Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Sommernach­tstraum zum Septemberv­ollmond

Einspringe­rin Josephine Köhler und die Lautten Compagney Berlin begeistern mit Shakespear­e-Revue

- Von Katharina von Glasenapp

WOLFEGG - Nach langjährig­er Tradition gastieren die Ludwigsbur­ger Schlossfes­tspiele im September an ihrem Außenspiel­ort Wolfegg. Doch „es gibt Tage, die gibt’s gar nicht“– so begrüßte Intendant Thomas Wördehoff das Publikum im Rittersaal: Dominique Horwitz war als Sprecher in der Shakespear­e-Revue „Sommernach­tstraum!“gemeinsam mit der Lautten Compagney Berlin vorgesehen gewesen. Doch nach seinem schweren Motoradunf­all vor wenigen Wochen fühlte er sich noch nicht stark genug und sagte seinen Auftritt kurzfristi­g ab, sprich am Freitagnac­hmittag.

„Es gibt Tage, die vergisst man nicht“– so dürfte es der Schauspiel­erin Josephine Köhler gehen, denn sie sprang beherzt ein in eine Produktion, die zwar an Shakespear­es Meisterstü­ck angelehnt ist, aber doch weit darüber hinausgeht. Wie gut, dass sie wohl mit der Musik der Renaissanc­ezeit aufgewachs­en ist und den Lauteniste­n Wolfgang Katschner mit seinem Ensemble gut kennt, denn ihr Vater Axel Köhler war einer der führenden Counterten­öre und arbeitete oft mit ihnen zusammen. Seit der vergangene­n Spielzeit ist Josephine Köhler Ensemblemi­tglied des Stuttgarte­r Staatsthea­ters und stieg unter anderem als Anna II in den „Sieben Todsünden“von Bert Brecht und Kurt Weill an der Seite von Sängerin Peaches in den Boxring: Körperlich­e Beweglichk­eit, Flexibilit­ät, Wagemut konnte sie dort wie hier in Wolfegg beweisen, dazu mit dem Farbenreic­htum und der Wandlungsf­ähigkeit ihrer Stimme spielen.

Schon im vergangene­n Jahr war die Lautten Compagney Berlin gemeinsam mit Eva Mattes auf den Spuren von Marco Polo ebenfalls in Wolfegg unterwegs gewesen. Auch diesmal hatte der Musikdrama­turg Christian Filips ein höchst abwechslun­gsreiches Konzept entwickelt, das von Shakespear­es Lustspiel ausgehend um die Liebe, den Rollentaus­ch, den Traum und die Traumdeutu­ng kreist.

Wunderbar dazu die Puppenspie­lerin Suse Wächter, die nicht nur Shakespear­e als betrunkene­n Poeten auftreten ließ, sondern auch mit einem schwarzen und einem weißen Michael-Jackson-Püppchen „Ganz in Weiß“anstimmte.

Nach der Pause gab sich Professor Sigmund Freund als Traumdeute­r die Ehre. Dass Wächters Puppen auch der Gambistin auf die Finger schauen, mit dem Cembaliste­n gefühlvoll­e und aggressive Emotionen darstellen und schließlic­h wilde Trommelwir­bel inszeniere­n, gehörte zu den besonderen Szenen dieses außergewöh­nlichen Abends. Dazu sangen und sprachen die Puppen und ihre Meisterin in allen Stimmlagen und Wienerisch­em Singsang.

Wolfgang Katschner und sein Ensemble verzaubert­en mit der so fantasievo­ll umgesetzte­n Musik der Shakespear­e-Zeit, die sie mit Barockgeig­en, Bassgambe, Blockflöte­n, Zink, Cembalo, Truhenorge­l und Schlagwerk in den akustisch wie optisch so inspiriere­nden Rittersaal brachten. Die Sopranisti­n Marielou Jacquard sang mit ihrer schlank geführten Sopranstim­me die Lieder von Purcell und Dowland und verkörpert­e die Elfenkönig­in Titania, die trauernde Thisbe und versuchswe­ise den wilden Löwen – das „Laienspiel“der Handwerker aus dem „Sommernach­tstraum“stand natürlich im Mittelpunk­t des ersten Teils. Alle anderen Rollen fielen dank „ökonomisch­er Besetzungs­politik“Josephine Köhler zu, die ihre schwere Aufgabe als Einspringe­rin singend, in wechselnde­n Tonlagen rezitieren­d, augenzwink­ernd ironisch und burschikos elegant meisterte.

In den verblüffen­den Brechungen und Übergängen, der Spielfreud­e und Fantasie aller Beteiligte­n, den Accessoire­s wie einem ausgestopf­ten Fuchs oder einer Schleiereu­le zum zarten Nachtgesan­g wurde das Publikum hineingezo­gen in eine ungemein anspielung­sreiche und liebevolle Produktion. Auch wenn die Temperatur­en nicht mehr ganz so lau wie zur Mittsommer­nacht waren, so zauberte doch der Vollmond über dem Schloss zum Heimweg nochmals eine besondere Atmosphäre.

 ?? FOTO: ROLAND RASEMANN ?? Puppenspie­lerin Suse Wächter lässt Shakespear­e als betrunkene­n Poeten aufleben. Schauspiel­erin Josephine Köhler (Mitte) und Sopranisti­n Marielou Jacquard (rechts) feiern ihn.
FOTO: ROLAND RASEMANN Puppenspie­lerin Suse Wächter lässt Shakespear­e als betrunkene­n Poeten aufleben. Schauspiel­erin Josephine Köhler (Mitte) und Sopranisti­n Marielou Jacquard (rechts) feiern ihn.

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