Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Dieses Auto weckt Frühlingsgefühle
Der neue Audi A1 präsentiert sich modern und sportlich
Gelb wie der Flieder ist der Audi A1 – ein Hingucker. Mit schwarz abgesetztem Dach, keilförmigen Flanken und Schwellern, tiefem Frontgrill und wabenförmigen Lufteinlässen steht er auf 18 Zoll großen Rädern da. Die Ingolstädter haben dem biederen, 2010 erstmals aufgelegten Kleinwagen eine Verjüngungskur verordnet, die ihn sportlicher aussehen lässt. Seine Anleihen aus der Oberklasse sind unverkennbar: Drei horizontale Schlitze unterhalb der Motorhaube waren schon Markenzeichen der Quattros.
Zum sportlichen Charakter trägt nicht nur das scharf geschnittene Blechkleid bei. Unter der Haube des Testwagens steckt ein Kraftpaket, das aus dem knapp 1,2 Tonnen leichten Auto ein Sportgerät macht. Zwei sichtbare Abgasendrohre verweisen auf die Topmotorisierung, die es in sich hat. 200 PS leistet der 2.0 TFSI, was den Audi in 6,5 Sekunden auf 100 Stundenkilometer sprinten lässt und auf bis zu 235 km/h beschleunigt. Ersteres haben wir gestoppt, letzteres mögen wir gerne glauben. Audi bietet für den A1 drei weitere Benzinmotoren mit 95, 116 und 150 PS an. Diese Antriebe dürften für das Leichtgewicht völlig ausreichend sein. Ein Diesel ist nicht im Programm.
Bei einer Länge von 4,03 Meter (plus 53 mm gegenüber dem Vorgängermodell) strebt der neue A1 zwar Richtung Kompaktklasse, die Innenraumverhältnisse bewegen sich jedoch im Kleinwagenformat. Vor allem vermissen wir Ablagen. Literflaschen finden zwar in den Vordertüren Platz, aber in die Box unter der Mittelarmlehne passt nicht mal eine Sonnenbrille. Während Fahrer und Beifahrer auf langen Strecken keinen Blutstau in den Beinen oder Rückenbeschwerden befürchten müssen, sind Passagiere im Fond für Zwischenstopps dankbar. Der Gepäckraum ist um 65 Liter gewachsen und weist jetzt ein Volumen von 335 bis 1090 Litern auf. Das entspricht dem
eines VW Polo. Im Cockpit hat neben gelben Dekorleisten und Ambientebeleuchtung die digitale Zukunft Einzug gehalten. Vieles ist eckig und kantig geraten. Die inneren Türöffner laufen nach vorne spitz zu, und ein beleuchtetes Rechteck umrahmt die Armaturen. Sogar das Lenkrad ist nicht rund, sondern unten abgeflacht. Hinsichtlich der Wertigkeit und Verarbeitung der Materialien macht Audi keine Kompromisse. Selbst im kleinsten Modell rangiert alles auf Premium-Niveau.
Das Versprechen „Vorsprung durch Technik“löst Audi im A1 zumindest in der höheren Ausstattung S line und im Spitzenmodell 40 TFSI ein. Das im Testwagen verbaute Audi virtual Cockpit bringt neben Daten des Bordcomputers auch Navigationskarten und Grafiken von Fahrassistenten direkt ins Sichtfeld des Fahrers.
Der zum Fahrer geneigte Touchscreen (8,8 oder 10,1 Zoll) sieht mit seiner nahtlosen schwarzen Glasoptik nicht nur gut aus, er lässt sich auch gut ablesen und bedienen. Ob Telefon, Radio oder Navigation. Mit der Spracheingabe ist die Steuerung der Infotainmentdienste ohne Ablenkung möglich. Smartphones lassen sich mit zwei USB-Schnittstellen andocken oder kabellos laden. Klima, Lüftung und Lautstärke werden mit Knöpfen geregelt. Auch die Handbremse funktioniert mechanisch.
Radar, Front- und Rückfahrkameras sowie Ultraschallsensoren füttern die Assistenten mit Daten. Serienmäßig sind nur ein Spurverlassungswarner, ein Geschwindigkeitsbegrenzer sowie ein Notbremsassistent an Bord. Optional lässt sich ein adaptiver Geschwindigkeitsassistent mit Stop&Go-Funktion und ein Parkassistent ordern. Beide leisten gute Dienste, wenn man sie denn nutzt.
Auch wenn der A1 40 keineswegs aggressiv daherkommt, gleicht das Fahrgefühl eher einem Sportwagen als einem Kleinwagen. Im unteren Drehzahlbereich brummt der Vierzylinder tief und leise vor sich hin. Das Auto bläht sich aber mit steigender Drehzahl akustisch richtig auf, wobei sich der Motorsound über das Fahrdynamiksystem verändern lässt. In der Einstellung dynamic wird das Fahrverhalten härter, und die Lenkung reagiert direkter. Schaltet man noch die Siebengang S Tonic auf den Modus S, steigt auch das Drehzahlniveau. Dann empfiehlt es sich, die Bang & Olufsen Audioanlage entweder auf stumm zu schalten oder die Lautstärke hochzudrehen. Die elf Lautsprecher können gegen den Motorsound locker mithalten. Überzeugende Fahrleistung, wendig, hochwertige Materialien, gute Verarbeitung
Keine Sorge muss sich der Fahrer um die Beherrschbarkeit des Flitzers machen. Das Fahrwerk nimmt Kurven souverän und lässt Unebenheiten auf der Fahrbahn deutlich spüren. Komfortabel fühlt sich zwar anders an, aber bei einem so hoch motorisierten Kleinwagen darf man keine Sänfte erwarten. Das SechsGang-Automatikgetriebe passt sich dem Fahrstil an, findet stets die richtige Stufe und schaltet nahezu unmerklich. Die Bremsen, die im Dynamikpaket auf roten Sätteln sitzen, packen schon bei leichtem Druck aufs Pedal beherzt zu. Lange Aufpreisliste, zu wenig Ablagen
Der Durchschnittsverbrauch im Testbetrieb liegt bei 7,7 Liter pro 100 km. Bei zurückhaltender Fahrweise dürfte eine Sechs vor dem Komma stehen. Der Einstiegspreis für die 95 PS-Version des Audi A1 liegt bei 19 950 Euro.
Nahezu 40 000 Euro kostet der Testwagen. Audi berechnet für eine Mittelarmlehne vorn 150 Euro und für das Ablagepaket 110 Euro. Das finden wir unverhältnismäßig, um nicht zu sagen dreist.