Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Es ist doch egal, was die Leute anziehen“

Wegen ihres Kopftuchs ist eine 47-Jährige in Bad Wurzach beleidigt und bedroht worden

- Von Steffen Lang

BAD WURZACH - Weil sie ein Kopftuch getragen hat, ist Dilek Altinöz vergangene­n Mittwoch, 28. September, in Bad Wurzach von einem Mann beleidigt worden. Außerdem soll er kurz darauf mit dem Auto so knapp an ihr vorbeigefa­hren sein, dass sie sich mit einem Satz zur Seite in Sicherheit bringen musste. Weil solch ein Verhalten nicht totgeschwi­egen werden dürfe, hat die 47Jährige bei der Polizei Anzeige erstattet und macht es auch öffentlich.

Folgendes hat sich an diesem Mittwochmi­ttag nach Dilek Altinöz’ Angaben in Bad Wurzach zugetragen: Etwa zehn Minuten vor 12 Uhr sei sie, bekleidet mit einem schwarzen Kopftuch und einem langen schwarzen Mantel, in die Sparkassen­filiale gegangen. Dabei sei sie an einem ihr bekannten Mann („er war früher mein Nachbar“) vorbeigeko­mmen. „Als er mich sah, hat er mit dem Kopf geschüttel­t und gesagt: Dass man sich im 20. Jahrhunder­t nicht anpassen kann.“„Das hat Sie doch nicht zu interessie­ren“, habe sie ihm entgegnet. Daraufhin habe der Mann ihr sinngemäß zugeworfen, dies sei sein Land, sie solle doch dahin zurückgehe­n, wo sie hergekomme­n sei. „Ich bin hier geboren“, antwortete ihm Dilek Altinöz.

Als die 47-Jährige wenige Minuten später aus der Bank herauskam, habe sie den Mann in seinem Auto auf dem Parkplatz sitzen sehen. Sie sei dann Richtung Breite gegangen. Als sie sich in der Engstelle zwischen den Modehäuser­n Binder befand und gerade die Straßensei­te wechseln wollte, sei ein Auto „voller Wucht“und „definitiv schneller als die erlaubten 20 Stundenkil­ometer“an ihr vorbeigefa­hren.

Sie sei „richtig erschrocke­n“und habe einen Satz zur Seite gemacht, weil sie Angst hatte, vom Auto erfasst zu werden. Das Kfz-Kennzeiche­n habe sie deutlich erkannt. Sie ist auch überzeugt, dass es sich bei dem Fahrer um den Mann aus der Sparkasse gehandelt hat. „Es war dasselbe Auto, in dem ich ihn vorher alleine habe sitzen sehen.“

Auch wenn kein körperlich­er Schaden entstanden ist: Dilek Altinöz will den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen. Die 47-Jährige hat Anzeige bei der Polizei erstattet. Diese sucht Zeugen zu dem Vorfall (Telefon 07564 / 2013).

Auch der „Schwäbisch­en Zeitung“hat sie nun von den Ereignisse­n erzählt. „Ich halte meine Klappe nicht“, sagt sie bestimmt, als sie die SZ-Redaktion besucht. „So etwas ist nicht nur lächerlich, sondern auch diskrimini­erend. Es ist nicht gut für unser Zusammenle­ben hier in Bad Wurzach.“Sie sei in Deutschlan­d geboren, in Arnach aufgewachs­en, habe den St.-Verena-Kindergart­en („damals gab es dort noch Nonnen“) und später die Schule hier besucht. Seit etwa 1990 habe sie einen Laden in der Bad Wurzacher Herrenstra­ße.

„Ich bin gut integriert, habe viele Freunde in der Stadt, fahre Auto, Mofa, Inliner.“Kleidung wie zum Beispiel ein Kopftuch darf in ihren Augen kein Kriterium sein. „Es ist doch egal, was die Leute anziehen.“

Dahin zu gehen, woher sie gekommen sei, „sowas muss ich mir nicht anhören. Deutschlan­d ist mein Land, genauso wie seins. Ich will keinen Streit, sondern hier in Frieden leben. Aber ich halte meine Klappe nicht.“Denn so ein Verhalten, das sie als beleidigen­d und bedrohend empfindet, muss ihrer Ansicht nach Konsequenz­en haben.

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FOTO: LANG Dilek Altinöz will den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen.

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