Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schwedischer Sonderweg
Ab Mitte Juni soll der Ball im skandinavischen Land wieder rollen, mit Fans – Martin Dahlin ist skeptisch
STOCKHOLM (SID) - Martin Dahlin ist skeptisch. „Mit Zuschauern?“, sagt der Ex-Bundesliga-Fußballer über die Idee der schwedischen Profiligen für einen Saisonstart mit Fans am 14. Juni. „Das glaube ich nicht.“Doch von Geisterspielen wollen die Eliteliga Allsvenskan und ihr Unterbau Superettan nichts wissen – obwohl Corona auch im lange deutlich freizügigeren Schweden mehr und mehr Tote fordert. Nun verkündete die Svensk Elitfotboll (SEF), eine Vereinigung der 32 Proficlubs, ihre „Ambition“: Spiele ab Mitte Juni, am liebsten vor vollen Rängen. Der Fußball habe „allen Grund der Welt“darauf zu hoffen, sagte Generalsekretär Mats Enquist. Es wäre „dumm“, die Hoffnung vorzeitig aufzugeben.
Dahlin ist in der Hinsicht weniger optimistisch, hält aber einen Saisonstart ohne Zuschauer für realistisch. Der schwedische Fußball, gibt er zu bedenken, sei aber angewiesen auf „alle Einnahmen, die er bekommen kann“. Also auch auf Ticketerlöse.
Noch aber sind selbst Trainingsspiele verboten. Am Dienstag wurde der Gothia Cup im Juli in Göteborg abgesagt, das mit 35 000 Teilnehmern weltgrößte Jugendturnier. Auch Staats-Epidemiologe Anders Tegnell glaubt nicht an Spiele mit Fans vor Herbst.
Dabei verfolgte Schweden von Beginn an einen Sonderweg. Der Alltag habe sich auch hier verändert, berichtet Dahlin, der nahe Stockholm lebt. In der Hauptstadt seien „weniger Leute unterwegs als vor der Pandemie, die Restaurants sind nicht voll, man sieht schon einen großen Unterschied zu vorher. Aber es ist freier als in vielen anderen Ländern, auch offener als in Deutschland“, sagt der 52-Jährige. Und das, obwohl Schweden sein Laissez-faire teuer bezahlt: Schon rund 1800 Tote werden beklagt. Doch die Bevölkerung steht hinter der Politik. „Es läuft gut, ich halte den schwedischen Weg für den richtigen, es hat bisher ganz gut geklappt“, so Dahlin.
Der renommierte Virologe Christian Drosten sieht angesichts der jüngsten Lockerungen hierzulande übrigens keinen gravierenden Unterschied mehr. Zwar habe Schweden die Maßnahmen nur sehr langsam hochgefahren, sagte er im NDR, aber: „Vielleicht treffen sich Schweden und Deutschland in Wirklichkeit schon längst am selben Punkt.“
So oder so: Sportchef Daniel Andersson von Rekordmeister Malmö
Martin Dahlin
FF findet es „schön, dass wir jetzt etwas haben, an dem wir uns orientieren können. Es ist wichtig, den Sport wieder ins Laufen zu bringen.“Und zwar mit Fans.
Michael O'Neill gibt seinen Job als Trainer der nordirischen Nationalmannschaft auf. Grund für den Schritt des 50-Jährigen, der zudem den englischen Zweitligisten Stoke City betreut, ist die durch die angedachte Neugestaltung des internationalen Kalenders zu erwartende Doppelbelastung. Ein Nachfolger ist noch nicht gefunden.
Kein Konsens in der 3. Liga: Abbruch oder Geisterspiele: Acht Vereine der 3. Liga haben sich offen für einen Abbruch ausgesprochen, sechs dagegen. Der Rest hält sich öffentlich zurück. Das Stimmungsbild ist also auch nach der Sondersitzung gespalten. Nach außen hin hat man sich auf eine sachliche Diskussion festgelegt, doch einig werden sich die Parteien wohl nicht mehr. Frühestens in der kommenden Woche soll es zu einer geheimen Abstimmung unter den Clubs kommen, doch diese würde lediglich einem Meinungsbild dienen. Es gibt zwei Szenarien. Soll mit Geisterspielen fortgefahren werden, so entscheidet dies der DFB als Ausrichter des Spielbetriebs allein. Bei einem Abbruch müsste ein außerordentlicher Bundestag des DFB einberufen werden, der dann entscheiden muss. Der Verband würde gern weiterspielen lassen, verweist dabei darauf, dass die 3. Liga ProfiFußball sei und man sich solidarisch zu den Bundesligen verhalten solle.
„Es läuft gut, ich halte den schwedischen Weg für den richtigen, es hat bisher ganz gut geklappt.“