Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Gold für Kurzfilm aus Ravensburg
Drei Mediendesign-Studenten der DHBW holen Preis in London
RAVENSBURG - Zwei Tage lang haben Svenja Bettinger (22), Frank Bollen (33) und Melina Sterzenbach (22) sämtliche Bushaltestellen im Großraum Ravensburg unter die Lupe genommen, um den passenden Drehort zu finden. Der Aufwand hat sich gelohnt: Für ihren Kurzfilm gab es Gold beim „Creative Conscience Award“. Kürzlich haben die drei Studierenden der DHBW Ravensburg in London den Preis abgeholt.
Wie ist das Licht? Spiegelt das Glas? Wie oft wird die Haltestelle angefahren? Gibt es eine geeignete Sitzbank? All diese Fragen haben die drei Mediendesign-Studenten geklärt, bevor es an den Probedreh ging. „Am liebsten hätten wir die Straße ein paar Stunden lang gesperrt“, berichtet Sterzenbach. „Damit die Autogeräusche im Film nicht stören.“„Und dann kam der Bus nur einmal in der Stunde“, erinnert sich Bettinger. „Und den brauchten wir für die letzte Szene.“Der Film ist das Ergebnis eines Studienprojekts. „Gefragt war ein Kammerspiel“, erklärt Bollen: „Zwei Charaktere an nur einem Ort.“Zuerst hätten sie daran gedacht, eine Frau und eine Ziege in einem Stall auftreten zu lassen. Dann sei ihnen die Idee mit der Bushaltestelle gekommen. Professionelle Schauspieler besetzen die beiden Rollen: einen jungen Mann mit scheinbarem Migrationshintergrund und eine ältere Dame. Die Handlung ist ein raffiniertes Spiel mit den Vorurteilen des Betrachters, die sich am Ende in Verblüffung auflösen.
Beim Creative Conscience Award in London lief der Film mit englischen Untertiteln. Darauf sei er besonders stolz, sagt Bollen: Dass ihr Werk beim Wettbewerb so gut ankam, obwohl die Jury mit dem Originalton nichts anfangen konnte. „Creative Conscience“ist eine Bewegung, die Kreative dazu inspirieren will, sich für soziale und gesellschaftliche Projekte einzusetzen. Für den Award können sich Studierende und frische Absolventen bewerben.
„Die Beteiligung am Wettbewerb war schon aufregend“, berichtet Bettinger. „Und die Preisverleihung in London war toll: So viele nette Leute, und mit allen hat man sich auf Englisch unterhalten.“Sterzenbach ergänzt: „Jeder dort hat für das gebrannt, was er tut. Es sei sehr spannend gewesen, auf so viele internationale Projekte zu stoßen.“
Die Reise nach London haben die drei Studenten zugleich für ein paar Tage Sightseeing genutzt. Jetzt sind sie noch einmal für ein paar Wochen in Ravensburg. Im Dualen Studium wechseln drei Jahre lang Praxis- und Theoriephasen miteinander ab. Für den praktischen Teil hat Bettinger in einer Agentur in Bonn gearbeitet, Bollen in einer Agentur in Heidenheim und Sterzenbach in einer Filmproduktionsfirma in Köln. Ravensburg haben alle drei erst beim Studium kennengelernt: Bettinger kommt aus Freiburg, Bollen aus dem Saarland und Sterzenbach aus Köln.
„Die Sprache hier ist schon ganz anders“, sagt Bollen. Bettinger wundert sich noch immer, dass im Schwäbischen der „Teppich“auch eine Decke sein kann. Und Sterzenbach findet, dass „Veschpern“ein seltsames Wort ist. Die Stadt Ravensburg gefällt den drei Studenten sehr gut. Hierbleiben wollen sie nach dem Ende des Studiums aber nicht. Sterzenbach zieht es nach Hamburg, sie will „typisches Agenturleben schnuppern“. Bollen schwebt vor, in Teilzeit im digitalen Bereich und zusätzlich als Dozent zu arbeiten. Bettinger hat eine Stelle in einem Startup in Frankfurt. Bald werden die drei Ravensburg verlassen. Den schriftlichen Teil ihrer Abschlussarbeiten haben sie schon abgegeben. Jetzt steht noch eine Werkschau für den gestalterischen Teil an. Sterzinger hat sich in ihrer Bachelorarbeit mit Farbenblindheit und Farbsehschwäche beschäftigt. Rund zehn Prozent aller Männer sind von Rot-GrünSchwäche betroffen, sagt sie. Diese Männer könnten die farbliche Gestaltung, die ein Designer entwickelt hat, womöglich gar nicht erkennen. Bettinger hat sich Gedanken gemacht über die „Komfortzone“, die ja auch ein goldener Käfig sein könne. Mit Geschichten auf einer analogen Landkarte zum Anfassen will sie Entdeckergeist wecken und die Betrachter auf neue Wege locken. In Bollens Bachelor-Arbeit geht es um den Sport: Er will Menschen helfen, die gern Fußball spielen, dafür aber nicht in einen Verein gehen wollen. Ihnen bietet er eine Webcommunity, in der sie sich mit Gleichgesinnten zum Spielen verabreden können.