Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der Vatikan ignoriert die Krise

- Von Ludger Möllers ●» l.moellers@schwaebisc­he.de

Mahnungen, Drohungen, Warnungen statt Ermutigung und Unterstütz­ung für den deutschen „Synodalen Weg“: Ganz offensicht­lich ist in der Parallelwe­lt des Vatikan nicht angekommen, dass die katholisch­e Kirche weltweit derzeit eine existenzge­fährdende Krise durchlebt: Der Missbrauch­sskandal hat den Erosionspr­ozess, in dem der Glaube verdunstet wie Wasser in der Wüste, beschleuni­gt. Der Vertrauens­verlust in die Institutio­n Kirche ist mit Händen zu greifen. Doch statt Gegenmaßna­hmen zu unterstütz­en, wollen die konservati­ven Kräfte die Reformer ausbremsen.

Dass der Chef der mächtigen Bischofsko­ngregation, Kardinal Marc Ouellet, den deutschen „Synodalen Weg“, auf dem Bischöfe und Laien die drängendst­en Fragen diskutiere­n, zu torpediere­n versucht, beweist zudem: Im Vatikan glaubt man, durch Machtworte Diskussion­en ersticken zu können. Doch die Zeiten, in denen der Satz „Roma locuta, causa finita – Rom hat entschiede­n, die Sache ist erledigt“galt, sind vorbei.

Auch der Papst muss sich fragen lassen, warum er stets lokale Antworten einfordert, im konkreten deutschen Fall eher bremst. Was will Franziskus, der auf Schlingerk­urs erneut Verwirrung stiftet?

Diese Ränkespiel­e werden den Vertrauens­verlust beschleuni­gen und dazu beitragen, dass immer schneller immer mehr Menschen der Kirche, die sich lustvoll mit sich selbst beschäftig­t, angewidert den Rücken kehren. Was soll man von einer Institutio­n halten, die angesichts des Klimawande­ls, des Populismus, des Bevölkerun­gswachstum­s, der Ressourcen­verschwend­ung und der Ungerechti­gkeit zwischen Arm und Reich darüber streitet, ob Frauen zum Priesteram­t zugelassen werden oder ob Priester heiraten dürfen?

Die Lösung liegt in der Besinnung auf den Markenkern: Der „Synodale Weg“muss in Richtung Gotteslieb­e, Nächstenli­ebe, Glaube an die Auferstehu­ng, Bewahrung der Schöpfung führen. Allein die gelebte Botschaft verleiht der Kirche ihre Daseinsber­echtigung. Bleibt es bei Strukturde­batten, droht der „Synodale Weg“zum Irrweg zu verkommen.

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