Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Was heißt hier schöner Klang?“
Beim Kreisverbandsmusikfest standen Wertungsspielkriterien und der Stundenchor im Fokus
BAD WURZACH - Ein Highlight im Jahresablauf jedes Blasmusikers ist das Kreisverbandsmusikfest mit seinen Wertungsspielen, bei denen es gilt, das Können der Musikkapelle unter Beweis zu stellen und fachkundiges Feedback für die weitere Arbeit zu erhalten.
Der Blasmusikkreisverband Ravensburg ist nicht nur das übergreifende Organ für die 116 Musikvereine im Landkreis, Veranstalter der Kreisverbandsmusikfeste und Wertungsspiele und damit Ansprechpartner in Sachen Blasmusik. Auch die musikalische Ausbildung und Fortbildung ist den Verantwortlichen im Kreisverband sehr wichtig. So lädt der Kreisverbandsdirigent Markus Frankenhauser regelmäßig zu Weiterbildungen für Dirigenten ein.
Unter dem Motto „Was heißt hier schöner Klang?“standen dieses Mal die zehn Wertungsspielkriterien und der Stundenchor im Fokus des Tages. Landesmusikdirektor Bruno Seitz und Bernd Biffar informierten über die einzelnen Kriterien, die bei den Wertungsspielen angewandt werden und zu einem Gesamtergebnis zusammen gerechnet werden.
Grundstimmung und Intonation, Tonkultur und Klangqualität, Phrasierung und Artikulation zählen ebenso wie die technische Ausführung, Rhythmik und Zusammenspiel, Dynamik und Klangausgleich, Tempo und Agogik, Interpretation und Stilempfinden. Auch die Stückauswahl im Verhältnis zur Besetzung und Spielfähigkeit des Orchesters und der künstlerische Gesamteindruck werden bei der Bewertung berücksichtigt. Jedes Kriterium ist gleichwertig und kann bis zu zehn Punkte erreichen. Somit bedeutet die höchste Punktzahl mit 100 erreichten Punkten das Prädikat „hervorragend“.
Worauf die Juroren dabei besonderen Wert legen, das erfuhren die 30 Teilnehmer des Dirigententages hautnah. Nach der theoretischen Information schlüpften die Dirigenten selbst in die Rolle der Juroren und bewerteten musikalische Darbietungen. In der anschließenden Reflektion erfuhren die Seminarteilnehmer, dass die Juroren anhand eines Referenzwertes und ihrer eigenen Erfahrung als musikalische Leiter die Momentaufnahme der musikalischen Darbietung beurteilen.
Eine besondere Herausforderung für Dirigent und Musikkapelle ist der Stundenchor. Innerhalb einer Stunde erarbeiten sich die Musiker ein unbekanntes Musikstück, um sich dann bei der Präsentation der Jury zu stellen. Klaus Wachter, stellvertretender Vorsitzender und Bezirksvorsitzender Allgäu, stellte sich zusammen mit dem Musikverein Haidgau dieser enormen Herausforderung und erarbeitete unter Beobachtung der Referenten und der Seminarteilnehmer ein völlig fremdes Musikstück. Mit Ruhe und Geduld ging er auf die Probleme der Musiker ein, setzte künstlerische Akzente und legte den Feinschliff an. Ein paar methodische Tipps erhielt er anschließend von den beiden Referenten und den Dirigenten des Lehrgangs, die sich selbst auch etliche Notizen gemacht hatten. Der hohe Ausbildungsstandard durch regionale Schulungen, die Nähe der Verantwortlichen zu den Musikvereinen und viele Unterstützungsangebote bei Schwierigkeiten z.B. durch individuelles Coaching lassen den viel zitierten Dirigentenmangel in unserer Region eher nebensächlich wirken.
Im Kreisverband Ravensburg sind es ungefähr eine Handvoll Musikvereine, die derzeit einen musikalischen Leiter suchen. Doch im Westen Baden-Württembergs, so erzählt Landesmusikdirektor Bruno Seitz, zeige sich der Dirigentenmangel schon krass. Auf der Ebene des Landesverbandes arbeite man derzeit intensiv daran, durch Fortbildungen mit Schwerpunkten Methodik und Didaktik, neuen Strukturen und verstärkter Netzwerkarbeit diesem Problem entgegen zu wirken.