Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
An der Donau geht es dem Biber an den Pelz
Umsiedeln oder erlegen: Baden-Württemberg will Bayerns Regeln für den Nager testen
STUTTGART (tja) - In der Donauregion im Grenzgebiet zu Bayern könnten Biber künftig leichter umgesiedelt oder auch erlegt werden. Der erste Wildtierbericht des Landes empfiehlt, dort ähnliche Regeln wie in Bayern zu testen. Im Freistaat werden jährlich etwa 1500 Biber erlegt, im Südwesten wurde noch keine Tötung genehmigt. Der Bericht liefert die Grundlage für Entscheidungen darüber, welche Tiere dem Jagd- und Wild tier management gesetz unterstellt werden. Geht es nach den Autoren, gehören Wolf und Biber weiter nicht dazu. Sie dürfen nur in absoluten Ausnahmen erlegt werden – für den Biber sollen aber Alternativen getestet werden. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) wollte sich zu Details nicht äußern, weil sich das Kabinett erst am Dienstag mit der Sache befasst. Vor dem Landesjägertag in Sigmaringen sagte er jedoch: „Wir haben 5500 Biber im Land, pro Jahr werden es ein Drittel mehr. Wir werden dem nicht Herr, wenn wir den natürlichen, jährlichen Zuwachs nicht abschöpfen.“Es bedürfe eines „sinnvollen Managements“.
STUTTGART - Wie steht es um Fuchs, Höckerschwan und Rothirsch? Welche Wildtiere dürfen gejagt werden? Solche Fragen beantwortet zum ersten Mal der Wildtierbericht des Landes. Am Dienstag stellt Agrarminister Peter Hauk (CDU) das Dokument seinen Kabinettskollegen vor. Eine Konsequenz des Berichts: Biber zu töten dürfte in Teilen des Landes künftig leichter sein. Vorbild ist Bayern, wo jährlich rund 1500 Biber erlegt werden.
Das Land muss alle drei Jahre einen Wildtierbericht erstellen. So sieht es das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) vor, das seit 2015 gilt. Grüne und SPD hatten es beschlossen – gegen heftigen Widerstand der Jäger und der CDU. Deren Fraktionschef damals: Peter Hauk. Er ist heute als Agrarminister verantwortlich für die Jagd. Es kommt immer wieder zu Konflikten mit Umweltminister Franz Untersteller (Grüne), der für geschützte Arten zuständig ist. Auch diese fallen zum Teil unter das neue Gesetz.
Keine Jagd auf den Wolf
Denn das Regelwerk erlaubt keineswegs den Abschuss jedes Wildtiers. Die aufgelisteten 46 Arten sind drei Schalen zugeordnet. In die erste gehören etwa Reh oder Fuchs, sie dürfen gejagt werden. Ihre Bestände sind gesichert. In die zweite Schale fallen zum Beispiel Feldhase oder Krickente. Die Jagd auf sie unterliegt strengen Auflagen. Besonders geschützte Arten fallen in die dritte Schale. Auf Tiere wie das Auerhuhn oder den Luchs dürfen Jäger gar nicht anlegen.
Zwei Tierarten stehen im Fokus der Debatte: Wolf und Biber. Beide gehören nicht zu den 46 im JWMG aufgelisteten Arten. Der Wolf, weil er erst seit 2015 wieder im Südwesten gesichtet wurde, derzeit lebt ein Tier im Nordschwarzwald. Der Biber war ausgerottet, wanderte von Bayern wieder ein. Sein Bestand wuchs auf heute 5500 Tiere. Die große Frage im Vorfeld lautete daher: Werden Wolf und Biber ins JWMG aufgenommen?
Beim Wolf haben sich die Minister geeinigt: Er kommt zunächst nicht ins Jagdrecht. Dies sei angesichts
eines einzigen heimischen Tieres nicht zweckmäßig, die Situation werde aber bis zur Veröffentlichung des nächsten Wildtierberichts 2021 genau beobachtet. Damit braucht es weiter eine Ausnahmegenehmigung, um einen Wolf zu erlegen. So einen Fall gab es in Deutschland bislang erst zweimal.
Anders beim Biber. Auch er fällt zwar weiter nicht ins JWMG. „Die Tatsache, dass der Biber noch Gewässer findet, die für ihn besiedelbar sind, zeigt, dass eine biologische Sättigungsgrenze noch nicht erreicht ist“, heißt es im Bericht. Die Tiere trügen zu natürlichen Gewässer- und Uferlandschaften bei. Das Bibermanagement funktioniere gut, Konfliktfälle etwa mit Landwirten bekomme man durch Beratung und finanzielle Förderung für die Sicherung von Ufern meistens in den Griff.
Bayern tötet rund 1500 Biber
Doch viele Landwirte und Gemeinden klagen über Biber, deren Staudämme Schäden verursachen. Zuletzt scheiterte die Gemeinde Mietingen (Kreis Biberach) vor Gericht mit dem Wunsch, Biber umsiedeln zu dürfen. Die Tiere hätten den Hochwasserschutz zerstört.
Wegen der anhaltenden Probleme will sich das Land das bayerische Bibermanagement als Vorbild nehmen. Der Bericht empfiehlt, eine Zone einzurichten, in der andere Regeln gelten als im Rest des Landes. Wo genau, wollen die Ministerien noch aushandeln. Es gehe um die „in besonderer Weise von der Biberproblematik betroffenen Donauregion, Grenzregion zu Bayern“.
Ein Biberabschuss wurde im Südwesten noch nie erlaubt, im Freistaat werden pro Jahr rund 1500 Biber erlegt. Zwar müssen auch dort Behörden dies in jedem Einzelfall genehmigen. Aber die Hürden dafür sind wesentlich niedriger als in BadenWürttemberg. Während im Freistaat bereits ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden reichen kann, müssen im Südwesten in der Regel Straßen oder Bahndämme durch Biberbauten gefährdet sein.
Betroffene Landwirte bekommen sowohl in Bayern als auch im Südwesten Rat von haupt- und ehrenamtlichen Biberexperten. Beide Länder zahlen in der Regel, wenn Betroffene Schutzzäune oder ähnliches aufstellen müssen. Eine Entschädigung für Ernteausfälle erhalten die Landwirte in Baden-Württemberg nicht. Das ist im Freistaat anders, hier gibt es einen Ausgleichsfonds des Landes. Der beläuft sich auf 450 000 Euro pro Jahr. Die gemeldeten Schäden liegen höher, jedem Antragsteller wurden daher 2017 nur 67 Prozent der Schadensumme erstattet.
Ob ein solches Instrument auch für den Südwesten getestet wird, ist derzeit offen – Umweltminister Untersteller hatte es zuletzt stets ausgeschlossen.