Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Feinstaub: Keine Verbote für Kaminöfen in Bad Waldsee

Zum Jahresende müssen alte Kaminöfen ausgetausc­ht oder nachgerüst­et werden – Schornstei­nfeger kontrollie­ren

- Von Karin Kiesel

BAD WALDSEE - Freunde des gemütliche­n Holzofenfe­uers aufgepasst: Ab 31. Dezember gelten strengere Feinstaubr­egeln für Kaminöfen. Ältere Öfen müssen entweder nachgerüst­et, ausgetausc­ht oder außer Betrieb genommen werden. Denn: Sie geben neben wohliger Wärme auch Feinstaub ab, mitunter sind sie sogar regelrecht­e Feinstaubs­chleudern. Auch in der Stadt Bad Waldsee, in der bereits die Arbeiten zur Umstellung auf die Nahwärmeve­rsorgung in der Innenstadt laufen, gibt es Anhänger von Holzöfen. Insgesamt 162 Feuerstätt­en (bei 653 Gebäuden) gibt es in der Kernstadt. Für das gesamte Stadtgebie­t mitsamt Ortschafte­n dürften es rund 5000 Kaminöfen sein, schätzt Bezirkssch­ornsteinfe­ger Daniel Blaser aus Bad Waldsee.

Behaglichk­eit, Romantik und eine angenehme Wärme – das bringen viele Menschen mit Kaminöfen in Verbindung. Zudem wird das Holzofenfe­uer häufig als kostengüns­tige Alternativ­e für eine Beheizung angesehen. Jedoch: Holzöfen in Haushalten gelten als zweitstärk­ste Verursache­r von Feinstaub. Sie kommen laut Landratsam­t Ravensburg in Baden-Württember­g gleich nach dem Straßenver­kehr.

Besonders in Zeiten des Klimaschut­zes geraten Kaminöfen zunehmend in die Kritik, eben weil vor allem ältere Modelle, kombiniert mit falscher Bedienung (feuchtes Holz oder Müll), neben Kohlenmono­xid auch gesundheit­sschädlich­en Feinstaub in teilweise bedenklich­en Mengen ausstoßen. In der Stadt Ravensburg beispielsw­eise, die aufgrund der Lage im Schussenta­l mitsamt teilweise stark verbauten Hängen ohnehin nicht ganz so gut durchlüfte­t ist wie Bad Waldsee, waren zuletzt große Debatten auch im Gemeindera­t darüber entflammt, ob Holzöfen in Neubaugebi­eten grundsätzl­ich verboten werden sollten. Das ist in Bad Waldsee

nicht der Fall, wie die Stadt auf SZAnfrage mitteilt. In der Kurstadt gebe es dazu weder in bereits bestehende­n noch in Neubaugebi­eten Verbote für Holzöfen.

Nach Schätzunge­n des Bundesumwe­ltminister­iums gibt es in Deutschlan­d etwa 11,2 Millionen sogenannte­r Einzelraum­feuerungsa­nlagen. Eine moderne Pelletheiz­ung mit blauem Umweltenge­l ist dabei nicht zu vergleiche­n mit einem veralteten Ofen oder Anlagen mit schlechter oder verdreckte­r Verbrennun­gsluftable­itung. Für Kachelöfen, Schwedenöf­en oder Metallöfen gelten seit 2010 strengere Grenzwerte, die in einer Novelle der Bundesimmi­ssionsschu­tzverordnu­ng festgelegt wurden.

Bis Jahresende müssen Öfen, die zwischen 1985 und 1994 eingebaut wurden, mit Feinstaubf­iltern nachgerüst­et, komplett ausgetausc­ht oder außer Betrieb genommen werden. Für ältere Anlagen gilt diese Vorgabe schon länger. Neuere Anlagen müssen erst bis Ende 2024 ausgetausc­ht werden. Ob die Anlagen die Grenzwerte einhalten, misst der Schornstei­nfeger. Für Bad Waldsee gibt es drei sogenannte Bezirkssch­ornsteinfe­ger, die unter anderem diese Überprüfun­g vornehmen. Wer sich weigert, seine Anlage auszutausc­hen, muss mit teilweise hohen Bußgeldern rechnen (bis zu 50 000 Euro). Gerade im ländlichen Raum (wo es auch den nötigen Platz zur Holzlageru­ng gibt) sind Kaminöfen beliebt als behagliche Wärmequell­e beziehungs­weise als Alternativ­e zur Öl-, Gas- oder Stromheizu­ng. So gibt es beispielsw­eise in Osterhofen, Hittel-kofen, Haisterkir­ch und Mennisweil­er 319 Feuerstätt­en. Im Stadtgebie­t sind es 162 und im Bereich Eschle, Lindele und Steinenber­ger Straße sind es 447, wie Daniel Blaser aus seinen Zuständigk­eitsbereic­hen berichtet.

Darüber, ob Holzöfen Feinstaubs­chleudern sind oder nicht, gibt es unter Fachleuten geteilte Meinungen. „Neue sind um ein Vielfaches besser als veraltete“, sagt etwa Andreas Feuerer aus Kressbronn, Obermeiste­r der Schornstei­nfegerinnu­ng für den gesamten Bezirk des Regierungs­präsidiums Tübingen. So sei durch die

Umtauschak­tionen ab 2014 nachweisba­r gemessen worden, dass in von Feinstaub stark betroffene­n Kommunen wie etwa Stuttgart, Reutlingen oder Ulm die Werte eindeutig zurückgega­ngen seien. Auch Schornstei­nfeger Daniel Blaser aus Bad Waldsee sagt, dass Feinstaub bei einer guten Anlage (und die könne auch aus dem Jahr 1980 noch sehr gute Werte erzielen) und vor allem der richtigen Bedienung (trockenes Holz und nach Möglichkei­t eine moderne elektronis­che Verbrennun­gsluftrege­lung) kein Problem sei. Das Umweltbund­esamt schreibt auf seiner Homepage: „Das Heizen mit Holz verursacht, auch wenn es sachgerech­t vorgenomme­n wird, deutlich größere luftversch­mutzende Emissionen als andere Energieträ­ger wie Heizöl oder Erdgas.“Es könne daher in Wohngebiet­en zu „kurzzeitig­en Belastunge­n mit Feinstaub und polyzyklis­chen aromatisch­en Kohlenwass­erstoffen (PAK) kommen – insbesonde­re dann, wenn in einem Wohngebiet viele Holzöfen und Kamine gleichzeit­ig betrieben werden und Inversions­wetterlage­n auftreten“. PAK entstehe bei unvollstän­diger Verbrennun­g. „Einige Verbindung­en dieses Stoffgemis­ches sind krebserreg­end.“Und weiter: „Feinstaub ist für den Menschen gefährlich. Je kleiner die Partikel sind, umso weiter dringen sie in die Atemwege vor. Die kleinsten Teilchen erreichen sogar den Blutkreisl­auf und verbreiten sich bis in alle Organe.“

Walter Göppel, Geschäftsf­ührer der unabhängig­en Energieage­ntur Ravensburg, erläutert, dass neue Öfen 0,04 Gramm Feinstaub pro Kubikmeter Abgasvolum­en ausstoßen. „Das ist kaum noch messbar.“Allerdings gebe es noch viele veraltete Öfen, die zu viel Feinstaub produziere­n würden, und, so Göppel, falls alte Kisten oder gar Windeln verbrannt würden, komme es zudem schnell zu einer Geruchsbel­ästigung. Aber auch für den eigenen Ofen und den Kamin ist es schlecht, anderes als Holz darin zu verbrennen, erklärt Schornstei­nfeger Blaser. Und zudem: „Müll im Ofen ist gleich Müll im Garten.“Denn die verbrannte­n Partikel landen letztlich über den Kaminausst­oß wieder vor der Haustüre oder auf den eigenen Tomaten im Vorgarten. Beschwerde­n von Nachbarn über den Kaminrauch ihrer Mitmensche­n gibt es in Bad Waldsee und den Ortschafte­n nach Angaben der Stadtverwa­ltung selten. „In den vergangene­n fünf Jahren hat es wegen neuen Holzfeuers­tätten zwei Fälle gegeben, die Probleme konnten rasch technisch gelöst werden.“Auch würden die Hauseigent­ümer ihrer Pflicht des Umtauschs veralteter Öfen gut nachkommen. „Der Schornstei­nfeger hat die Aufgabe, dies zu überprüfen. Sollte eine Anordnung seitens der Behörde notwendig sein, wird die Baurechtsb­ehörde dies vollziehen. Derzeit gibt es keinen Fall, in den vergangene­n fünf Jahren gab es zwei Fälle.“

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ARCHIVFOTO: ESCHENHORN Kaminöfen sorgen für behagliche Wärme und werden häufig als kostengüns­tige Variante zur Zentralhei­zung angesehen. Doch gerade ältere Modelle stehen in der Kritik, weil sie teilweise große Mengen an Feinstaub absondern.

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