Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Steinmeier mahnt Klimaanstrengungen an
Umweltpreis verliehen – „Corona darf kein Argument für Zurückhaltung oder Lethargie sein“
HANNOVER (dpa/KNA) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu aufgerufen, trotz der Corona-Krise andere weltweite Herausforderungen wie den Klimawandel nicht aus den Augen zu verlieren. „Mit einem Rückfall in nationale Nabelschau werden wir den Kampf gegen die Pandemie nicht gewinnen, denn dieses Virus macht nicht an Grenzen halt – genauso wenig wie der Klimawandel“, sagte Steinmeier am Sonntag in einer Videobotschaft bei der Verleihung des Deutschen Umweltpreises in Hannover. Beide Krisen könnten alle treffen, träfen aber nicht alle gleich. Menschen in ärmeren Ländern seien ungleich härter betroffen. „Das bedeutet Verantwortung für die reicheren Länder des Nordens und ist Verpflichtung zu handeln.“
Die kleinliche Suche einiger Länder nach ihrem nationalen Vorteil und die zögerliche Umsetzung des Pariser Klimaabkommens seien ein Grund zur Sorge, betonte Steinmeier. Der Klimawandel mache keine Pause, auch nicht in der Pandemie.
„Hier in Deutschland haben wir erneut einen zu trockenen Sommer erlebt, und die Folgen sind vielerorts nicht zu übersehen.“Die Böden seien vielfach ausgetrocknet, die Wälder schwer geschädigt, der Grundwasserspiegel mancherorts besorgniserregend gesunken. Die Lage sei ernst. „Deshalb darf Corona kein Argument für Zurückhaltung oder Lethargie sein“, sagte Steinmeier in seiner Rede.
Eigentlich wollte der Bundespräsident den Umweltpreis am Sonntag persönlich verleihen, wegen der Corona-Infektion eines Personenschützers befindet er sich aber derzeit in Quarantäne und wurde nur per Videobotschaft zugeschaltet.
Mit der hochdotierten Auszeichnung wurden in Hannover der Wirtschaftswissenschaftler Ottmar Edenhofer aus Potsdam und das Unternehmer-Geschwisterpaar Trappmann aus Limburg geehrt. Sie teilen sich den mit 500 000 Euro dotierten Preis. Ein Ehrenpreis von 10 000 Euro ging an den Insektenforscher Martin Sorg aus Krefeld.
Steinmeier würdigte den Wirtschaftswissenschaftler Edenhofer, der seit 2018 Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ist, als „Querdenker im besten Sinne“, der den Papst genauso wie die Weltbank und die Bundesregierung berate. Edenhofer erhielt den Preis unter anderem für seinen Vorschlag einer Kohlendioxid-Bepreisung, mit dem er erheblich zur Einigung der Bundesregierung auf ein Klimapaket beitrug. „Ohne Menschen wie Sie hätte es das Pariser Klimaabkommen nicht gegeben und auch nicht das deutsche Klimapaket“, sagte Steinmeier.
Die Geschwister Trappmann setzten mit ihrem Unternehmen Maßstäbe bei der Energie- und Ressourceneffizienz. Durch konsequente Maßnahmen stoße ihre Blechwarenfabrik jährlich etwa 2600 Tonnen Kohlendioxid weniger aus und spare etwa 320 Tonnen Weißblech. Zudem komme rund ein Drittel des zur Fertigung genutzten Stroms aus Solarmodulen vom Dach. Die Trappmanns zeigten somit, wie es sich auf Unternehmensseite lohnen könne,
„eine ganze Firma im Sinne des Klimaund Ressourcenschutzes neu zu konzipieren“, so die DBU.
Der Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Alexander Bonde, sagte, Ressourcenschonung werde zu einer Schlüsselfrage für die kommenden Generationen. „Wir müssen verstärkt in Kreisläufen denken – von einer Circular Economy, die weit über eine lediglich auf Abfall-Recycling fokussierte Kreislaufwirtschaft hinausgeht, bis hin zu einer Circular Society.“
Den mit 10 000 Euro dotierten, nur sporadisch verliehenen Ehrenpreis erhielt der Entomologe Sorg den Angaben zufolge für die von ihm koordinierte „Krefelder Studie“zum Insektenschwund. Diese habe großes Echo in Medien und Wissenschaft ausgelöst und zur Gründung einer Bürgerbewegung beigetragen.
Der Preis wurde zum 28. Mal verliehen. Mit ihm zeichnet die DBU Leistungen aus, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beitragen oder in Zukunft beitragen können.