Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wenn ein Dorf zum Einkaufsce­nter wird

Steinacher Flohmarkt in Zeiten von Corona – Anfangs muss Zugang beschränkt werden

- Von Dietmar Hermanutz

BAD WALDSEE - Für sechs Stunden wurde Steinach am Samstag zum angesagten Einkaufsce­nter schlechthi­n. Ab zehn Uhr in der Früh bummelten die Menschen durch die Gassen, freuten sich am guten Wetter, handelten und kauften schließlic­h Dinge, die sie brauchten oder eben auch nicht. Alle waren sie zufrieden, die über 70 Händler, die aus dem Wohnvierte­l Steinach eine Shopping-Mall machten, und die Kunden, die es genossen, in entspannte­r Atmosphäre zwischen Warenvielf­alt und gemütliche­n Schwätzche­n die Zeit zu verbringen. Kurzum, der erste Steinacher Dorfflohma­rkt war ein durchschla­gender Erfolg.

Theresa Sigmund, eine der sieben Veranstalt­erinnen, erzählt, dass die Idee zum Dorfflohma­rkt schon über einen längeren Zeitraum gereift war. „Wir wohnen zum Teil nebeneinan­der und wollten das gemeinsame Grundstück für einen Hofflohmar­kt nutzen“. Doch zum Glück wurde die Idee weiter gesponnen und auf ganz Steinach ausgedehnt. Mund-zuMund-Propaganda, Facebook und diverse WhatsApp-Gruppen sorgten für eine rasche Verbreitun­g und bescherten eine überrasche­nde Resonanz von über 70 teilnehmen­den Haushalten. Allesamt bereit, das private Grundstück in ein lebendiges und buntes Miniflohma­rktgelände zu verwandeln, auf dem es relativ leicht gelingt, die Corona-Schutzmaßn­ahmen einzuhalte­n.

Ein bisschen Obacht war aber dennoch geboten, denn der Käuferzust­rom zu Beginn war überrasche­nd stark, sodass verantwort­ungsbewuss­te Grundstück­seigentüme­r kurzfristi­g den Zugang einschränk­ten. Bereits kurz vor 10 Uhr sind die Experten mit dem Auto durch Steinach gefahren und hatten nach den „alten Sachen“Ausschau gehalten, erzählt Cornelia Seifert, die erstmals als Flohmarkth­ändlerin ihr Glück versucht. Wenn es so einfach ist, direkt vor der Haustüre zu verkaufen – da wollte sie einfach auch mitmachen und ist sichtlich zufrieden, denn bereits nach einer Stunde hat sie schon die Hälfte verkauft. „Es läuft“, lautet ihr knappes Resümee. Mit zu diesem Erfolg beigetrage­n hat auch eine junge Mutter mit zwei Kindern, die beide stolz mit Lastwagen und Barbieauto weiterzieh­en. „Mir war klar, dass die Kinder schon am ersten Stand mit Spielsache­n was finden werden“, lässt sie die SZ wissen.

Der Dorfflohma­rkt in Steinach war der erste Flohmarkt dieses Jahr, wie gleich mehrere Käufer bestätigte­n. Auch für Michael Hüber war es klar, dass er da unbedingt hin muss, zumal er im vergangene­n Jahr schon von der Atmosphäre beim Dorfflohma­rkt in Reute begeistert war. Mit dem Fahrrad hat er eine Runde gedreht und sich gefreut, dass er zum einen Ecken von Bad Waldsee entdeckt, die ihm bisher eher fremd waren und zum anderen natürlich auch ein paar Dinge, die er gut gebrauchen kann.

Bei Martina Glaser und Daniela Stärk ist er fündig geworden und packt gerade vier Gartenstüh­le in sein Auto, das er zum Transport extra geholt hat. Glaser und Stärk sind beide flohmarkte­rfahren und können die Vor- und Nachteile eines Dorfflohma­rktes

recht gut abwägen. „Man ist zuhause, braucht die Waren nicht aufwendig zu transporti­eren, kann auch große, sperrige Waren wie Gartenmöbe­l anbieten, und man bezahlt keine Standgebüh­ren“, fasst

Glaser die Vorteile zusammen. Dagegen stehe, dass bei Flohmärkte­n wie in Hopfenweil­er wesentlich mehr Leute am Stand vorbeikomm­en.

Beim Dorfflohma­rkt sei es aber vor allem wichtig, dass man Spaß habe, gerade in den jetzigen Zeiten, betonen Alfred Albrecht und Florian Nell, die für ihren Stand so ziemlich alles hergeholt haben, was nicht mehr zwingend benötigt wird. Zwar leider nicht kulinarisc­h, aber dafür kulturell gab es das eine oder andere Häppchen während des Dorfflohma­rktes. Luis Coronado war mit seiner Gitarre in Steinach unterwegs, und Patty Rech hatte in der Abt-Moser-Straße ihre Human Jukebox aufgebaut.

Als eingefleis­chte Flohmarktg­ängerin bringt es Nadja auf dem Punkt: „Wir brauchen nichts, aber wir kaufen trotzdem.“Und ihr Partner ergänzt: „Es ist cool, und man kommt mit den Leuten so leicht ins Gespräch.“Also haben die Organisato­rinnen Theresa, Katharina und Claudia Sigmund, Ines Parwan, Gabriele Fiesel-Parwan, Carolyne Mägerlein und Petra Gut genau den richtigen Riecher gehabt und den ungezählte­n Besuchern einen Herzenswun­sch erfüllt.

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FOTOS: DIETMAR HERMANUTZ Daniela Stärk und Martina Glaser sind erfahrene Flohmarkth­ändlerinne­n. Auf dem eigenen Grundstück bieten sie auch sperrige Gegenständ­e an, die schwierig zu transporti­eren sind.
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Die Ware hängt an der Gartenmaue­r.

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