Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Notstrom aus Brennstoffzellen
Rolls-Royce Power Systems und Daimler wollen bei der Entwicklung von stationären Energiesystemen kooperieren
FRIEDRICHSHAFEN - Der Friedrichshafener Motorenbauer RollsRoyce Power Systems (RRPS) und die Lastwagensparte von Daimler planen eine Kooperation für stationäre Brennstoffzellensysteme, die die CO2-neutrale Notstromversorgung von sicherheitskritischen Einrichtungen wie beispielsweise Rechenzentren mit stationären Brennstoffzellengeneratoren gewährleisten sollen, wie RRPS am Dienstag mitteilte. „Rechenzentren sind die Knotenpunkte des globalen Informationsund Kommunikationsnetzes, dessen lebenswichtige Bedeutung gerade in diesen schwierigen Tagen deutlich wird und dessen Betrieb deshalb zuverlässig abgesichert werden muss“, sagt RRPS-Chef Andreas Schell.
Denkbar sind abere auch weitere Anwendungsbereiche, verrät ein RRPS-Unternehmenssprecher auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“: Krankenhäuser, die über eine Notstromversorgung verfügen müssen, zählen genau so dazu wie die Pharma- oder die Halbleiterindustrie mit teilweise „höchst empfindlichen Produktionsprozessen“. Auch sie könnten grundsätzlich von der neuen Technik profitieren. Denn die Brennstoffzellensysteme
sollen emissionsfreie Alternativen zu Dieselmotoren bieten, die bislang als Notstromaggregate oder zur Abdeckung von Spitzenlasten eingesetzt werden.
Die Einsatzmöglichkeiten seien vielseitig, Interesse seitens der Industrie bestehe ebenfalls: „Es gibt durchaus Anfragen“, sagt der Unternehmenssprecher. Allerdings stehe man noch ganz am Anfang. Zunächst haben die Daimler Truck AG und Rolls-Royce erst einmal eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Bis Ende des Jahres soll ein umfassender Kooperationsvertrag
ausgearbeitet und unterzeichnet werden. Daimler und RRPS verbindet eine langjährige Zusammenarbeit bei konventionellen Antrieben in anderen Einsatzfeldern. Ende des vergangenen Jahres hatten RollsRoyce Power Systems und
Lab1886, die Innovationseinheit von Daimler für neue Geschäftsmodelle, ein Pilotprojekt vereinbart, um auf der
Basis von Brennstoffzellenmodulen aus der Automobilproduktion einen Demonstrator zum Einsatz dieser Technologie für die stationäre Energieversorgung zu entwickeln. Er wird bis Ende dieses Jahres in Friedrichshafen in Betrieb gehen.
Der Stuttgarter Nutzfahrzeughersteller forscht schon lange an CO2neutraler Technik. Zuletzt war im April eine Kooperation von Daimler und Volvo zur serienreifen Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Brennstoffzellensystemen für den Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen und anderen Anwendungsfeldern bekannt geworden. Martin
Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands, ist von der Brennstoffzelle überzeugt: „Für die Daimler Truck AG spielen Brennstoffzellensysteme zur Verwirklichung eines CO2-neutralen Transports eine entscheidende Rolle – komplementär zu batterie-elektrischen Antrieben“, so Daum.
RRPS geht es nach eigenen Angaben unter anderem um die Dekarbonisierung von Antrieb und Energieversorgung, also um die Abkehr von kohlenstoffhaltigen Energieträgern. Das sei ein zentrales Ziel der RRPS-Strategie PS2030. „Die Brennstoffzelle wird hierbei eine Schlüsselrolle spielen“, sagt Schell. Keine andere Technologie biete eine so hohe Zuverlässigkeit, modulare Skalierbarkeit – also eine Möglichkeit, je nach Leistungsbedarf mit weiteren Modulen zu ergänzen – und all die Vorteile erneuerbarer Energien ohne die Abhängigkeit vom konventionellen Energiemarkt.