Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Verspieltes Vertrauen
Absprachen sind nicht verboten, solange sie die Qualität von Produkten verbessern oder Innovationen befördern. Illegal ist das Verhalten laut Kommission, weil die Konzerne Innovationen verhindert haben, von denen die Autofahrer und die Umwelt profitiert hätten. Und die hinter den Absprachen stehende Motivation ist auch geschäftlicher Natur. Zu große Harnstofftanks hätten Platz gekostet, zum Beispiel im Kofferraum. Die Fahrzeuge wären schlechter zu verkaufen. Auch der Herstellungspreis mag eine Rolle gespielt haben.
Der Fall ist einmal mehr ein Beleg dafür, dass die Autokonzerne sich lange Zeit unangreifbar fühlten. Von der Bundesregierung, gleich unter welcher Partei geführt, mussten sie nichts befürchten. In Berlin gab es keinerlei Interesse genau hinzuschauen, wie es um den Schadstoffausstoß und die dahinterstehenden Technologien steht. Hauptsache, die Industrie florierte. Womöglich hätte die EU-Kommission ohne die Selbstanzeigen von Daimler und später VW von dieser Verfehlung gar nichts mitbekommen. Aber im Gegensatz zur Bundesregierung macht sie in Kenntnis dieser auch ernst.
Dabei sind Absprachen zukünftig auf vielen Feldern notwendig. Egal ob es um das autonome Fahren oder Standards und Produktion bei der Elektromobilität geht. Die Kräfte müssen an vielen Stellen gebündelt werden, wenn die deutsche Industrie wettbewerbsfähig bleiben will. Einfach darauf zu vertrauen, dass die Unternehmen diese Kooperationen ganz im Sinne des Gesetzes gestalten, wäre nach den Erfahrungen fatal. Dieses Vertrauen haben die Unternehmen nachhaltig verspielt. Die Politik muss künftig genauer hinschauen.