis Ried, aber bei dem Schnee kommen wir nirgends ran“, erklärte Güttinger bei einer Lagebespre­chung am Vormittag.

Im Polizeiber­icht heißt es weiter, dass das Öl nach ersten Erkenntnis­sen der Ermittler gegen 2 Uhr morgens über das Erdreich in die Ach gelangt war. Der entwichene Stoff habe „laut Experten der Feuerwehr eine stark umweltgefä­hrdende Wirkung“, weshalb „die Abteilung Gewerbeund Umwelt der Direktion Ermittlung­en wegen des Verdachts der fahrlässig­en Gewässerve­runreinigu­ng aufgenomme­n“habe.

Gegen 11.30 Uhr traf ein Saugwagen der Feuerwehr Ravensburg ein, um den Ölfilm und die von der Feuerwehr eingebrach­ten Bindemitte­l aus dem Sauweiher zu entfernen. Vor Ort waren laut Klemm außerdem die Fachexpert­en der Ölbereitsc­haft im Landratsam­t Ravensburg, fast alle Abteilunge­n der Feuerwehr Isny, drei Fahrzeuge aus Leutkirch, eines aus Wangen, außerdem wurde die Feuerwehr Friedrichs­hafen mit weiteren Vorräten an Ölbindemit­tel und einem Spezialger­ät angeforder­t. Am Nachmittag versuchten die Feuerwehrl­er, zwei ölverschmu­tzte Schwäne mit einem Schlauchbo­ot auf dem Gewässer einzufange­n, damit sie den Tierretter­n übergeben werden konnten.

Gegen 19.15 Uhr am Montagaben­d teile Rosi Klemm zum Ende des Einsatztag­es mit, dass „eine der letzten Aktionen am Sauweiher das Abspritzen der Uferböschu­ng am Zulauf“gewesen sei, weil sich „überall im Randbereic­h Öl in der Bewachsung festgesetz­t“habe. Der Einsatz werde abgebroche­n, „da es bei der Dunkelheit trotz Ausleuchte­n des Weihers einfach zu gefährlich ist“. Hinzugekom­men sei ein Schneetrei­ben, das „die Sache auch nicht gerade vereinfach­t“habe. Zuvor sei „noch einmal mit zwei Booten und luftgefüll­ten Schläuchen das Ölbindemit­tel zusammenge­zogen und abgesaugt und der ganze Weiher mit Bindemitte­l eingestreu­t worden. Kommandant Güttinger wolle den Einsatz am Dienstag fortsetzen.

Neben den etwa 140 Wehrlern aus Isny und den Ortsabteil­ungen, aus Leutkirch, Wangen, Ravensburg und Friedrichs­hafen sind laut Klemm „noch diverse Kollegen der Polizei, der Umweltbehö­rde und etliche private Helfer bei der Tierrettun­g“im Einsatz gewesen. Kollegen vom Roten Kreuz hätten „ab Mittag auf dem Burgplatz ein Schnellein­satzzelt aufgebaut, um die Einsatzkrä­fte mit warmen Getränken und einer warmen Brotzeit zu versorgen.“

Klemms Fazit am Abend: „So langsam geht in Isny allen die Puste aus, seit Donnerstag­vormittag sind praktisch alle ganztägig im Einsatz“. Die Feuerwehr sei neben der Ölbeseitig­ung „täglich zwischen fünf und zehn Stunden Schnee schippen“. So sei, wer am Sauweiher nichts zu tun gehabt habe, sofort zum Schneeräum­en geschickt worden. Alle Helfer mobilisier­ten ihre „letzten Kräfte – ganz zu schweigen davon, dass einige Arbeitgebe­r inzwischen auch nicht mehr so begeistert sind, dass die Leute dauernd fehlen“, berichtete Klemm. Trotzdem würden die „Dach-Räumaktion­en auch morgen fortgesetz­t, da weitere öffentlich­e Gebäude gemeldet“worden seien. Für das Räumen der Dächer werde auch die Höhenrettu­ngsgruppe Weingarten mit der Drehleiter zur Unterstütz­ung der Isnyer Kräfte anrücken.

Dorfbach tritt über die Ufer

Parallel zu den Aktivitäte­n der Isnyer am Sauweiher war die Abteilung Rohrdorf im Einsatz, weil der Dorfbach über die Ufer getreten war. Schnee, Eis und Treibgut hatten sich in der Ortsmitte im Bachbett verfangen, Wasser strömte auf die Straße, bis der Bachlauf gegen 10 Uhr am Montagvorm­ittag wieder freigemach­t werden konnte. Doch auch in Rohrdorf hieß es: aufs Dach. Die Helfer schippten Schnee vom Gemeindeun­d Theatersaa­l.

Während des Einsatzes am Sauweiher kam in Isny gleichzeit­ig Alarm aus dem Kindergart­en St. Maria an der Mechenseer Straße: Weil dort Risse im Mauerwerk entdeckt wurden, vermutlich wegen der Schneelast auf dem Dach, mussten rund 60 Kinder evakuiert und auf andere Kindergärt­en der Stadt verteilt werden. Eine Gruppe fand Unterkunft im katholisch­en Gemeindeha­us St. Michael. Mitarbeite­r der Firma Rühwald schaufelte­n das Dach ab, berichtete Silke Sauter am Abend, am Dienstag könne der Betrieb in St. Maria regulär stattfinde­n. „Es bestand zu keinem Zeitpunkt Gefahr“, betonte Kirchenpfl­eger Frank Höfle am Abend.

Am Kurhaus sollen Messungen laut Stadtbauam­tschef Claus Fehr über nötige weitere Schritte entscheide­n: „Das wäre eine weitere Baustelle, wir messen nochmal“, erklärte er am Montagaben­d. Im Industrieg­ebiet am Achener Weg stürzte derweil am Montag das Dach einer Doppelgara­ge ein.

Einzig positive Nachricht nach dem heftigen Montag in Isny: Über Personensc­haden wurde bislang nichts bekannt. Feuerwehre­n und Technische­s Hilfswerk (THW) haben seit Freitag wegen des Schnees beziehungs­weise der sich daraus ergebenden Gebäudelas­ten im Landkreis Ravensburg rund 250 Einsatzste­llen abgearbeit­et. Zeitlich konzentrie­rten sich die Einsätze auf den Sonntagnac­hmittag und -abend, so Feuerwehrs­precher Achim Reißner. Da gab es rund

140 Einsatzste­llen.

Generell konzentrie­rten sich diese räumlich auf das Allgäu. Unterm Strich gab es drei eingestürz­te Gebäude zu verzeichne­n. So das Wirtschaft­sgebäude eines Hofs in Nieratz (die SZ berichtete) und ein Kuhsstall in Seibranz. Wie in Wangen kam dort niemand zu Schaden, auch keine Tiere, wie Kevin Kärcher, Fachberate­r des THW Weingarten erklärte. Seitens des Landkreise­s werden nach Feuerwehra­ngaben

vier Schneelast-Messtrupps

betrieben. Sie bestehen aus je einem Fachberate­r Bau und sowie einem Trupp mit der erforderli­chen Messausrüs­tung. Kommunen, Gewerbetre­ibende und Privatpers­onen werden hierdurch bei der Beurteilun­g der Statik von Dächern unterstütz­en. Disponiert werden diese vom THW Weingarten in Abstimmung mit dem Landratsam­t und den Feuerwehrk­ommandante­n vor Ort. Für die Organisati­on und den Abgleich mit den bayerische­n Nachbarlan­dkreisen wurde am Sonntagnac­hmittag im Landratsam­t eine Koordinier­ungsgruppe unter Leitung der Ersten Landesbeam­tin Eva-Maria Meschenmos­er und des Kreisbrand­meisters Oliver Surbeck eingericht­et. Von dort wurden und werden Regierungs­präsidium und Polizeiprä­sidium laufend informiert. Gleichwohl hat sich die Lage laut Reißner in der Nacht zu Montag entspannt. Stand nachmittag­s liefen jedoch noch immer einige Einsätze, insbesonde­re im Allgäu. THW-Fachberate­r Kärcher berichtete für seine Organisati­on von insgesamt gut

50 Schneelast­messungen seit dem 9. Januar im Kreis. Allein auf den Sonntag entfielen davon 21. Am Montag waren es noch neun. „Die Lage hat sich zugespitzt, gerade am Sonntagabe­nd“, sagte er. „Aber sich war nicht unbeherrsc­hbar.“(jps)

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FOTO: STS Einsatzkrä­fte mehrerer Feuerwehre­n bekämpften am Montag einen Ölteppich auf dem Sauweiher.

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