Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Aquakultur ist derzeit noch unmöglich
Genossenschaft will Bodenseerichtlinie ändern lassen – Angler protestieren
FRIEDRICHSHAFEN - Emtscheidung in Sicht: Mitte November trifft sich die Genossenschaft „Bodensee Regio-Fisch“, die zum Ziel hat, mit Netzgehegen im See Felchen aufzuziehen, mit der Internationalen Gewässerschutzkommission Bodensee (IGKB). Zentrale Frage, die dann im Raum steht: Kann die Bodenseerichtlinie, in der der Gewässerschutz Vorgaben für die innerstaatliche Gesetzgebung der Anrainerstaaten verankert ist, verändert werden, um Netzgehege zu ermöglichen? Der Protest gegen diese Anlagen geht derweil unvermindert weiter.
Nach der großen Schiffs-Demo am vergangenen Wochenende, organisiert von Fischerverbänden aus Baden und Württemberg sowie der Schweiz, melden sich die Häfler Angler zu Wort. Rings um den See gebe es sehr große Bedenken gegen das geplante Netzgehege zur Felchenmast im Überlinger See, schreiben die Angler aus Friedrichshafen in einer Pressemitteilung. „Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist gegen Netzgehege und wünsche eine Verbesserung des natürlichen Nahrungsangebots für die Wildfischbestände“, sagen die Angler. In ausführlicher Form fassen sie im weiteren Verlauf ihrer Mitteilung die Argumente gegen die Netzgehege zusammen, weisen auf die Befürchtungen der Gegner der Aquakultur hin und schildern die Folgen, die eine konventionelle Aquakultur für den Bodensee haben könnte.
Die Genossenschaft „Bodensee Regio-Fisch“, die diese Anlage aufbauen will, beabsichtigt diese Netzgehege als biozertifizierte Anlage zu betreiben. Die Genossenschaft hat mittlerweile auch ein Unternehmen gefunden, das solch eine Anlage im Bodensee bauen könnte. Das alles aber „ist abhängig von einem Termin, den wir im November mit der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee haben. Ob der stattfindet, wissen wir aufgrund der Corona-Lage gerade aber auch nicht“, sagt Martin Meichle, Fischer aus Hagnau und Mitglied der Genossenschaft „Bodensee Regio-Fisch“.
Bei diesem Termin soll die geplante Anlage vor- und eine Frage in den Raum gestellt werden, die über die Zukunft des Projektes entscheiden wird. „Wir wollen wissen, ob die
Bodenseerichtlinie der IGKB auch veränderbar ist. Wenn da dann ein klares ,Nein’ als Antwort steht, war es das mit den Plänen“, sagt Meichle. Seitens der IGKB ist in dieser Sache noch nicht entschieden, schließlich sollen die Mitglieder der Genossenschaft Gelegenheit haben, ihre Pläne und Ideen umfassend vorzustellen.
Die Angler vermuten unterdessen, dass die amtierende Landesregierung das Vorhaben gegen gültiges Recht weiter vorantreibe. Sie hinterfragen die „Gründe des LandwirtschaftsministersHauk und der Fischereiforschungsstelle in Langenargen für die Befürwortung der Aquakultur im Bodensee“. Solche Gründe aber gibt es faktisch nicht. Seit der Antwort auf eine Anfrage im Landtag vom 2. April diesen Jahres, die vom Landtagsabgeordneten Reinhold Gall (SPD) kam, habe sich nichts an der Haltung der Landesregierung oder des Ministers geändert, sagt ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“.
Damals hatte die Landesregierung versichert, keine Gespräche mit Interessenten für Fischerzeugung in Aquakultur im oder am Bodensee geführt zu haben. Ein Gespräch mit der Genossenschaft war am 13. November 2019 auf Wunsch der Genossenschaft mit den zuständigen Fachbehörden beim Landratsamt Konstanz geführt worden. „Nach Kenntnis der Landesregierung liegt den zuständigen Behörden kein Antrag auf Einrichtung von Aquakulturanlagen im Bodensee oder an Land vor“, schreibt die Landesregierung in ihrer Antwort auf Galls Anfrage.
Dort steht auch, da ein solcher „Antrag auf die Einrichtung einer Aquakultur im Bodensee durch die zuständige Behörde (Landratsamt) im Rahmen der derzeit geltenden rechtlichen Vorgaben zu prüfen“sei. Und diese rechtlichen Grundlagen liegen in der genannten Bodenseerichtlinie, die die Genossenschaft nun ändern lassen will. Laut Landesregierung haben die Bodenseerichtlinien für die zuständigen Behörden bindenden Charakter. „Insofern wäre eine Änderung der Bodensee-richtlinien oder eine Ausnahmeregelung vonseiten IGKB eine Voraussetzung für eine Zulassung“einer Aquakultur, schreibt die Landesregierung. Soll heißen, von dem Termin im November hängt damit alles ab.