Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Die meisten Autofahrer polieren zu viel“

Experte Christian Petzoldt verrät die besten Pflegetipp­s für den Lack

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Christian Petzoldt beschäftig­t sich seit fast 40 Jahren mit Lacken und Polituren. Er brachte das Mikrofaser­poliertuch und die Reinigungs­knete nach Deutschlan­d und entwickelt­e eigene Produkte zur Erhaltung des Fahrzeugla­cks. Im Interview mit Fabian Hoberg verrät er die wichtigste­n Autopflege­tipps.

Was machen viele Autofahrer bei der Fahrzeugpf­lege falsch?

Viele Autofahrer lassen Schmutz zu lange auf dem Lack. Alle außergewöh­nlichen Verschmutz­ungen wie Vogelkot, Baumharze oder Industriea­blagerung müssen sofort entfernt werden, da zählt jede Stunde. Denn sie greifen zuerst die Konservier­ung des Lackes und anschließe­nd den Lack an und können sich bei starker Sonneneins­trahlung in den Lack brennen. Dann hilft nur noch eine aufwendige Aufbereitu­ng, wie das Polieren mit anschließe­ndem Versiegeln.

Ist das denn schlimm?

Bei jeder Politur trage ich selbst mit feinkörnig­en Mitteln Substanz des Lackes ab. Mit jedem Polieren reduzieren sich die Lackschich­t und dafür mit der UV-Schutz. Farbtiefe verringert sich und Farbpigmen­te verbleiche­n, wenn zu viel Lack abgetragen wird. Besser ist es deshalb, den Lack mit einer guten Versiegelu­ng zu schützen und das Auto regelmäßig zu waschen. Die meisten Autofahrer schützen den Lack zu wenig und polieren zu viel. Dadurch reduzieren sie nur unnötig die Lackschich­tstärke.

Wie pflegen Sie Ihr Auto?

Ganz klassisch per Handwäsche, mit zwei Eimern lauwarmem Wasser. In dem einen ist ein mildes AutowaschS­hampoo und im anderen klares Wasser. Dort spüle ich meine Autowasch-Werkzeuge aus, wringe sie danach aus, um frisches ShampooWas­ser wieder aufzunehme­n. Sonst bleibt der Dreck im Schaum und im Schwamm, so dass er später Kratzer auf dem Lack erzeugt. Dann wasche ich mein Auto von oben nach unten. Sektionswe­ise, also zuerst das Dach, dann die Haube, dann den Kofferraum und anschließe­nd die Seiten, allerdings zuerst nur zur Hälfte. Denn die unteren Seiten sind meist stark vom Brems-, Reifenabri­eb und gröberen Artikeln verschmutz­t, dabenutze ich ein anderes Waschwerkz­eug, ganz gleich, ob Schwamm oder Waschhands­chuh. Sonst verreibe ich den Straßenabr­ieb auf dem Lack, was wiederum feine Kratzer nach sich zieht. Nach der Wäsche reinige ich mein Waschwerkz­eug vorab im Handwaschb­ecken mit einem speziellen Waschmitte­l unter fließendem Wasser.

Welche Fehler unterlaufe­n vielen Autofahrer­n beim Waschen?

Zuerst vergessen sie das regelmäßig­e Reinigen der Schwämme und Waschhands­chuhe. Eine gründliche Wäsche ist wichtig, da Schmutzres­te im Waschwerkz­eug die meisten Spuren und Kratzer im Lack produziere­n. Die lassen sich anschließe­nd nur durchs Polieren entfernen, was wiederum den Lack abträgt. Eine spezielle Reinigungs­knete nimmt Partikel auf der Oberfläche auf, damit diese nicht später wie Schmiergel­körner den Lack verkratzen. Das ist entscheide­nd bei weiteren Schritten wie Polieren oder Konservier­en. Oftmals beachten Autofahrer die Einwirkzei­t der Chemie nicht. Wenn die Vorwäsche zu lange auf dem Lack verbleibt, kann es zu Verätzunge­n kommen. Auch Gummidicht­ungen werden durch zu lange Standzeit angegriffe­n, eloxierte Teile können verätzen. Das passiert häufig im Sommer, wenn lange Schlangen vor der Waschstraß­e entstehen.

Wie häufig sollten Fahrzeug waschen? Besitzer ihr

Pauschal kann ich das nicht beantworte­n, da es von der jährlichen Laufleistu­ng des Autos und der Verschmutz­ung der Fahrzeugob­erfläche abhängt. Ab 180 km/h zerstören zunehmend kleine Steinschlä­ge die Lackoberfl­äche. Bei einem Stadtauto, das rund 12 000 Kilometer im Jahr zurücklegt, empfehle ich eine wöchentlic­he Fahrzeugwä­sche und eine sofortige nach außergewöh­nlichen Verschmutz­ungen. Das schont den Lack, da ein häufiges Polieren verhindert wird.

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FOTO: DPA Christian Pet- zoldt

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