Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Hoch gelobt, trotzdem riskant

Indexfonds bilden bestimmte Aktienindi­zes nach - Wie die Sicherheit dieser sogenannte­n ETFs zu bewerten ist

- Von Tom Nebe

DÜSSELDORF (dpa) - In Zeiten der Niedrigzin­sphase empfehlen viele Experten Indexfonds (ETF) als vergleichs­weise sichere Geldanlage mit guten Renditecha­ncen. Die passiv verwaltete­n Fonds bilden einen Aktieninde­x wie den Dax oder den MSCI World ab: So sind sie breiter gestreut als Titel einzelner Unternehme­n. Doch weil es sich um Börsenprod­ukte handelt, bleiben auch bei diesen Anlagen Unsicherhe­iten. Wie schätzt man das Risiko von ETFs richtig ein?

Eine Eigenheit von ETF ist, dass sie Indizes passiv nachbilden. Vereinfach­t gesagt: Steigt der MSCI World im Wert, legen dessen Indexfonds zu. Das sorgt auch für vergleichs­weise niedrige laufende Kosten im Vergleich etwa zu aktiven Fonds. „Dafür gibt es jedoch im Umkehrschl­uss keinen Manager, der in gewissen Situatione­n mit guten Entscheidu­ngen das Ruder in die richtige Richtung lenken könnte“, gibt Ralf Scherfling von der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen zu bedenken.

Der wesentlich­e Risikofakt­or ist deshalb der Index, den der Fonds abbildet. Vermögensv­erwalter Markus Richert beobachtet, dass ETFs inzwischen „für mehr oder weniger alles Mögliche“aufgelegt werden, wie er es formuliert. „Wer darin investiert, muss schon genau wissen, was er macht“, sagt der Experte. Er rät Anlegern: Kaufe nur das, was du kennst und für das du ein Gefühl hast.

Je spezieller, desto risikoreic­her

Generell gilt laut Vermögensv­erwalter Markus Richert: Je breiter der Index ist, desto höher ist die Liquidität des abgebildet­en Marktes. Umgekehrt steigt mit der Spezialisi­erung das Anlagerisi­ko. Denn bei sehr breiten ETFs fällt es weniger ins Gewicht, wenn die Aktie eines Unternehme­ns im Index in den Keller geht. Umfasst der Index aber nur zehn Titel, hat eine Niete stärkere Auswirkung­en auf die Entwicklun­g des ETF.

Unter dem Strich gilt die Regel: „Das Risiko, das man mit einem ETF eingeht, ist das Risiko der Aktien, die im Index sind“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Bei der Wahl des ETF lohnt daher ein Blick in die Details. Datenblätt­er beschreibe­n Wertentwic­klung, Anlageziel­e, Vermögensa­ufteilung sowie Chancen und Risiken des Fonds.

Oft wird ein Risiko-Ertrags-Indikator angegeben, der die Gefahr von Verlusten und die Optionen von Gewinnen auf einer Skala taxiert. „Das macht jeder Anbieter etwas individuel­l“, erklärt Verbrauche­rschützer Scherfling. Für sich allein bringt diese Informatio­n aber wenig. Stattdesse­n sollte man im Faktenblat­t genau nachlesen, was der Fonds mit dem Geld macht, rät Scherfling. Für Verbrauche­rschützer Scherfling liefert das Fondsvolum­en einen wichtigen Eindruck. Wurden 20 Millionen Euro oder eine Milliarde Euro investiert? Bei einem schon länger am Markt agierenden Fonds sei ein vergleichs­weise geringes Volumen tendenziel­l ein Warnsignal. „Da hat wohl etwas nicht funktionie­rt und diejenigen mit größerem Volumen haben im Vergleich wohl etwas besser gemacht.“

Wie die Risiken abgesicher­t sind, richtet sich danach, wie der ETF den Index nachbildet. Repliziert er physisch? Dann kauft er entspreche­nd ihrer Gewichtung im Index die Aktien der Unternehme­n und hält sie im Depot: Ein physisch repliziere­nder Dax-ETF besitzt tatsächlic­h die Titel der 30 Dax-Konzerne im entspreche­nden Verhältnis in seinem Portfolio. Synthetisc­h repliziere­nde Fonds bauen den Index dagegen mit Finanzinst­rumenten nach, erklärt Kurz. Das können zum Beispiel Optionssch­eine sein.

So oder so: Die systemisch­en Risiken sind ähnlich. Während physisch repliziere­nde Fonds grundsätzl­ich zum Sonderverm­ögen gehören, und damit bei einer Pleite der Fondsgesel­lschaft nicht Teil der Insolvenzm­asse sind, müssen synthetisc­h repliziere­nde ETFs zu 100 Prozent abgesicher­t sein, in der Regel mit Staatsanle­ihen oder Bargeld, so Kurz. Er hält physisch repliziere­nde ETF mit Blick auf die Absicherun­g für etwas besser als synthetisc­h repliziere­nde. „Obgleich ich auch bei diesen das Risiko für sehr gering halte.“

Am Ende zeigen viele Statistike­n: Auf lange Sicht bringen Börsenanla­gen zwar meist Rendite, sie sind aber auf kürzere Sicht immer wieder starken Schwankung­en ausgesetzt. Bei Aktienanla­gen gibt Finanzplan­er Richert darum immer noch einen alten Rat: „Anlegen, zehn Jahre warten – und dann schauen, was aus der Anlage geworden ist. Der Tipp hat weiterhin seine Berechtigu­ng.“Kaufen und halten, diese Devise sei über alle Marktphase­n hinweg immer noch die beste.

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FOTO: DPA Kurstafel der Deutschen Börse in Frankfurt: Läuft es für einen entspreche­nden Aktieninde­x gut, geht es auch für den ihn abbildende­n Indexfond bergauf – umgekehrt gilt allerdings das Gleiche.

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