Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Einwegflaschen neu sortiert
Verbraucher müssen sich auf neue Pfandregeln einstellen, Gastronomen auf Mehrwegverpackungen wenn sie außer Haus verkaufen
BERLIN - Kampf gegen den Müllberg: Kunden, die Milch, Fruchtsaft, Smoothies, Schokodrinks in Einwegplastikflaschen kaufen, sollen künftig ein Pfand zahlen. Das plant das Bundesumweltministerium mit einer Novelle des Verpackungsgesetzes. Und: Egal ob Imbiss, Café oder Restaurant – wer Essen oder Getränke to go in Einwegplastikboxen und -bechern anbietet, muss dann immer auch die Alternative für seine Kunden bereitstellen: Mehrweg. Extra Geld darf er dafür aber nicht nehmen.
Ausnahmen soll es nur für Läden geben, die kleiner als 50 Quadratmeter groß sind und zugleich nicht mehr als drei Mitarbeiter haben – dann soll es reichen, auf Wunsch den Kunden die Produkte in mitgebrachte Mehrwegbehälter abzufüllen. Wer Essen nur auf Tellern oder etwa eingewickelt in Alufolie verkauft, ist ebenso ausgenommen wie Pizzerien, die Pizza im Karton verkaufen, denn es geht um die Vermeidung von Plastikmüll.
Damit sollen Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie
der EU umgesetzt werden – und Deutschland wegkommen von Ex und Hopp, der Wegwerfgesellschaft. Allein 2018 hat jeder Bürger im Schnitt 228 Kilo Verpackungsmüll angehäuft, das ist mehr als in den Jahren zuvor. Das sei „ernüchternd“, erklärte Umweltstaatssekretär
Jochen Flasbarth am Freitag, auch wenn nur die Hälfte davon auf die „Kappe der Verbraucherinnen und Verbraucher“gehe, der Rest in der Industrie anfalle. Anders gesagt: Es tut sich nicht genug. Der Getränkemarkt ist das beste Beispiel. Umweltschützer raten immer wieder, am besten Getränke aus der Region in der Glas-Mehrwegflasche zu kaufen. Trotzdem werden derzeit nur 41 von 100 verkauften Verpackungen für Getränke wieder befüllt. Im Jahr 2010 waren es noch 48. Darum soll sich nun Grundsätzliches ändern.
Zwar gibt es schon seit Jahren eine 25-Cent-Pfand-Regel für Flaschen und Getränkedosen. Ein Problem aber für Verbraucher sei „kaum zu erkennen“, so Flasbarth, wofür sie warum Pfand zahlen müssen. Und wofür nicht. Denn: Milch, viele Frucht- und Gemüsesäfte, Mischgetränke mit Alkohol sind bisher von der Einwegregelung ausgenommen. Dieses Durcheinander soll ein Ende haben – und ab 2022 der Inhalt egal sein.
Dann soll nur noch die Art der Verpackung entscheiden, ob die
Kunden an der Kasse Pfand zahlen müssen, das sie wieder erstattet bekommen, wenn sie den leeren Behälter zurück in den Laden bringen. Außerdem soll festgeschrieben werden, dass PET-Flaschen mindestens zu einem Viertel aus recyceltem Plastik bestehen müssen. Und nur der Vollständigkeit halber: Für Tetrapaks, Schlauchbeutel, Weinflaschen aus Glas ändert sich nichts – sie bleiben ohne Pfand.
Milchindustrie und Handel warnen vor Hygienerisiken, wenn die Kunden vielleicht leere, aber doch nicht ganz saubere Milchflaschen wieder zurück in die Supermärkte tragen, es schimmelt und unangenehm riecht. Ob da was dran ist? Alle Vorbehalte würden geprüft, sagte Flasbarth. Die Novelle geht jetzt in die Abstimmung. Die andere entscheidende Frage: Wird das Einwegplastik nicht einfach durch andere, womöglich umweltbelastendere Materialien wie Aluminium oder schlecht zu recycelnde beschichtete Pappe ersetzt? „Wenn das so kommt“, sagt Flasbarth, „kann es sein, dass wir irgendwann Mehrweg vorschreiben.“