Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Energiewende: „Es geht ganz einfach“
Diese Pläne hat der Unterschwarzacher Unternehmer Siegfried Neff in der Schublade
UNTERSCHWARZACH - Die Energiewende wird gelingen, und sie wird schnell gelingen. Dieser festen Überzeugung ist Siegfried Neff. Seine Planungen: Autobahnen zu Energie-Verteilern und -Erzeugern ausbauen. Dafür hat er bereits fertige 3D-Pläne digital erarbeitet.
„Alles ist fertig, die Technik ist vorhanden, man könnte loslegen“, sagt er. Der Unterschwarzacher ist Experte auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien. Als Geschäftsführer machte er Newi Solar zum Spezialisten für Solarenergie.
Dass manche medienpräsente Leute immer noch der Meinung sind, Gas, Kohle oder Kernkraft seien unverzichtbar, weil über Wind und Sonne die benötigte Energie nicht gewonnen werden könne, ärgert ihn seit langem. „Dieses ,Geht-nicht’ ist definitiv falsch. Es geht, und es geht sogar ganz einfach.“
In den vergangenen Monaten hat er die Energiewende für Deutschland geplant. Die gesamte Planung ist unter der Internet-Adresse energieautobahn.info im Netz weiter erläutert.
So könnten Autobahnen mit 14 bis 16 Meter hohen Trägerkonstruktionen überdacht werden. Auf den Dächern werden Metall-Kabelschächte verlegt, in denen sich die Energieleitungen (Hochspannungs-GleichstromÜbertragung/HGÜ) von den großen Windkraftanlagen im Norden bis zu den Kunden im Süden befinden, Abzweigungen nach West und Ost inklusive. Gleichzeitig ist auf diesen Dächern genug Platz für Photovoltaikanlagen, die zusätzlichen Strom erzeugen. „PV auf Autobahnen hatten schon andere Länder, wie zum Beispiel die Schweiz, in der Vergangenheit schon angedacht“, sagt Neff.
Links und rechts der Autobahnen werden PV-Agro Kulturen gebaut. Fünf bis sechs Meter hoch sind die PV-Module licht-und wasserdurchlässig über dem Erdreich montiert. „So kann dann weiterhin unter den Konstruktionen Landwirtschaft betrieben werden“, erklärt der Unterschwarzacher Unternehmer. 500 Milliarden Kilowattstunden Energieertrag oder mehr können erwirtschaftet werden.
PV-Agro-Kulturen wurden laut Neff vom Frauenhofer Institut mit der Uni Hohenheim zu Testzwecken entwickelt und erzeugen am Bodensee bereits erfolgreich Energie. 500 Milliarden Kilowattstunden oder mehr können zudem Windkraftanlagen links und rechts der Autobahnen erzeugen.
PV-und Windanlagen stehen auf den selben Flurstücken. Durch die Dreifachnutzung der Flurstücke braucht Deutschland nach Neffs Plänen dann nur circa 5000 Quadratkilometer Fläche, um die gesamten notwendigen regenerativen Energieerzeugungsanlagen zu bauen. „Es ist nicht so entscheidend, ob nun 2000 Kilometer oder mehr Autobahnen bebaut werden. Je nachdem wird die bebaute Fläche neben den Autobahnen in der Breite angepasst.“
Abseits der Autobahnen könnten zusätzliche 250 Milliarden Kilowattstunden erneuerbare Energie dadurch gewonnen werden, dass Industrieund private Gebäude optimal für PV-Anlagen genutzt werden. Zusammen mit den bereits heute regenerativ erzeugten 250 Milliarden Kilowattstunden und den 1000 Milliarden Kilowattstunden aus PV- und Windenergie entsteht eine Energieerzeugung von 1500 Milliarden Kilowattstunden CO2 neutral. „Mehr braucht Deutschland in Zukunft nicht, wobei ja schon in der vorherigen Betrachtung 250 Milliarden Kilowattstunden Reserveenergie mit berücksichtigt sind“, so Neff.
„Derzeit verbrauchen wir in Deutschland laut Bundeswirtschaftsministerium 3600 Milliarden Kilowattstunden“, berichtet der Unterschwarzacher. „2500 Milliarden davon kommen beim Verbraucher an, der Rest geht vor allem als Wärme verloren.“Seine weitere Rechnung: Verkehr und Gebäude verbrauchen heutzutage etwa 1800 Milliarden Kilowattstunden Energie. Durch energetische Sanierung der Gebäude sowie den kompletten Umstieg auf Elektromobile werde nur noch ein Viertel der heutigen Energiemenge benötigt, also 450 Milliarden Kilowattstunden. Dazu ist noch die Industrie mit ihren momentanen 800 Milliarden Verbrauch zu addieren. „So haben wir dann in Zukunft alleine durch Einsparungen nur noch einen Verbrauch von 1250 Milliarden Kilowattstunden.“
1250 Milliarden Kilowattstunden inklusive Reserveenergieerzeugung zu einem Preis von 20 Cent pro Kilowattstunde zu verkaufen, ergibt eine Einnahme von 250 Milliarden Euro jährlich für die Bürger Deutschlands bei Kosten von etwa 1000 Milliarden Euro für das Projekt, rechnet Neff weiter. „Ein Riesenertrag, jedes Jahr, der den Menschen im Land zugute kommen würde, sodass das ganze Projekt wirtschaftlich und gesellschaftlich ein enormer Gewinn wäre“. Sein Fazit: „Wer nicht aus ökologischen Gründen dazu bereit ist, muss es eigentlich aus ökonomischen Gründen machen “
Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Stefan Gnann hat Siegfried Neff seine Ideen in fertige 3D-Pläne umgesetzt. Sogar ein Fahrzeug, das die Trägerkonstruktionen samt Aufbau erstellt, ist bereits erdacht: der Street-Carrier, der arbeiten kann, während der Verkehr weiterhin nahezu uneingeschränkt rollt.
Den großen Vorteil der Pläne sieht er darin, dass der Bundesrepublik die Autobahnflächen gehören. Mühsame Grundstückskäufe entfallen damit – Ausnahme wären die angrenzenden Grundstücke für die Agro-Kulturen und die Windkraftanlagen. „Die werden auf lange, lange Zeit gepachtet oder gekauft. Der Staat und die Bürger selbst sind dann lange oder immer im Besitz der Anlagen.“
Ein Nebenaspekt der Planung: Durch die Überdachung würde der Fahrbahnbelag der Straßen weit länger halten als bisher, wodurch viel Geld eingespart werden könnte.
Brücken und Tunnels sind, wenn auch aufwändiger zu bebauen, letztlich keine unüberwindbaren Hindernisse, sagen Neff und sein Konstruktionszeichner Stefan Gnann. Gleiches gelte für Ein- und Ausfahrten.
Das Problem des Schattenwurfs der Pfeiler könnte man mit der Bepflanzung der Seiten stark vermindern, ohne dass dadurch gleichzeitig die Fahrbahn beleuchtet werden müsste.
Eine eventuell gesundheitsgefährdende Strahlung der Hochspannungsleitungen auf dem Dach werde dadurch verhindert, dass die 15 bis 20 Zentimeter dicken Kabel in geerdeten Stahlblechummantelungen verlegt werden. „Da passiert nichts“, ist Neff überzeugt.
Bislang ist die Art und Weise des Energietransports von Nord nach Süd hochumstritten. Wo immer die Hochspannungsleitungen entlanggehen sollen, regt sich großer Widerstand. Liefen diese über den Autobahnen, gäbe es weniger Protest, glaubt der Unternehmer.
Bleibt die Frage des Speicherns. Auch dafür hat Siegfried Neff eine Lösung. „Überschüssige Elektroenergie wird im sogenannten Powerto-Gas-Verfahren in Methangas umgewandelt und in das vorhandene Gasnetz eingespeist. Diese Umwandlungsstationen müssten in bestimmten Abständen gebaut werden. Die Technik dieser Umwandlung ist vorhanden und wird bereits angewandt.“Auch gibt es bereits 24 Milliarden Kubikmeter große natürliche Gasspeicher.
Das CO2-neutrale Gas könnte dann nicht nur in Privathaushalten genutzt werden, sondern auch für den Antrieb von Schiffen und Flugzeugen dienen. Auch eine kurzzeitige elektrische Tages-Speicherung werde bald möglich sein, sagt Neff. Entsprechende Trocken-Akkus, die umweltschonend produziert werden können, stünden kurz vor der Serienreife.
Das gesamte System ist CO2-neutral. Gleichzeitig ist entlang der Autobahnen zusätzlich zur Bepflanzung der Seitenwände noch genügend Platz, um an die 30 Millionen Bäume zu pflanzen. „So würde der Luft auch noch CO2 entzogen.“
„Alles ist fertig“, verweisen Neff und Gnann auf die 3D-Pläne, „es kann begonnen werden. Doch ich kann nur die technischen Fragen beantworten, die Umsetzung ist eine Frage des politischen Wollens,“meint Siegfried Neff.
Die Bundestagsabgeordneten und die Bundesminister hat er bereits über seine Pläne informiert. Reaktion, so bedauert er, gab es bisher kaum. „Unsere Abgeordneten Josef Rief und Martin Gerster haben sich aber hier in Unterschwarzach die Pläne erklären lassen und sich durchaus begeistert gezeigt“, erzählt der Unternehmer.
Die offensichtliche Interesselosigkeit der Politik kann Siegfried Neff nicht verstehen. „Wir müssen angesichts des Klimawandels und der Erderwärmung das machen, was uns jetzt möglich ist. Es darf dabei auch nicht darüber gestritten werden, wer beginnt“, sagt er mit Vehemenz. „Jemand muss mit gutem Beispiel vorangehen. Es kann und darf nicht sein, dass uns die zukünftigen Generationen egal sind.“