Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Bella Figura“begeistert Zuschauer
Beim zweiten Straßentheaterfestival in der Ravensburger Altstadt faszinieren Schauspieler
RAVENSBURG - „Der Elefant war echt der Wahnsinn“, schwärmten Zuschauer, die eben noch auf dem Platz vor der Tourist-Info das Straßentheater „Baby Elephant“miterlebt haben. Aber nicht nur diese Inszenierung unter freiem Himmel zog Trauben von kleinen und großen Menschen an. Alle insgesamt sieben Vorführungen unterschiedlichster Couleur fanden am Samstag in der Innenstadt großen Widerhall. Die Menschen blieben nicht nur stehen, um mal kurz zu schauen. Nein, sie harrten aus und machten mit.
Ein Wohnwagen im Kleinformat, der genau genommen einem Erwachsenen, geschweige denn zwei, kaum genügend Platz zu bieten scheint. Doch weit gefehlt. Die beiden Puppenspieler von Ludum Figure bewältigen mit den Klappmaulfiguren „Herta & Rüdiger“einen ebenso humorvollen wie hintersinnigen Akt in der Bachstraße.
Einige Neugierige wagten vor Spielbeginn schon mal einen Blick hinter die Gardine. „Da sind die Puppen. Die kommen gleich raus“, und schon streckte Herta mit Sonnenbrille und rot geschminktem Mund ihr faltiges Gesicht durchs Fenster. Solange hätten sie im Stau gestanden und nun auch noch dieser Platz hier, jammert sie ihrem Rüdiger die Ohren voll. Greift zum Staubwedel und los geht’s mit den Sticheleien auf Berlinerisch. Diese beiden Originale lassen keinen Moment Langeweile aufkommen. Sie spiegeln den Zuschauern die Fettnäpfe des Alltagslebens. Sei es nun der Putzwahn oder die bösen Nachbarn. Nicht mal die Fernsehantenne funktioniert. Dieser Platz taugt nix.
Wenige Meter weiter hält sich Andreas Banitsch mit Helferin Sophia bereit. Mit ihnen „Igor und Das Monster des Dr. Frankenstein“als Beitrag des Figurentheater Ravensburg e. V., das dieses Festival nach 2017 zum zweiten Mal organisiert hat. Britta Böschen und Andreas Thiele sind die Hauptverantwortlichen. 2017 ist auch die Geburtsstunde von Igor gewesen, der noch faul in seinem Lehnstuhl sitzt. Bekam er dereinst ein Gehirn eingepflanzt, soll er nun etwas Sport treiben. Wiederum als Mitmachtheater, was gerade für die Kinder ein Heidenspaß ist.
Eine schwarze Rückwand, davor ein Kleiderständer. Mehr braucht es nicht für die „Vision eines Dienstmädchens“vom Theater Option Orange. Mit dem Wenigen weitet es sich aus zu einem aberwitzigen und skurrilen Minidrama, das man zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Denn schlüpft die Akteurin mit ihrem rechten Arm in den Mantelärmel auf dem Kleiderständer, beginnt ein verführerisches Spiel zwischen dem gnädigen, aber zudringlichen Herrn und dem sorglosen Dienstmädchen, das alle Register zieht. Dieses Stück ist von hoher schauspielerischer Energie, ebenso wie „Elephant Baby“von Paspartout, nur auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt.
Das Duo aus Clown und Elefantenbaby ist der Star an dem diesjährigen Festival. Beladen mit Bananenstauden tänzelt der täuschend echt nachempfundene Dickhäuter auf leisen Sohlen in die Manege. Er kann quasi alles – mit den Ohren wackeln, laut und überaus musikalisch tröten. Er gewinnt sofort alle Herzen der Zuschauer und spart nicht mit Gewitztheiten, die seinen Dompteur in Rage bringen. Mit „Rudi, allez hopp!“, schiebt er ihm einen Klappstuhl hin. Nur setzen will der sich partout nicht. Dafür hebt er kurz ein Bein, um einen Wasserstrahl zu entlassen. Als die beiden Spieler unter der Elefantenhaut ihre Köpfe für einen Moment unter den Bananenstauden lüfteten, sorgte auch das für viel Humor.