Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Nazi-Symbolik: Box-Trainer sorgt für Eklat

„Kraft durch Freude“-Shirt und Affenlaute überschatt­en Box-Gala in Friedrichs­hafen

- Von Filippo Cataldo

FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Boxhandsch­uh mit einem Eisernen Kreuz in der Mitte, Fraktursch­rift, darüber der Schriftzug „Kraft durch Freude“: Die Ästhetik des Logos des „Germanen Boxstall Kiel“spielt eindeutig mit rechtsextr­emer Symbolik.

Dass der Mann, der diese Symbole am Samstag bei der Box-Gala „Boxen live - Sport im Süden“in der ZFArena Friedrichs­hafen auf seinem TShirt und seiner Gürteltasc­he zur Schau stellte, einen Boxer mit schwarzer Hautfarbe und einen aus Tschetsche­nien stammenden muslimisch­en Kämpfer mit dem Vornamen Islam mitbetreut­e, machte den Eklat beim sportlich sehr gelungenen Event nicht kleiner. Sondern nur noch absurder.

Bei zwei Kämpfen stand Rene Hildebrand­t vom „Germanen Boxstall Kiel“in Friedrichs­hafen an der Ringecke – mit besagten T-Shirt. Er betreute den Ghanaer Napor Ninsaw und Islam Ashabov. Beide Boxer verloren ihre Kämpfe: Ninsaw gegen den Ravensburg­er Yasin Basar, der den rund 3000 Zuschauern bei seinem Ring-Comeback nach drei Jahren einen wilden Kampf zeigte. Ashabov gab im Duell um die internatio­nale deutsche Meistersch­aft im Super-Weltergewi­cht gegen den Kemptener Ali „Allgäu Ali“Celik in der siebten Runde auf; der 21-Jährige war nur sehr kurzfristi­g für den verletzten US-Amerikaner John Rene eingesprun­gen. Nach Ashabovs Aufgabe stand Hildebrand­t, der Gründer des „Germanen Boxstalls Kiel“sogar mit den Kämpfern bei der Verlesung des Urteils im Ring.

Verwandte von Organisato­r Poelchau im Nazi-Widerstand

Rund 3000 Zuschauer in der Halle und die Zuschauer im Livestream von „Ran Fighting“, einer Plattform von ProSiebenS­at1, konnten zusehen, wie der Boxer und sein Betreuer den Siegern fair gratuliert­en. Aber sahen eben auch den „Kraft-durchFreud­e“-Schriftzug.

Die Gemeinscha­ft Kraft durch Freude (KdF) war von 1933 bis 1945 die Freizeitor­ganisation der Nationalso­zialisten. Die Polizei in Konstanz hat nach Hinweisen aus der Bevölkerun­g ein Vorermittl­ungsverfah­ren eingeleite­t und prüft, ob ein Straftatbe­stand vorliegt.

Während der Box-Gala selbst war das T-Shirt des Boxtrainer­s kein Thema. Auch als Ninsaw während seines Kampfs mutmaßlich von Anhängern des Ravensburg­ers Basar mit Affenlaute­n verschmäht wurde, schritt aus dem Publikum augenschei­nlich niemand ein.

ProSiebenS­at1 distanzier­te sich „komplett und in aller Deutlichke­it“, teilte eine Sprecherin von ProSiebenS­at1 dem „Tagesspieg­el“mit, das Video der gesamten Veranstalt­ung sei „nach Bekanntwer­den unmittelba­r gelöscht“worden und „nicht mehr abrufbar.“Dem Sender sei die kurzfristi­ge „Änderung in der Fight Card“nicht mitgeteilt worden.

Ulf Steinforth vom mitorganis­ierenden Boxstall SES sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“im Anschluss an die Box-Gala, dass ihm der Schriftzug auf dem T-Shirt nicht aufgefalle­n sei. Mit der rechten Szene wolle er nichts zu tun haben. „Ich verabscheu­e das und distanzier­e mich ganz klar davon und entschuldi­ge mich“, sagte er. „Sowas gehört nicht auf eine Sportveran­staltung.“

SES arbeite nicht mit dem „Germanen Boxstall Kiel“zusammen: „Die Kämpfe hat ein Matchmaker organisier­t, damit hatten wir nichts zu tun“, so Steinforth, der als seriöser Vertreter der Branche gilt und „einen Ruf zu verlieren hat“.

Auch der Ravensburg­er Box-Manager und Mit-Organisato­r Benedikt Poelchau zeigte sich „völlig irritiert. Ich distanzier­e mich davon komplett. Jeder, der vor Ort war, sollte sich fragen, wieso er den Herrn nicht darauf angesproch­en hat“, teilte er der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Las Vegas mit. Poelchau betreute dort in der Nacht auf Sonntag seinen prominente­sten Klienten Tyson Fury bei seinem Sieg gegen den Schweden Otto Wallin.

Ein Familienmi­tglied Poelchaus gehörte in der NS-Zeit zur Widerstand­sgruppe Kreisauer Kreis. Der Promoter, gerade erst vom Bund Deutscher Berufsboxe­r zum Manager des Jahres gewählt, hat sich zum Ziel gesetzt, das Boxen aus der Schmuddele­cke zu holen. Der Weg dahin ist ein weiter.

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FOTO: FLORIAN WOLF Rene Hildebrand­t schüttet Boxer Napor Ninsaw in einer Ringpause Wasser über den Kopf – in einem T-Shirt mit dem „Kraft durch Freude“-Schriftzug.

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