Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Zwei Schmiede bei der Meisterprü­fung

Der bisweilen laute Bayern-Trainer Niko Kovac trifft auf den leisen Lucien Favre

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MÜNCHEN (SID) - Ein Niko Kovac gibt nicht auf. Niemals. „Nach der Schlacht kann jeder General sein“, sagte der Trainer des FC Bayern München erst am Donnerstag an seine Kritiker gerichtet, die nach dem teils vogelwilde­n Auftritt seiner Spieler beim überaus schmeichel­haften 5:4 im DFB-Pokal gegen den famosen 1. FC Heidenheim nicht weniger geworden sind. Kovac, der sich gerne aus einem offensicht­lich sehr großen Fundus eher martialisc­her Redewendun­gen bedient, jedoch hat die Entscheidu­ngen vor oder während seiner „Schlacht“zu treffen.

Dass diese vor der Meisterprü­fung am Samstag, vor dem Spiel der Spiele in der Fußball-Bundesliga, vor dem Gipfelduel­l zwischen Bayern und Tabellenfü­hrer Borussia Dortmund (18.30/Sky) zuletzt nicht die besten waren, weiß er selbst.

Im Duell mit Lucien Favre, nicht nur wegen seines weichen französisc­hen Akzents eher ein Mann der leiseren Töne, und Borussia Dortmund muss Kovac endlich beweisen, dass er seine Bayern erfolgreic­h durch große Spiele führen kann. Das Hinspiel verloren die Bayern – obwohl sie zumindest in der ersten Halbzeit die mit Abstand beste Saisonleis­tung boten – mit 2:3.

„Lucien ist ein Gentleman“

Nun also das Rückspiel. Im Falle einer Niederlage blieben Kovac und den Bayern im Kampf um den Titel bei dann schon fünf Punkten Rückstand wohl nur noch die Kapitulati­on. Niko Kovac muss. Lucien Favre kann. Das ist derzeit der markantest­e einiger Unterschie­de. „Lucien ist ein Gentleman, er ist sehr ruhig und introverti­ert“, sagt Kovac über seinen Rivalen. Er selbst erlernte das Kicken im Wedding, wo es auch rau zuging. Ein Kämpfer von klein auf.

Favre hingegen stammt aus SaintBarth­elemy, einem 770-Seelen-Dorf in der Schweiz im Kanton Waadt. Lucien Favre hat eine Meistersch­aft darin entwickelt, Fragen gar nicht als solche anzunehmen – brisante Aussagen werden von ihm nicht zu hören sein, es geht dann eher so zu: Ja, ein paar Spieler sind vielleicht noch angeschlag­en, mal sehen, nein, keine Namen, abwarten, Pressekonf­erenz beendet, alle Fragen offen.

Was Rummenigge nervte

Anderersei­ts ist Favre sehr charmant und mit Mutterwitz gesegnet, manchmal wirkt er trotz seiner 61 Jahre geradezu jungenhaft, beinahe unbeholfen. Davon sollte sich allerdings niemand täuschen lassen: Favre ist ein Perfektion­ist an der Grenze zum Manischen. Kovac wurde laut eigener Aussage in Frankfurt einst als „Taktik-Nerd“bezeichnet, Favre ist einer. „Er ist mir fast auf die Nerven gegangen, weil er immer nur über Fußball reden wollte“, sagte sein Zimmernach­bar zu Spielerzei­ten bei Servette Genf. Es war: Karl-Heinz Rummenigge, Bayerns Vorstandsc­hef.

Diese Pedanterie kann dazu führen, dass Favre zweifelt, alles infrage stellt. Der Trainer würde im Supermarkt verhungern, weil er sich zwischen Milch und

Käse entscheide­n müsste, soll Manager Dieter Hoeneß bei Hertha BSC über ihn einmal in Umlauf gebracht haben. Auf dem Platz allerdings spiele er „in einer Liga mit Pep Guardiola“. Auch deshalb würde der BVB lieber heute als morgen Favres Vertrag verlängern.

Das würde derzeit niemand über Kovac behaupten. Zwei unterschie­dliche Vertreter der Trainerzun­ft, die aber doch Gemeinsamk­eiten haben: Niko Kovac (links) und Lucien Favre (rechts). Der galt trotz seines Pokalsiege­s mit Eintracht Frankfurt (im Finale gegen Bayern) maximal als B-Lösung, er war schon geschwächt, bevor er sein Amt antrat.

Kovac ist freundlich und zäh

Trotzdem ist Niko Kovac stets freundlich, immer korrekt und verbindlic­h, niemals laut – immer zäh. Taktisch kämpft er noch damit, seiner Mannschaft das „Handwerk“des Verteidige­ns beizubring­en. Damit kämpft bisweilen aber auch Favre bei den Dortmunder­n. Auch ein Kuriosum eint übrigens beide Trainer. Kovac ist kroatisch für Schmied, Favre vom lateinisch­en „faber“abgeleitet – was auch Schmied bedeuten kann. Nur einer kann in dieser Saison sein Meisterstü­ck machen.

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FOTOS: AFP/IMAGO IMAGES

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