Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Menschen rauchen und trinken in Corona-Krise mehr
KREIS RAVENSBURG (sz) - Macht Corona süchtiger? Dieser Frage ist die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) nun nachgegangen. Ihrer Pressemitteilung zufolge trinken und rauchen viele Menschen seit der Corona-Krise deutlich mehr als zuvor. Darüber hinaus nehme der exzessive, missbräuchliche Konsum von Alkohol und Tabak seit Jahren zu. So verzeichne die KKH bei Versicherten, die wegen einer Abhängigkeit, Entzugserscheinungen, eines akuten Rausches oder psychischer Probleme aufgrund sogenannter legaler Drogen ärztlich behandelt wurden, von 2009 auf 2019 einen Anstieg bei exzessivem Tabakkonsum von fast 79 Prozent und beim Rauschtrinken von fast 37 Prozent.
Auch die Umfrage-Ergebnisse seien besorgniserregend: Demnach trinken jeder dritte Mann und rund jede fünfte Frau an mehreren Tagen pro Woche Alkohol, neun Prozent der Männer und fünf Prozent der Frauen teils sogar täglich. Die Corona-Krise habe die Situation verschärft: Fast ein Viertel derjenigen, die ohnehin schon mehrmals wöchentlich Wein, Bier, Sekt oder Hochprozentiges konsumieren, geben zu, dies seit der Pandemie häufiger zu tun.
Ähnlich gehe es den Rauchern: Jeder neunte regelmäßige Raucher und sogar jeder dritte Gelegenheitsraucher sagen, das sie seit Corona häufiger zur Zigarette greifen, so die KKH weiter. Vor allem die Jüngeren tun das: Rund jeder dritte 16- bis 29Jährige rauche seit der Krise mehr. Oben auf der Skala stünden Zigaretten mit 71 Prozent. Jeder Sechste in dieser Altersgruppe rauche außerdem Shisha und jeder Zwölfte konsumiere sogar illegale Drogen wie Cannabis, Marihuana oder Haschisch.
„Ein gesteigerter Coolness-Faktor sowie Stress und Langeweile zählen zu den häufigsten Gründen, warum gerade junge Menschen trinken und rauchen“, wird Michael Falkenstein, Experte für Suchtfragen bei der KKH zitiert. Durch den Lockdown während der Corona-Pandemie hätten zum einen die Langeweile und somit offenbar auch der Konsum von Zigaretten, Alkohol und anderen Drogen zugenommen. Zum anderen seien solche Rauschmittel gerade in Krisen für viele Menschen ein Bewältigungsmechanismus, so der Experte. „Die große Gefahr dabei ist, dass aus dem vermehrten Konsum eine Gewohnheit wird und dadurch ein noch höheres Risiko für eine Abhängigkeit entsteht.“
Die KKH fordert, rechtzeitig mit der Prävention zu beginnen. „Wir müssen Jugendliche möglichst früh erreichen, am besten schon, bevor sie überhaupt anfangen, Drogen zu konsumieren“, so Falkenstein weiter. Ein wichtiger Baustein für die KKH sei das Projekt „Tom & Lisa“in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Suchtprävention Villa Schöpflin.
Mit dem interaktiven Planspiel würden Schüler der 8. bis 10. Klasse spielerisch über die Gefahren exzessiven Rauschtrinkens aufgeklärt und lernen, wie sie verantwortungsbewusst mit Alkohol umgehen und in Gefahrensituationen reagieren sollen.