Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Viele Leckerbissen an einem Abend
Interkultureller Markt und Kulturparcours begeistern viele Besucher
BIBERACH - Hunderte von Besuchern haben am Freitagabend die Biberacher Innenstadt zum Kulturparcours und zum Interkulturellen Markt bevölkert. Vor allem Letzterer profitierte vom milden Spätsommerwetter.
Bereits zur Eröffnung am frühen Abend hatten sich viele Menschen vor der Bühne am Marktplatz eingefunden. Schon Biberachs großer Dichter Christoph Martin Wieland habe sich im 18. Jahrhundert für ein Kulturverständnis starkgemacht, das nicht durch Staatsgrenzen getrennt, sagte Kulturdezernent Jörg Riedlbauer. Ein knappes Drittel der Einwohner habe heute einen Migrationshintergrund. „113 Nationen, eine Postleitzahl – auch das ist Biberach“, so Riedlbauer. Diese Tatsache sorge für einen großen kulturellen Reichtum. Auch deswegen fänden Interkultureller Markt und Kulturparcours seit 2014 gemeinsam statt. „Vielfalt ist das beste Mittel gegen Einfalt“, so Riedlbauer.
Vielfalt, die auf dem Marktplatz deutlich wurde: Die Stände verschiedener Landsmannschaften oder des Partnerschaftsvereins boten verschiedene kulinarische Spezialitäten an, während auf der Bühne eine international besetzte Musikgruppe um Aja Gratz und Eugen Ruedel das Publikum unterhielt. Neben Flüchtlingshilfe, Jugendmigrationsdienst und Kreisjugendring waren auch die Wieland-Gesellschaft und die Biberacher Filmfestspiele mit Infoständen auf dem Markt vertreten.
Beim Kulturparcours gaben die Biberacher Kultureinrichtungen Einblicke in ihr aktuelles Programm. Ein besonderes Jubiläum feierte am Freitag die Bruno-Frey-Musikschule, denn seit zehn Jahren gibt es das Projekt „Musik in Biberacher Grundschulen“(Mubigs). Finanziert von Stadt und weiteren Sponsoren, erhalten alle Biberacher Erstklässler die Möglichkeit, ein Jahr lang kostenlos ein Musikinstrument zu erlernen. Unterrichtet werden sie dabei in den Schulen von Musiklehrern der Musikschule. „Das funktioniert sehr gut“, sagte deren Leiter Andreas Winter bei der kleinen Feier im Heinz-H.-Engler-Forum. Viele der Kinder blieben „ihrem Musikinstrument“treu, wenn der Unterricht im zweiten Jahr kostenpflichtig werde. Dass Mubigs Früchte trägt, zeigte das Ergebnis von „Ferienspaß mit Musik“. Junge Instrumentalisten hatten innerhalb einer Woche unter Anleitung von Michael Nover das Märchen „Schneeweißchen und Rosenrot“in Musik umgesetzt. Dafür gab es viel Beifall der Besucher im Engler-Forum.
Die Jugendkunstschule (Juks) nutzte den Kulturparcours, um in der Stadthalle ihr neues Projekt vorzustellen. Das Musical „Godspell“von John-Michael Tebelak ist eine Kooperation mit dem Princes Youth Theatre aus Clacton-on-Sea in Südostengland. In „Godspell“behandelt Tebelak die Lebensgeschichte Jesu von dessen Taufe bis hin zur Berufung seiner Jünger und dem Tag, an dem Jesus verraten wird. Von Anfang an am Schaffensprozess beteiligt zu sein und letztlich sehen zu können, was entstanden ist, – das gefällt den jungen Schauspielern, die am Freitag zu Wort kamen, sehr. Mit den dargebotenen Songs lieferten die Sänger der Juks einen Einblick in das, was die Besucher von „Godspel im Herbst erwartet.
Wer die Stadt im Dunkeln der Nacht erleben und sich zeitgleich abenteuerliche Geschichten über die Vergangenheit zu Gemüte führen wollte, konnte an einer Taschenlampenführung teilnehmen. Im spärlichen Licht konnten die Teilnehmer nicht nur den Gigelturm und den Weißen Turm erklimmen, sondern auch durch den Hirschgraben streunern und spannende Geschichten hören.
Einen ruhigen Ort, an dem Leseratten schmökern oder konzentriert lernen können, stellte die Stadtbücherei am Freitag nicht dar. Hierfür war die Band The Soul Plumbers verantwortlich. Die siebenköpfige Band lieferte eine energiegeladene Show aus Soul, Rhythm & Blues und Rock, spielte unter anderem Lieder von Robbie Williams, Stevie Wonder und Jan Delay und brachte ihre Zuschauer in der Stadtbücherei zum Tanzen.
Karibische Klänge von Latin Love Affair erfüllten das Foyer des Museums, wo ebenfalls getanzt wurde. Einen Stock höher führte Uwe Degreif interessierte Besucher zum Beispiel durch die Salonräume der Maler Anton Braith und Christian Mali, die 1906 in München ausgebaut und als Keimzelle des Biberacher Museums hier eingebaut wurden.
Ein paar Meter weiter begeisterte der Dramatische Verein in seinen Räumen im Komödienhaus die vielen Besucher mit groteskem Theater. In „Autobus S“von Raymond Queneau lieferten vier Schauspielerinnen zusammen mit Spielleiter Thomas Laengerer neun bisweilen kuriose Variationen der immer gleichen Geschichte über einen seltsamen Fahrgast in einem Linienbus.
Wie breit gefächert ihr Angebot ist, demonstrierte die Volkshochschule in ihrem Gebäude in der Schulstraße. Im Erdgeschoss unterhielten Al Jovo & Lea die Besucher mit Musik, während es nebenan bei einer Bauchtanzvorführung orientalisch zuging. Die Dozenten der Fotokurse lichteten Besucher kostenlos im aufgebauten Fotostudio ab. Kulinarisch ging es zwei Räume weiter bei Ana Laura Olmos Alvarez zu, die würzige mexikanische Speisen servierte.
Einen wunderbaren Abschluss bot der Auftritt der französischschweizerischen Band Carrousel in der Stadthalle, der viel mehr Besucher verdient gehabt hätte. Die permanent über die Bühne tanzende Sängerin Sophie Burande und ihr Partner Léonard Gogniat sorgten mit ihrer mitreißenden Musik für Begeisterung zu später Stunde.