Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der Vatikan ignoriert die Krise
Mahnungen, Drohungen, Warnungen statt Ermutigung und Unterstützung für den deutschen „Synodalen Weg“: Ganz offensichtlich ist in der Parallelwelt des Vatikan nicht angekommen, dass die katholische Kirche weltweit derzeit eine existenzgefährdende Krise durchlebt: Der Missbrauchsskandal hat den Erosionsprozess, in dem der Glaube verdunstet wie Wasser in der Wüste, beschleunigt. Der Vertrauensverlust in die Institution Kirche ist mit Händen zu greifen. Doch statt Gegenmaßnahmen zu unterstützen, wollen die konservativen Kräfte die Reformer ausbremsen.
Dass der Chef der mächtigen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, den deutschen „Synodalen Weg“, auf dem Bischöfe und Laien die drängendsten Fragen diskutieren, zu torpedieren versucht, beweist zudem: Im Vatikan glaubt man, durch Machtworte Diskussionen ersticken zu können. Doch die Zeiten, in denen der Satz „Roma locuta, causa finita – Rom hat entschieden, die Sache ist erledigt“galt, sind vorbei.
Auch der Papst muss sich fragen lassen, warum er stets lokale Antworten einfordert, im konkreten deutschen Fall eher bremst. Was will Franziskus, der auf Schlingerkurs erneut Verwirrung stiftet?
Diese Ränkespiele werden den Vertrauensverlust beschleunigen und dazu beitragen, dass immer schneller immer mehr Menschen der Kirche, die sich lustvoll mit sich selbst beschäftigt, angewidert den Rücken kehren. Was soll man von einer Institution halten, die angesichts des Klimawandels, des Populismus, des Bevölkerungswachstums, der Ressourcenverschwendung und der Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich darüber streitet, ob Frauen zum Priesteramt zugelassen werden oder ob Priester heiraten dürfen?
Die Lösung liegt in der Besinnung auf den Markenkern: Der „Synodale Weg“muss in Richtung Gottesliebe, Nächstenliebe, Glaube an die Auferstehung, Bewahrung der Schöpfung führen. Allein die gelebte Botschaft verleiht der Kirche ihre Daseinsberechtigung. Bleibt es bei Strukturdebatten, droht der „Synodale Weg“zum Irrweg zu verkommen.