Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Nazi-Symbolik: Box-Trainer sorgt für Eklat
„Kraft durch Freude“-Shirt und Affenlaute überschatten Box-Gala in Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Ein Boxhandschuh mit einem Eisernen Kreuz in der Mitte, Frakturschrift, darüber der Schriftzug „Kraft durch Freude“: Die Ästhetik des Logos des „Germanen Boxstall Kiel“spielt eindeutig mit rechtsextremer Symbolik.
Dass der Mann, der diese Symbole am Samstag bei der Box-Gala „Boxen live - Sport im Süden“in der ZFArena Friedrichshafen auf seinem TShirt und seiner Gürteltasche zur Schau stellte, einen Boxer mit schwarzer Hautfarbe und einen aus Tschetschenien stammenden muslimischen Kämpfer mit dem Vornamen Islam mitbetreute, machte den Eklat beim sportlich sehr gelungenen Event nicht kleiner. Sondern nur noch absurder.
Bei zwei Kämpfen stand Rene Hildebrandt vom „Germanen Boxstall Kiel“in Friedrichshafen an der Ringecke – mit besagten T-Shirt. Er betreute den Ghanaer Napor Ninsaw und Islam Ashabov. Beide Boxer verloren ihre Kämpfe: Ninsaw gegen den Ravensburger Yasin Basar, der den rund 3000 Zuschauern bei seinem Ring-Comeback nach drei Jahren einen wilden Kampf zeigte. Ashabov gab im Duell um die internationale deutsche Meisterschaft im Super-Weltergewicht gegen den Kemptener Ali „Allgäu Ali“Celik in der siebten Runde auf; der 21-Jährige war nur sehr kurzfristig für den verletzten US-Amerikaner John Rene eingesprungen. Nach Ashabovs Aufgabe stand Hildebrandt, der Gründer des „Germanen Boxstalls Kiel“sogar mit den Kämpfern bei der Verlesung des Urteils im Ring.
Verwandte von Organisator Poelchau im Nazi-Widerstand
Rund 3000 Zuschauer in der Halle und die Zuschauer im Livestream von „Ran Fighting“, einer Plattform von ProSiebenSat1, konnten zusehen, wie der Boxer und sein Betreuer den Siegern fair gratulierten. Aber sahen eben auch den „Kraft-durchFreude“-Schriftzug.
Die Gemeinschaft Kraft durch Freude (KdF) war von 1933 bis 1945 die Freizeitorganisation der Nationalsozialisten. Die Polizei in Konstanz hat nach Hinweisen aus der Bevölkerung ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet und prüft, ob ein Straftatbestand vorliegt.
Während der Box-Gala selbst war das T-Shirt des Boxtrainers kein Thema. Auch als Ninsaw während seines Kampfs mutmaßlich von Anhängern des Ravensburgers Basar mit Affenlauten verschmäht wurde, schritt aus dem Publikum augenscheinlich niemand ein.
ProSiebenSat1 distanzierte sich „komplett und in aller Deutlichkeit“, teilte eine Sprecherin von ProSiebenSat1 dem „Tagesspiegel“mit, das Video der gesamten Veranstaltung sei „nach Bekanntwerden unmittelbar gelöscht“worden und „nicht mehr abrufbar.“Dem Sender sei die kurzfristige „Änderung in der Fight Card“nicht mitgeteilt worden.
Ulf Steinforth vom mitorganisierenden Boxstall SES sagte der „Schwäbischen Zeitung“im Anschluss an die Box-Gala, dass ihm der Schriftzug auf dem T-Shirt nicht aufgefallen sei. Mit der rechten Szene wolle er nichts zu tun haben. „Ich verabscheue das und distanziere mich ganz klar davon und entschuldige mich“, sagte er. „Sowas gehört nicht auf eine Sportveranstaltung.“
SES arbeite nicht mit dem „Germanen Boxstall Kiel“zusammen: „Die Kämpfe hat ein Matchmaker organisiert, damit hatten wir nichts zu tun“, so Steinforth, der als seriöser Vertreter der Branche gilt und „einen Ruf zu verlieren hat“.
Auch der Ravensburger Box-Manager und Mit-Organisator Benedikt Poelchau zeigte sich „völlig irritiert. Ich distanziere mich davon komplett. Jeder, der vor Ort war, sollte sich fragen, wieso er den Herrn nicht darauf angesprochen hat“, teilte er der „Schwäbischen Zeitung“aus Las Vegas mit. Poelchau betreute dort in der Nacht auf Sonntag seinen prominentesten Klienten Tyson Fury bei seinem Sieg gegen den Schweden Otto Wallin.
Ein Familienmitglied Poelchaus gehörte in der NS-Zeit zur Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis. Der Promoter, gerade erst vom Bund Deutscher Berufsboxer zum Manager des Jahres gewählt, hat sich zum Ziel gesetzt, das Boxen aus der Schmuddelecke zu holen. Der Weg dahin ist ein weiter.