Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Bei der Kanzlerin hängen keine Nolde-Bilder mehr
BERLIN (sz/dpa) - Die Bilder Emil Noldes (1867-1956) sind beliebt. Auch im Amtszimmer der Kanzlerin hingen zwei. Die Nationalsozialisten diffamierten sein Werk als „entartet“, was es dem Künstler ermöglichte, sich nach 1945 als Opfer darzustellen. Doch Nolde war nicht nur formal Mitglied der NSDAP, sondern ein glühender Anhänger des Nationalsozialismus, Antisemit und Rassist. Unter Experten längst bekannt, wurde die Rolle des Künstlers in der NSZeit in der Öffentlichkeit lange Zeit eher verschleiert. Dies will die Ausstellung „Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“im Hamburger Bahnhof in Berlin (12.4. bis 15.9.) ändern.
Für diese Schau nun hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der die Bilder gehören, „Blumengarten – Thersens Haus“und „Brecher“vom Kanzleramt zurückgefordert. Dort ist man der Bitte offenbar gern gefolgt. Doch manche Kritiker fragen. Warum erst jetzt? Jürgen Kaube schreibt in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die Bundesregierung solle sich nicht hinter der Stiftung verstecken. Angefordert habe die Bilder einst Helmut Schmidt für sein Amtszimmer. Kaube schreibt: „Dass die Bilder eines Nationalsozialisten, auch wenn es keine nationalsozialistischen Bilder sind, eine zweifelhafte Wahl für einen solchen Staatsort waren, liegt auf der Hand.“
Die Bundesregierung hat die Rückgabe nicht weiter begründet. „Es ist nicht die Sache der Bundeskanzlerin, hier historische Bewertungen vorzunehmen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag während der Bundespressekonferenz in Berlin.
Künftig werden „Haus unter Bäumen“(1910) und „Häuser am Kanal“(1912) des Expressionisten Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) im Amtszimmer hängen, ebenfalls Leihgaben des Preußischen Kulturbesitzes.