Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Plattenkiste
Boy Harsher: Careful
Boy Harsher machen es dem Zuhörer auf ihrer zweiten LP „Careful“(Nude Club) alles andere als einfach. Denn die zehn eindringlichen, zumeist Neo-Dark-WaveTracks des Duos aus Massachusetts, verlangen ungeteilte Aufmerksamkeit.
So dreht sich auf „Careful“alles um die Widersprüchlichkeiten der Liebe, gar um ihre negativen Auswüchse, wie Freude und Angst, Zärtlichkeit und Schmerz. Wer Liebe verstehen will, müsse akzeptieren, dass sie sich auflöst, dass sie Sorgen und Enttäuschungen mit sich bringt, das sei die Botschaft von „Careful“, meinen die beiden. Eine Warnung solle das Album sein.
Ursprünglich wollten Augustus Muller und Jae Matthews die Komplexität von Beziehungen aufzeigen. Doch nachdem der Stiefvater von Matthews stirbt und bei ihrer Mutter kurz darauf Demenz festgestellt wird, ändert sich die Botschaft. Nun reflektiert das Duo über den Verlust – Tod sei nichts anderes als ein Synonym für Verlassenwerden, meinen sie. Der Verlust des Partner ist in ihren Augen unvermeidlich, ganz gleich, ob dieser stirbt oder „einfach nur“die Beziehung beendet.
Schwere Kost, an der sich das Duo intensiv abarbeitet – offenbar auf der Suche nach einer Katharsis, die aber nie gewährt wird. Dabei lassen die präzisen, hämmernden Beats und intensiven Synthie-Klangwelten aus Geräuschen, Verzerrungen und Soundwänden die emotionsgeladenen Erzählungen greifbar werden. „Careful“ist ein gewöhnungsbedürftiges Album, das jedoch zu fesseln weiß, wenn man sich auf das Düstere einlässt. (iau)