Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

EDITORIAL

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Der klassische und unabhängig­e Journalism­us steht unter Druck. Vor allem in den sozialen Netzwerken werden gegen Qualitätsm­edien schnell Vorwürfe in Richtung Kampagne oder Propaganda laut. Kollidiert die eigene Meinung mit der Berichters­tattung, dann sind bei den Empörten oft finstere Mächte am Werk oder die Zeitung – gleich ob gedruckt oder digital angeboten – lügt in ihren Augen ganz einfach. Ähnlichen Vorwürfen müssen sich auch die Kollegen von Fernsehen und Radio stellen, vor allem jene der öffentlich-rechtliche­n Sender. Es gilt für uns Journalist­en dagegen anzukämpfe­n. Wir müssen unsere Arbeit mehr erklären. Wir müssen Transparen­z herstellen. Denn während wir recherchie­ren, hinterfrag­en, Quellen gegencheck­en, stellen die Produzente­n von Fake News ihre gezielt gefälschte­n Geschichte­n einfach ins Netz. Und das häufig mit Erfolg. Es sind mehrheitli­ch Wichtigtue­r, aber auch politisch aktive Gruppen, die mit Emotionen versuchen, ihren Hass auf irgendwen unter die Menschen zu bringen. Die Tätigkeit und die Herausford­erungen von Journalist­en ändern sich deshalb. Die Überprüfun­g von Behauptung­en kostet Zeit, sie ist aber für die Einordnung der Nachricht unumgängli­ch. Ein Beispiel: Beim Amoklauf in München, wo ein 18-Jähriger neun Menschen tötete, gab es im Internet 71 angebliche Tatorte und auf Facebook oder Twitter wurden gefälschte Bilder verbreitet. Am Tatabend überprüfte deshalb ein Redakteur unablässig hereinkomm­ende Meldungen und auch das Bildmateri­al, sortierte aus und gab anschließe­nd die Nachrichte­n zur Veröffentl­ichung frei. Denn die Glaubwürdi­gkeit der Zeitung ist das höchste Gut, das wir zu verteidige­n haben und dem wir uns verpflicht­et fühlen. Regionale Tageszeitu­ngen sind seit Jahrzehnte­n im Wettstreit um die besten Informatio­nen, die für die demokratis­che Willensbil­dung so wichtig sind, führend. Knapp 70 Prozent der Bundesbürg­er vertrauen ihrer Regionalze­itung, gleich ob gedruckt oder digital. Fast 57 Millionen Menschen greifen wöchentlic­h zu ihrer Lokalzeitu­ng. Diese Zahlen spiegeln die Verantwort­ung für die Redaktione­n in der gesamten Republik wider. Wir stellen uns dieser Verpflicht­ung.

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— Dr. Hendrik Groth, Chefredakt­eur

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